(CXXIX.)

Baarrecht.

[442] Es fragt sich: Wie man dieses Wort recht schreiben sol / damit es von andern gleiches Lauts unterschieden werden möge? Die Baar oder der Sarch ist das Gehäuß oder die Truen / darein man einen Leichnam zulegen pfleget (feretrum) bar ist die Haubtendung als straffbar lehenbar / zinßbar. Bahr (purus) als bahr Geld / par (à parietate) ein par Handschuhe / Stiefel etc. Also hat dieses wie viel anders seine gewisse und kunstgrundige Richtigkeit / wann man nur solche Belieben beobachten wolte.

2. Durch das Baarrecht aber wird verstanden /wann über einem Ableib die vermuteten und zweiffelhafften Thäter geführet / daß desselben Bluttriefen den Mörder zu erkennen geben soll. Hierüber ist nun unter den Juristen ein grosser Streit / ob solches Bluttriefen allein eine genugsame Ursach / daß man einen solchen verdächtigen Ablaugner sol an die peinliche Frage strecken. Wie hiervon zu lesen Anton Thessaur. decis. 173. Delrio in Comment. in Octav. Senecæ v. 127. Guil. Onciarc. quæst. 36. Bockel in discuisit. Crim. 6. v. 5. Bisciol. horar. subcesivar. 2. l. 15. c. 1. Kornman. de mirac. mort. l. 10. Ioseph. Sesse decis. Arragon. 111. Bullæ. dec. Consil. 1. f. 22. Consilio Altorph. 32. Die natürlichen Ursachen hiervon sind zu lesen in dem CCXXVI. Gesprächspiele §. 44. daß wir solche hieher zu widerholen unnöhtig erachten. Wie es nun bey solchen Baarrecht hergehet / ist vielleicht wenigen bekant / weil dergleichen Fälle sich selten begeben / und die Juristen hierüber viel Streitens haben. Wir wollen etliche Exempel beybringen / und den Leser zum Richter wehlen.[443]

3. In Hispanien ist auf eine Zeit ein Schäfer / Namens Laurent Borres erschlagen / und sein Leichnam hinter ein Gesträuß verzeschet worden. Die Richter deß Orts liessen fleissig nachsuchen / wo doch dieser Schafhirt hingekommen / und ist er endlich nach vier Tagen der Ableibung gefunden worden / unter dem Gesträuß / wie gesagt / und etlichen Steinen / weilen es den Mördern vielleicht an Hauen und Karsten ermangelt ihn einzuscharren. Diese That ist ohne Zeugen beschehen / und ein blosser Argwahn gewesen auf die herumwohnenden Nachbaren / welche alte Edelleute waren Namens von Varguas / Monserratus /und Johannes Frantz genennet. Diese wurden in Verhafft genommen / und einer nach dem andern zu dem Leichnam geführet. So bald der erste den Verstorbnen angeblicket / ist aus den Wunden das Blut häuffig gestrudelt / biß er wieder abgetretten. Als der andre herbey kommen / hat der ermordte mit seiner rechten Hand auf die Wunden / und dann auf den Thäter gedeutet. Hierüber ist der Verlauf zu Papier gebracht /die umstehenden Zeugen darinnen benamt / und diese beede als Mörder nach dem sie die That bekennt /hingerichtet worden. Im Jahr 1607. den 25. April. Joseph Sesse in vorangezognem Ort.

4. Dergleichen hat sich auch zu Wertheim in Franken begeben. Ein todter Leichnam wurde zu Nachts auf der Gassen gefunden: 36. Stunde hernach als der Leichnam etliche Stunde unter dem freyen Himmel gestanden (damit man nicht wähnen können die bewegung mache die Wunden bluten /) ist darüber geführet worden Baltas und Niclas N.N. der Cörper aber hat kein Zeichen von sich gegeben. Diese beede waren darvon gegangen / wie sich der Streit angehebt und also unschuldig.

5. Auf fürführen Jörg N. hat der Cörper aus dem Mund blutig Schaum gegeben (dieser ist darbey gewesen hat aber nicht Hand angeleget doch den Streit angefangen und das ärgste darzu geredet) nach dessen Ab- und Vorführung Clausen Wächters /[444] (welcher nach seinem Vorgeben / Fried machen wollen / und dem Entleibten die Helleparten genommen) hat gedachter Cörper Blut gegossen aus den Wunden über dem Hertze / und selbes gebebet / als ob der entleibte noch lebte. Dessen ungeachtet / hat der Wächter den Eid geleistet / und (1.) zween Finger auf deß entleibten Mund (2.) auf den Stich / und (3.) auf den Nabel gelegt / und dreymals dem Pfarrer / der ihn seines Gewissens erinnert / den Eid nachgesprochen / den Todschlag aber nicht bekennen wollen.

6. In Gegenwart Lorentzen N. mit welchem der Entleibte / da er den Stich bekommen / zu thun gehabt / und gerungen / hat der Cörper abermals blutigen Schaum aus dem Munde gegeben / und etwas Blut aus den Wunden. Deß folgenden Tags hat sich der Wächter und Lorentz für einen Thäter angegeben /weil sie beede ihn / wegen geringer Zank-Ursachen ümgebracht. Ist ihnen auch nach ihrer That gelohnet worden.

7. Eine löbliche Erforschung deß Todschlägers war auch diese / welche Ferdinand Gonzaga zu Mantua gebrauchet. Unter vielen war ein unbekanter Todschläger / solchen zu erkůndigen / befihlt er sie sollen alle die Brust entblösen / gehet hernach ümher /greifft einem jeden mit der Hand auf das Hertzgrüblein / und als er einen / dem das Hertz vor allen andern gebebet betastet / spricht er: Du hast es gethan. Darüber erschrickt der Thäter und bekennet die That. Diese Erforschung hat seine natürliche Ursachen / und ist auch das bey etlichen verdächtigen eines Diebstals wol angebracht worden.

8. Hier muß ich beysetzen / was Regmann in seiner Lübeckischen Chronic. am 171. Blat vermeldet. Im Jahr 1532. schreibt er / ist der löbliche friedsame König Friederich in Dennemark gestorben / und ist sonderlich zu bemercken / daß / als gedachter König verschieden auf der Erden gestanden / darzu mit Balsam und Waxtüchern in einem verpichten Sark verwahret worden / daß der Leichnam doch geblutet /daß[445] das Blut heraus geloffen / so häuffig / daß man Gefässe unterstellen müssen / das Blut auf zusamlen. Weil nun das bluten aus einem todten Cörper nicht natürlich / hat Gott sonder zweiffel damit wollen anzeigen / das grosse Blutvergiessen / so nach dieses Königs Tod erfolgt etc. Dergleichen sol sich auch bey jüngst verstorbnen Königs in Dennemark Beysetzung begeben haben.

Wer Menschen Blut vergeusst / deß sol man nicht verschonen;

es sol das Blutgericht ihm nach Verdienste lohnen.

Es ist ein Mann deß Bluts für Gott ein rechter Greuel (Ps 5. 7.)

der dort anstimmen wird der Höllen Angst Geheuel.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 442-446.
Lizenz:
Kategorien: