(CLXXII.)
Die Wassersüchtigen.

[272] Diese Rähtsel ist abgesehen auß eines Vollsauffers Antwort / welchem angesagt / daß er sich der Wassersucht zu befürchten / und geantwortet; Er könne solches nicht glauben / weil er lange Zeit kein Wasser getruncken; Wann man ihm aber mit der Weinsucht draute / so wolte er es wol glauben.[272] Ist also der Mann / welcher den Wein in Wasser wandelt ein Wassersüchtiger. Die Distilirer gebrauchen zu Veränderung der Metallen das Feuer / dieses geschihet ohne Feuer / und wegen eines kalten Magens der so übermässige Feuchtigkeit nicht verkochen kan. An dieser Kunst aus Wein Wasser zu machen / müssen die meinsten sterben: Viel werden auch geheilet / wie aus nachgehenden Erzehlungen zu vernehmen seyn wird.

2. Bartholome Cabrol ein treflicher Mann / erzehlet / daß er zu Montpellier zu einer Kürschners Tochter geholet worden / Namens Johanna / welche an der Wassersucht kranck gelegen. Dieser hat er gerahten / sie soll die Wurtzel Ruscus in ein Wasser legen / Morgen- und Abends darvon trincken / ihre Suppen darvon kochen / und ihr Brod darvon Bachen / dieses hat sie fleissig gethan und ist in 4. oder 5. Wochen hernach alles überflüssiges Wasser von ihr gekommen. Sie ist zwar inzwischen sehr kranck gelegen / aber doch zu letzt wieder völlig genesen.

3. Nach dreyen Jahren setzet die Wassersucht wieder bey ihr an / und war so groß aufgeschwollen / als zuvor: Damals aber war ihr Nabel sehr aufgelauffen / und in der Mitten ein wenig geöffnet / deßwegen ihr benanter Artzt / mit ihrer / und der Gefreunden Einwilligung den Nabel durchschlagen lassen / darauß eine grosse Menge Wasser geflossen / daß man ihr allerhand Artzney gebrauchen müssen / sie wieder zu recht zu bringen / welches auch nachgehends beschehen / und ist sie lange Jahre gesund geblieben.

4. Dergleichen ist auch begegnet Gilette Maurina einer Kammer Jungfrau zu Castelnau Mompellier / welche durch viel Wassertrincken aufgeschwollen / und weil sie noch genesen / noch sterben können / hat sie einen Esel gemiedet / willens darauff zu ihren Eltern nach Gignack zu reisen. Der Esel aber ist unterwegs so glücklich gefallen / daß das Wasser ist gehend worden / und sie nach solcher Erleichterung völlig genesen.

5. Ein Fischer bey Mantua Mergon genant / hat seine Wassersucht mit Durst leiden / daß er ein gantzes Jahr erduldet[273] dultet / geheilet / und benebens so starck gearbeitet / daß das Wasser / sonder Behuff der Artzney / von ihm gekommen. Marcell. Donat. l. 4. c. 21.

6. Christoph Trutwein ein Elsassischer Edelmann bey Hagenau / erkranckte lange Zeit an der Wassersucht. Als ihm auf eine Zeit in dem Garten / da er in der Sonnen entblösset gelegen / eine Eydex auf den Bauch gekrochen / hat er angefangen sich besser zu gehaben / und ist hernach völlig genesen. Schenkius. 3. v. 131.

7. Benwentius erzehlet von einem Wassersüchtigen Knaben / dem das Wasser / wie ein Springbrunnen auß dem Nabel gestiegen / daß man endlich / wegen der Schwachheit seines Leibes / dem Fluß wehren müssen. Doch ist er vermittelst guter Artzneyen wieder zu recht kommen.

8. Ein Barbiers Weib zu Nürnberg hat in ihrer Wassersucht aus einem sandigen und trüben Brunnen getruncken / dardurch verursachet / daß das Wasser durchgekrochen / und sich der Leib von etlichem schwartzen Geblüte gereiniget / daß sie wieder zu ihrer Gesundheit gelanget. Langius in dem 12. Sendschreiben deß andern Theils.

9. Ein Wassersüchtiger hat sich zu Paris mit einer glüenden Kohlen auf den Fuß gebrennet / und darvon ist ihm eine Blasen aufgefahren / durch welche hernach alles Wasser in seinem Leib seinen Außgang genommen.

10. Also schreibt Gaspar Hofman / daß ein Wassersüchtiger sich aus Unachtsamkeit in ein Messer gestossen / und seye dardurch dem Wasser ein Weg gemachet worden / daß er genesen / l. 3. c. 30.

11. Hier ist nit zu übergehen was J. Wierus schreibet / daß ein Weib zu Rom ihres Wassersüchtigen Mannes überdrüssig / und deßwegen ihm mit Gifft zu vergeben entschlossen / ein Kröte in einen Hafen zu Pulver gebrennet / und solches ihrem Manne in der Speise eingegeben: Hierdurch ist das Gewässer von ihm gekommen / und er zu voriger Gesundheit / wiewol wegen Alters sonders grosse Kräfften / gekommen.[274]

12. Etliche Wassersüchtige sind durch Brechen / etliche durch schwitzen / etliche einig und allein durch Rhebarbara geheilet worden; deßwegen der verständige Artzt wol in acht haben soll / wo die Natur ihren Außgang nehmen wil / und derselben Diener soll er seyn / ihr den Weg zu bereiten.


Rähtsel.


Mein Leib ist von der Ganß und meine Haut von Faden.

in Krieg und Siegeszeit / in Lieb und Todesstund /

bin ich der Kämpferplatz / mit wollenweichen Grund /

Und Bachi Pilger Leut' hab ich oft eingeladen

Man steckt sich zwischen mich / und keiner ist so schlecht:

der mein entrahten soll: Wer fehlt hats keinen Schaden.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 272-275.
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