(CX.)

Die bestraffte Unzucht.

[384] Das Teutsche Wort Gottloß hat einen Verstand / welchen wenig betrachten: »nemlich daß ein Mensch sich von Gottes Geboten loß und frey gemacht / selbe aus den Augen setzet / und sich nicht[384] von dem guten sondern bösen Geist führen und verführen lässet. Gottsfürchtig aber werden die jenigen genennet / welche sich für göttlichen Straffen scheuen / die Sünden meiden und gutes thun. Zu jenen leitet und verleitet die Unkeuschheit und Unreinligkeit: Zu dieser / der Gottesfurcht / und die Keuschheit: daher jener recht gesagt / daß ein keusches Hertz mit vielen ander Tugenden / als der Nüchternkeit / Demut / Bescheidenheit /etc. gezieret sey / und daß diese Königin der Tugenden nohtwendig viel schöne Dienerin haben müsse«. Daß nun im Gegensatz die Unkeuschheit mit vielen Lastern und mehrmals auch ewigen Unheil verbunden sey / wird aus nachgesetzter Erzehlung zu vernehmen seyn.

2. Zu Nůrnberg auf dem Churfürsten Tage 1641. hat sich bey der Herrn Churfürstlichen Gesandschaft einer / ein Schreiberey Verwandter aufgehalten / namens Huldrich / ein frommer und fast einfältiger Gesell / der still und fleissig / doch unter den Wölffen mit heulen musste. Dieser liesse sich auf eine Zeit bereden / daß er nach eingenommenen starken Trunk /mit andrer Hofbursche zu einer leichtfertigen gemeinen sonder zweiffel Wäscherin eingehet / und benebens andern sich mit ihr sündlich vermischet /.

3. Nach deme nun dieses bezechter weise vollbracht / haben die abholden Gesellen / den einfältigen Huldrich beredet / daß er ihr einen Ring gegeben /und dieser Schleppen die Ehe versprochen: sonders zweiffel zu dem Ende / damit sie in allen fall gesichert / und wann sie schwanger werden solte / der Vater zum Kinde nicht zweiffelhafftig were. Musste also dieser Tropf zahlen / was er nicht geraubt hatte.

4. Folgenden Tages betrübet sich Huldrich nicht wenig / daß er / wie ihn seine Mitgesellen einstimmig berichteten / daß er sich mit dieser Wäscherin ehlich verlobt / ob er zwar solches anfangs nicht glauben wollen: nochmals aber von ihr selbsten / mit Vorweisung deß empfangenen Ehepfands verstanden / und niemand als sich selbsten und der Trunkenheit solche Mißhandlung beymessen können / mit welcher[385] er sich auch entschuldiget / aber ohne Nachdruk und Verfang bey der Dirne / die inständig begehrt / er solte solch Verlöbnis vollziehen / und sie zu Kirchen und Strassen führen.

5. Inzwischen fügte sich / daß der Tag geendet /und die HH. Gesandten von Nürnberg auf Regenspurg verraisen / und Huldrich mit ihnen / vehoffend /durch diese Scheidung sich von seinem Anhang zu trennen / und sein Versprechen also unbindig zu machen. Die Metze / welche sich schwanger befande /folgte nach etlichen Monaten Regenspurg / und bespricht Huldreich beharrlich ům die Ehe / mit Bedrauung ihn bey seinen Herren zu beklagen. Huldrich aber kommet ihr zuvor / und erzehlet / wie es ihm ergangen / und wie unschuldig er zu diesem Weibe kommenne. Die Herren Gesandten wusten / wie es mit ihm beschaffen / schützten ihn deswegen / und weisten die Dirne mit ihrem Begehren ab.

6. Inzwischen nahet die Zeit / daß diese Schleppe geberen musste / und weil sie verhoffte der Straffe zu entkommen / ermordete sie ihr eignes Kind / und ersteckte es mit einem Fatzolet: hette es auch in die Donau geworffen / wann sie nicht darüber ergriffen /und in Verhafft gebracht worden were. Diesen Kindermord bekante sie alsobald / und beschleunigte dardurch ihr Urtheil / daß sie nemlich mit dem Schwert solt enthaubtet werden / wie dann auch erfolget. Huldrich sahe zu / daß sein vermeintes Weib auf den Rabenstein fast verzweifflend / und wieder ihn beweglichst sich beklagend / dahin sterbe / betrübte sich deßwegen hertzlich / daß er Ursacher ihres und seines Kindes Tod / und lässet sich durch den Mordgeist verleiten / daß er nach Hause kehret / sich in einen Brunnen stürtzet / und sein selbst Henker wird.

7. Ist also dieser jämmerlichen Mordgeschichte erste Ursach gewesen die Trunkenheit / die andere Unzucht / die dritte ein böses und unruhiges Gewissen / welches bringet Judasreue und endlich darauf erfolgten Selbstmord.[386]


Wer sich nicht wil selbst betrüben

meide die Gelegenheit

zu der Laster Sündenleid.

Trunkenheit und Buler Lieben.

Wann ein Esel wird geschlagen

sich in Feuersbrand zuwagen /

wehlet er vielmehr den Tod:

Aber eines Sünders Seel

stürtzt sich willig in die Höll /

durch die letzte Marter Noht.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 384-387.
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