(CXCI.)
Die drey Eifersüchtigen.

[336] Die Eifersucht wird mit gutem Fug dem Essig verglichen / der von dem besten Wein der stärckste / wie von der grösten Lieb der brünstigste Eifer entstehet. Etliche vergleichen den Eifrenden mit jener Geiß in der Fabel / welche ein grosses Gefäß voll Milch gegeben / und selbes hernach umgestossen. Es ist die Liebe gleich der Sonnen / wann ihre Stralen nicht zusammen gehalten werden / welches durch den Brennspiegel geschehen kan / so sind sie so viel schwächer. Was GOtt zusammen gefüget / durch das heilige Eheband /[336] das soll der Mensch / der neben und seiten Buler nit scheiden und entzweyen.

2. Es ist deßwegen eine Frage / wie man den Eifer benamen soll? Etliche haben ihn für ein Art deß Zorns / in dem man sich zu rächen trachtet / wegen vermeinter oder wůrcklich empfangener Beleidigung. Unter diese Art der Eifersucht ist zu zehlen / was sich in Piemond mit Crescentin / einem schlechten Gesellen von Ankunfft begeben / der sich aber durch seinen tapffern Degen zu einer Oberstenstelle erhaben / und eine sehr schöne und ehrliche Jungfrau gefreyet hatte / weil er sonsten von ihr nicht erlangen können / was er brünstig verlanget.

3. Er lebte mit Flocilla (also wurde sie genennet) friedlich und schiedlich / darzu sie beederseits Liebe verbande / daß er nicht Ursach hatte einigen Mißtrauen in sie zu setzen. Es fügte sich aber / daß Gordian ihm diese Flocillam auch gefallen liesse / und weil er mit ihr zu sprechen nicht kommen konte / machte er sich an Leobiam ihre Magd / von Meiland bürtig / welche diesem Haubtmann gerne Gehör gabe / und anfangs nicht wuste / wohin es gemeint. Dieser Haubtmann Gordian rühmte sich in guter Gesellschafft / daß Crescentius Weib ihm wol geneigt wäre / und dieses wurde Crescentin angesagt / der dann / ohne fernere Befragung / sein Weib für eine Ehebrecherin hielte / und sich zu rächen entschlosse. Zu solchem Ende begabe er sich auf das Land / und bereitete ein Gifft / in willens / sich solches wider sein Weib zu bedienen.

4. Flocilla entzweyte sich inzwischen mit ihrer Magde / und schaffte sie von sich / deßwegen Crescentius Argwahn noch viel grösser wurde / als ob sie ihr begangenes Unrecht solcher Gestalt zu verbergen trachtete. Nachdeme sie nun auf das Schloß zu ihm kame / nöthigt er sie / den Gifft zu nehmen / oder er wolte sie mit dem ihr an die Gurgel gesetzten Dolchen ermorden: keine Entschuldigung wolte er anhören / und als sie entschlossen / lieber von seiner / als ihrer eigenen Hände zu sterben / hat er sie jämmerlich ermordet / und heimlich begraben.[337] Bey dieser Rache liesse er es noch nit verbleiben / sondern macht sich nach Meiland / die Leobiam aus dem Wege zu raumen / welches er also angefangen.

5. Es war in der Fasten / da die Barfüsser sich zu geisseln und zu peitschen pflegen: unter diese mischt er sich auch verkappt / und als er für das Hauß kame / da die Leobia wohnte / fiel er auf die Erden / und bate ein wenig Essig sich zu laben. Leobia und die Frau in dem Hause / öfnen ihm die Thür / und bringen ihm allerhand Labung: Er ersihet seinen Vortheil / und stösset der Leobia den Stillet in die Brust; Damit er aber nicht verrathen würde / thut er deßgleichen der Frauen / und zweyen unschuldigen Kindern / gehet darauff wieder aus dem Hause / und nimmet seinen Ruckweg nach Hauß. Diese That ist verschwiegen geblieben / biß zu seiner Todesstund / da er solches offentlich gebeichtet.

6. Es rühret aber auch der Eifer her / von unsinniger Raserey / welche dem Zorn nit ungleich ist. Also liesse sich Similian / ein Frantzösischer Herr bethören / dessen leichtsinniges Weib mit einem seiner Edelknaben bulen wolte / und deßwegen viel Brieffe an ihn abgehen liesse: Derselben einen liesse Bocrie / aus Unvorsicht auf die Erde fallen / als er das Naßtuch herauß ziehen wollen / und solchen hebte sein Herr auf / bevor er es gewahr wurde; erkante alsobald seines Weibes Handschrifft / und ob sich zwar Bocrie mit der Warheit entschuldigte / daß nichts böses noch der Zeit vorgegangen / liesse er ihn doch nit aus der Verdacht / sondern nöhtigte ihn / mit in der Ericlea seiner Gemahlin Zimmer / da er sie muste binden / und weil sie noch recht darzu haben wollen / zu todt peitschen.

7. Etliche halten den Eifer für eine Furcht verunehrt zu werden / und hat solches erwiesen Ligorio / ein Edelmann unferne Ottranto / in einer Stadt Lacco genannt. Dieser war ein alter / reicher / und eines jungen Weibes unbequemer Mann / welcher sich mit Nymphodora einer sehr schönen Jungfrauen / verheyratet / die ihn mit zugethanen Augen genommen / durch ihre Befreunde geleitet / welchen Ligurio[338] von dem Goldpulver in das Angesicht geblasen hatte.

8. Eugenia name diesen Alten für eine Brucken / oder faules Brei / zu einem grössern Glück überzukommen / und einen mit der Zeit zu bekommen / den sie so sehr als dieses Gold / lieben wolte. Dieser Ligorio lag oft an dem Ziperlein darnider / daß er fast stetig bettrissig / und wann der Schmertz zu zeiten Anstand mit ihme gemachet / so bedunckte er sich Eisenstarck / der doch so schwach / als eine Haselstaude / und zu solcher Zeit / betete er seine Gemahlin gleichsam an / und pflegte einer Ergötzlichkeit / die seinem Zustande sehr nachtheilig ware.

9. Diese Eugenia war ein rechtes Ehrenweib / pflegte ihres Eheherrn fleissig / und hatte ihn niemals / noch mit Worten / noch mit Wercken beleidiget. Sie war so keusch / daß auch die Verleumdung keine Ursach finden konte / sie mit dem Schein der Warheit / in bösen Verdacht zu bringen. Sie wartete ihres Alten Tag und Nacht / und liebte ihn über alles; doch kame ihm zu Ohren / daß ihre Freunde bedacht / sie nach ihren Tod an einen andern zu heyraten / weil sie die Aertzte getröstet / er werde es nicht lang mehr machen. Dieses kränckte den eifersüchtigen Ligorio / daß er eine grausame That unternommen / und seine Eifersucht / biß nach solchem Tod erstrecket.

10. Das fromme Weib hörte ihres Mannes Eifersüchtige Furcht / und versprache ihm endlich / sich nach seinem Tod / nicht wieder zu verheyraten; darmit wolte er sich aber nicht vergnügen / sondern nöthigte sie / den darzu erkaufften Gifft halb hinein zu trincken / und er nahme den andern halben Theil / küßte sie / und starbe gleichsam in ihren Armen. Zu allem Glücke wohnte in ihrer Nachbarschafft ein Apothecker / dem sie um Hülffe in ihrer anfangenden Schwachheit zuschrie / der auch alsobald einen Gegengifft ihr beygebracht / und weil sie noch jung / und sonsten gesundes Leibes / ist sie errettet worden: Ihr Alter aber starbe dahin / und hinterliesse ihr mehr Ursach sich zu freuen und freyen / als zu betrauren / massen die reiche Wittib / bald einen jungen Mann bekommen.[339]

11. Dieser Krancken Liebe (also wird die Eifersucht genennet) sind der Völcker in warmen Ländern mehr unterworffen als in kalten Ländern / da sich zehen Engelländer wol mit einem Weibe behelffen / wie Cäsar von ihnen schreibet. Die Ursache ist / weil jene viel hitziger sind als diese / von welchen die liebe Sonne so weit entfernet lieget. Es ist auch die Eifersucht bey etlichen zu loben / in dem solche einem jeden zueignet / was ihm gebühret.

12. Eine Haußmutter eifert über die Kinderzucht / ein Herr über seinen Knecht / und alle Christen sollen eifern um das Wort und Liebe Gottes. Von solchem zulässigen Eifer redet man hier nicht / sondern von dem Eifer zwischen Eheleuten / von welchen Gott geordnet das Eiferopfer / bestehend in gewissem Getranck / und darzu gesetzter Verfluchung. Wann aber die Männer dergleichen Eifertranck von dem Weibe noch annehmen müsten / würde manche Ehe zertrennet werden.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 336-340.
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