(CLXXX.)

Die Teuffels Hummel.

[648] Es hörten die Menschen Kinder / daß die Hölle ein ewiges Feuer / und der Himmel voll ewiger[648] Freuden wäre: deßwegen schickten sie zween Gesandte an Abraham / Isac und Jacob / und liessen sie fragen: wie sie dem Höllischen Feuer entfliehen / und zu der ewigen Freude gelangen möchten? Dem ersten Gesanden wurde geantwort: Zündet in eurem Hertzen an das Feuer der Liebe Gottes und des Nechsten / so wird euch das Feuer der Höllen nicht ergreiffen können. Dem andern Gesandten wurde geantwortet: Wendet nur halb so viel Mühe an / das ewige Leben zu erlangen / so viel Mühe ihr anwendet zu Erhaltung deß zeitlichen Lebens.

2. Diesen Raht nahmen wenig Menschen an: die meisten spotteten deß Rahts und der Gesanden / trugen mit grosser Mühe Holtz zu / und renneten in die Glut / unerachtet sie an der Strasse getreulich ermahnet wurden / zu růcke zu kehren und den Weg deß Verderbens zu verlassen. Die andern Menschen sendeten noch eine Bottschafft zu Abraham Isac und Jacob: anhaltend / daß doch nur einer aus der Hölle möchte zurücke kommen / und ihnen den Zustand derselben bezeugen.

3. Hierauf ward ihnen zur Antwort / sie wolten einen zuvor aus dem Himmel auf Erden senden: mochten aber keinen finden / der wieder in das Elend wolte / sondern antworteten alle einstimmig: Wir begehrens nicht ob wir gleich dörffen. Die Verdammten aber antworteten: Wir dörffen nicht / ob wir es gleich begehren. Wie nun Christus keinen von seinen Erlösten wieder auf die Welt lässet / weil er sie alle gleich liebet: also lässet auch der Satan keinen aus der Hölle / weil er sie alle gleich hasset.

4. Wolte GOtt daß dieses doch den ruchlosen möchte zu Hertzen gehen / welche so leichtsinnig den Himmel verschertzen / und sich vorsetzlich in die ewige Flammen stürtzen. Wann der reiche Mann solte wiederkommen / ist ausser zweiffel / daß er ein frömmeres Leben anfangen und seinen Brüdern von Mose und den Propheten predigen würde. Die Himmelsvergessne Leute aber / wollen auch nicht glauben den grossen Propheten / der in die Weltkommen / alle[649] Sünder selig zu machen: ja den der von Todten auferstanden ist / bekennen sie mit den Worten und verlaugnen ihn mit den Werken / wie Paulus redet in der Epistel an Tit. am 1. cap.

5. Zu Bologna (la grassa beygenamt) hat ein Mönich wenig Zuhörer: auf eine Zeit sagte er / daß er ihnen auf nechste Predigt eröffnen wolle / was der Teuffel mit ihm geredet. Dieses wird ruchbar in der Statt / und wurde ein grosses zulauffen von allen Enden derselben. Der Mönich tritt auf / und schilt diese Menge / daß sie / wann er ihnen Gottes Wort predige / nicht zuhören wollen: wann er ihnen aber von deß Teuffels Wort sage / da kommen sie alle gelauffen /

6. Also glaubte auch ein Student zu Erfurt den Zauberer oder Zaubergenossen mehr als Gottes Wort / in dem er sich beschwetzen liesse / daß GOtt durch seine Hand alle Schwedische Befehlhaber wolte hinrichten; daß nun ihre Zeit gekommen / und daß er durch solche Heldenthaten zu grossen Ehren und Vermögen gelangen würde.

7. Dieser Student glaubt solchem Vorgeben / und befraget seinen Teufflichen Lehrmeister / wie er solches Werk angehen solte? Er selber berichtet ihn /daß er die Hostien bey dem heiligen Nachtmahl wieder aus dem Mund nehmen / mit Füssen tretten / und alsdann wieder verschlucken solle / so werde er unüberwindlich seyn. Der elende Mensch thut solches /und beginnet darauf drey von den vornemsten Befehlhabern deß Orts zu ermorden.

8. Hierüber wird er handfest gemacht / und weil man vermeint / daß solches ein Anfang einer Verrähterey / und daß noch andre von dem Feinde mit in dem Spiel / ist er an die peinliche Frage geworffen worden. Alle Marter möchten diesen nicht bekennen machen / ob er wol zu unterschiedlich malen hart angestrenget / und mit Schwefel gebrand worden.

9. Der Henker vermerkte / daß der Lügen- und Mordgeist theil hatte bey diesem Handel: und weil er sich auch auf solche Sachen verstunde / brachte er[650] ihme einen Getrank bey / der purgierte und eine grosse Hummel von ihm triebe: Nach solcher schluge der Henker / mit der Hand / weil sie in dem Gefängnis herum schwermete: verwundete aber sich selbsten.

10. Endlich machte er das Fenster auf / da floge die Hummel hinaus / und der Studente bekennte frey und ungebunden / wie er besagter massen mißhandelt /und zu was Ende er sich unterstanden die Mordthaten zu begehen. Der Lehrmeister aber solcher verfluchten Zauberkunst war entflohen und nirgend mehr zu betretten.

11. Nach deme nun diese Unthat erhellet / ist besagter Student zum Rad verurtheilt und zuvor / wie etliche erzehlen / mit glůenden Zangen gebrennet worden. Wie er gefahren / und ob er sich von gantzem Hertzen zu Gott bekehret / ist für Menschen Augen verborgen.

12. Also würket der Satan in den Kindern deß Unglaubens / und bedienet sich der Bösen / auch die Frommen und Außerwehlten / wo es möglich were /zu verführen / und dieses ist ein Zeichen vor dem jüngsten Tag / daß der Teuffel weiß wie wenige Zeit er noch übrig und wie ein brüllender Löw suchet /welche er verschlinge.


Gleich wie der Vogler weiß die Vögel anzubeitzen /

so stelt der böse Geist den Menschen Seelen nach.

Durch süsse Fleisches-Lust / durch Ehr' und Geld ergeitzen /

und kommt die Reue spat / im Höllenweh und Ach.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der Grosse Schau-Platz jämmerlicher Mord-Geschichte. Hamburg 1656, S. 648-651.
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