10. Antwort auf vorgesetzten Brief.

[378] Unverschämter Juncker.

Euren höflichen Brief muß ich kürtzlich beantworten / daß ihr nit vermeinet / ich gebe euch durch stillschweigen recht / und ihr habt gewonnen / eh das Spiel außgehet. Auf eine Klage gehöret eine Antwort. Ihr seyd einer von den Gesellen / die sich bey jedem Feuer wärmen wollen; die grosse Streiche fürgeben / ja wie die Maulwürffe an allen Orten aufwerffen / und die Weide verderben. Wer hat euch zu meinen Zuchtmeister verordnet? Ihr wolt mit mir viel Gespräche halten / mich zu unterweisen / da ihr doch ein Neuling in allen wolständigen Sitten / und habt von der Tugend reden hören / als von einen Feinde. Noch macht ihr euch ein grosses Ansehen / wie faules Holtz / das im finstern leuchtet / und nit 3. Heller wehrt ist Der Innhalt eures gantzen Briefes ist / daß ich / wie alle Menschen alten. Ist dieses eine neue Zeitung? Ist es was besonders / daß ihr deßwegen die Apothecken eurer Wolredenheit eröffnet? Jederman weiß es wann ihr schon still schweiget. Wann man eurem afsenteurlichen Gespräche nit wil abwarten / so muß man hochmütig und stoltz seyn? Wer die Veranlassung zu übler Nachrede vermeidet / der muß wild und Männerscheu seyn. Es ist aber gut / daß wir an einem Orte sind / wo man uns beede kennet. Das Alter mit welchem ihr mir drauet / wird mich so geschwind nit überfallen / als euch die Armut / und solt ihr wissen / daß ich keinen schlimmern Mann bekommen könte / als eben euch / welcher mir Hunger und Durst zur Morgengabe / und Mangel und Elend zum Heuratgut zubringen würde. Glaubt mir ich kenne euch so wol / daß ich euch nit üm ein löcherigte Nußschalen / oder üm einen faulen Pyrenstiel kauffen wolte. Ihr habt gewiß die alten Weiber sehr nahe besehen / daß ihr sie so wol beschreiben könnt / wünsche euch deßwegen für eure Bemühung / daß ihr ein solches Mütterlein / wie ihr in eurem Briefe abgemahlet / freyen müsset.

Studieret hieraus wie vertreulich ich es mit euch meine /[379] und wann ich euch selbst bey der Nasen / als einen rechten Haasen gezogen / so kommet wieder und meldet euch vergebens an / zu erfahren / ob ich nicht seyn werde eines tapferen Edelmanns / als ihr seyd /


Gehorsame Dienerin N.

Quelle:
Georg Philipp Harsdörffer: Der grosse Schau-Platz Lust- und Lehrreicher Geschichte, 2 Bde, Frankfurt a.M. und Hamburg 1664, S. 378-380.
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