(XXIX.)
Die Bekehrung der Verliebten.

[114] Der Glaub / sagt der Apostel / ist nicht jedermans Ding / sondern der jenigen / welche GOtt solcher Gnadengabe würdiget. Ist diesem also; So kan solches innerliche Geschenck / durch äusserlichen Gewalt nit erzwungen werden / sondern die Tyranney machet zwar Heuchler / bekehret aber niemand / wie hiervon ümständig berichtet Lipsius contra Dialogistam. Wann einer traurig ist / und man verwundet ihn daß er soll frölich werden / wird nicht sein Traurigkeit dardurch vermehret. Wie soll der Krieg / aller Sünden / Schanden und Laster Werckzeug / das Mittel seyn der Gottesfurcht? Daher hat Henrich der Vierte dieses Namens König in Franckreich verständig gesagt: Es ist besser zwo Religionen und den Frieden / als keine Religion und den Krieg haben. Wir gehen aber zu weit ab von unserm Vorsatz / welcher durch nachfolgende Geschicht beglauben wird / daß Gott unterschiedliche Mittel der Bekehrung / so der Menschen Vorsinnen nicht ergreiffen kan.

2. In der Insel Negropont / welche ist ein Theil deß Griechenlands / daß von dem Großtürcken beherrscht / und von den Christen bewohnt wird / hielte sich ein Saignac (oder Türckischer Stadthalter) Namens Ibraim oder Abraham. Dieser hatte unter seinen grossen Hauffen Frauen / welcher sich dieses Volck zu ihrem Wollust gebraucht / eine Griechin / Sophia benamt / die er wegen ihrer Schönheit[114] und Freundlichkeit über alle andre lieb unnd wehrt hielte.

3. Die Türcken zwingen niemand zu ihrem Gesetz / und hat der kluge Schalck Mahomet / durch solche Freylassung deß Gewissens / sein Reich Volckreich und mächtig gemacht; wol wissend / daß der Glaub eine Schuldigkeit gegen Gott / und nicht zu der Menschen Gebott stehen soll. Dergestalt / daß Sophia eines Türcken Weib / und doch Christlicher Religion verblieben. Diese schöne Mutter erzeugte noch eine schönere Tochter / so sie Lisenam genennet / unnd zu der Christlichen Religion / wiewol heimlich / auferzogen.

4. Es fügte sich aber daß Ladislaus / ein Polnischer Edelmann / nach dem er ferne Raisen verrichtet / in dieser Insel anlanget / und weil er etliche Briefe bey Ibraim abzulegen / wird er von ihm freundlichst empfangen / welches sonsten dieser stoltzen Wüterich Gebrauch nicht. Er führt ihn in sein Frauenzimmer / wie in einen Roßstall / und fragte / welches Pferd er reiten wolte. Hatte aber eine böse Brunst / nach der Greuelsünde Morgenländischer Völcker / gegen Ladislaum in seinem Hertzen / und gedachte diesen Polen / welcher schön von Angesicht / weisse Haar hatte / unnd ein wolgestalter Jüngling war / anderst zu gebrauchen.

5. Ladislaus hätte ihm gerne Lisenam erwehlt / weil er aber gehört / daß sie deß Saignacs Tochter / und von seinem Eheweib geboren / hat er auch der andern Kebsweiber / keine beschlaffen wollen. Nicht weniger Neigung hat sich bey sich Lisena gegen diesen Polen befunden / und ist ihm durch Cassandram eine Christin und leibeigne Magd aus Manfredonia bürtig / solches genugsam bedeutet worden.

6. Ladislaus kauffte damals Eckuver / einen Knecht / welcher ihm unwissend / mit dieser Cassandra gute Kundschafft hatte / und weil Ladislaus dem Saignac nit zu willen werden / sondern seine Weg fortzusetzen willens / lässet er von Lisena und Sophia vermittelst ihrer Kammermagd / Urlaub nehmen; beede bitten ihn die Anstellung zu machen / daß sie mit ihm in der Christen Land kommen möchten / unnd wolten sie sich[115] in Körben von dem Thurm / in welchem sie verschlossen lagen / herunter lassen / und mit ihm und Eckuver entfliehen.

7. Ladislaus / welcher sich auch heimlich darvon machen wollen / nimmt diese Gefertin samt der Cassandra erfreulich an / und bestellte Eckuver ein Jagtschif / seglen also die benamten Personen samt noch andern leibeignen Christen mit gutem Vorwind nach Corfou / und von dar nach Sicilien / und kamen nach Monfredonia / von dar aus Cassandra entführet / unn von ihren Eltern mit hertzlicher Freuden empfangen worden.

8. Saignac erfuhre nicht ohne Betrübniß / daß sein Weib / seine Tochter und Magd / mit allen ihren kostbaren Schmuck / unnd etlichen leibeignen Knechten entflohen; schickte nach sie zu suchen und wieder zurucke zu bringen / aber vergeblich / dann der Wind ihnen so günstig / daß sie nit ereilet werden mögen.

9. Solcher Gestalt ist Lisena mit dem Namen Elisabeth getauft / und von Ladislao / wie auch Cassandra mit Eckuver verheuratet worden. Sophia aber hat ihre Kleinodien zu Gelt gemacht / und theils ihre Tochter mit gegeben in Polen / dahin sie samt ihrem Mann gezogen / theils aber mit ihr in ein Kloster genommen / darinnen sie die übrigen Tage ihres Lebens in Gottesfurcht verschlossen.

10. Also führet Gott ihrer noch viel aus dem Diensthauß der Heydenschaft / welches gleichsam Egypten ist / dessen Trübsal nach dem himmlischen Jerusalem soll verlangen machen / dahin wir durch den Jordan der heiligen Taufe raisen müssen; heisst es also nach deß Poeten Außspruch:


Wer fromm verbleibet für und für /

Dem blüt das Glück stets für die Thür;

Doch muß er auch in solchem Garten /

Der reiffen Früchte Zeit erwarten.


Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. CXIV114-CXVI116.
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