(XXXIX.)
Die großmütige Danckbarkeit.

[144] Wie in dem Gebet der beste Eingang ist die Danckbarkeit gegen Gott / so dienet auch bey Fürsten und Herrn / welche Götter genennet werden / die Danckbarkeit Gnad und Hulde zu erwerben. Ist solche in den Worten angenehm / wie viel mehr wird sie in den Wercken beliebet werden / die so viel stärcker sind / als die Männer gegen den Kindern zu rechnen. Diese Tugend findet sich bey allen großmütigen Herren / welche die Mittel haben getreue Dienste danckbarlich zu erkennen / und mit milden Beschenckungen zu erwidern / wie aus folgenden Erzehlungen beobachtet werden kan. Undanckbar ist hingegen das Pövelvolck.

2. Alexander von Medicis / ein sehr löblicher Herr / wurde von Pabst Clement zu Käyser Carln dem V. dieses Namens[144] gesendet / wegen etlicher wichtigen Regiments-Sachen mit ihm zu handeln. Dieser Gesandte wolte sich nun wie der grosse Alexander halten / und verschenckte an den Käys. Hof so viel / daß ihm in Flandern / wo sich der Käyser aufhielte / das Gelt zu kurtz werden wolte / und konte er seine viel Diener und Pferde / sonder Nachtheil nicht plötzlich von sich schaffen / so geschwind auch keinen Wechsel von Florentz erhalten / daß er also fast in Nöthen.

3. Ein reicher Kauffmann zu Antwerpen bringt diesem Cardinal 50000. Kronen / und bittet solche von ihm abzunehmen / und nach seiner guten Gelegenheit wiederum zu bezahlen / sonder Bedingung der Zinsse oder Auffwechsels. Ob dieses ein Dienst / ist leichtlich zuerachten.

4. Wie nun die Kauffleute alle aneinander hangen / und einer den andern zu borgen und vielmals zu betrügen pflegen / hat sich begeben / daß auch dieser Kauffmann / durch etliche andere entloffene / sehr zurucke gesetzet worden / und in das Abnehmen geraten / daß er gezwungen worden / seine Zuflucht zu diesem Fürsten zu nehmen. Alexander von Medicis gibt ihm seine 50. tausend Kronen wieder / und noch 50. tausend zu Bezeugung der Danckbarkeit / wegen deß grossen Vertrauens zu seiner Person: Lässet es auch hierbey nicht verbleiben / sondern leihet ihm über die 100. tausend / noch 50. tausend Kronen auf Jahr und Tage / ohne Verzinsung. Dieser Kauffmann hat wol sagen können / daß er eine fruchtbare Erden angetroffen / in welcher er nicht kärglich gesäet / und reichlich eingeschnitten.

5. Dieses machet mich eingedenck der H. Fucker zu Augspurg / welche vorernannten Käyser mehr als Fürstlich bewirtet / und unter andren ihm ein Feuer von Zimmetrinden und Rauchwerck angezůndet / und als der Käyser rühmte / daß er dergleichen kostbares Feuer nie gesehen / haben sie einen Wechselbrief / welchen der Käyser ihnen zu bezahlen schuldig gewesen / und auf 100. tausend Kronen verlautend / S.K.M. zu underthänigen Ehren / in das Feuer geworffen / und die Schuld erlassen.[145]

6. Der Käyser aber wolte sich so teuer nicht wärmen / hat das Gelt zu bezahlen befohlen / sie zu Freyherrn gemacht / und ihnen eine Insul von den Fortunatis verehret.

7. Wer seinem Nächsten gutes thut / der nit danckbar seyn kan / als mit dem Willen / dem wird es Gott wieder vergelten / welcher auch einen kalten Trunck Wassers nit unbelohnt zu lassen versprochen / und jener armen Wittib Schärfflein höher geachtet / als aller andren Reichen mehr schätzbare Gaben.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. CXLIV144-CXLVI146.
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