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[24] Es lebt ein Gott, der Schöpfer des Weltenrunds,

so sagen sie. – Doch geben sie Kunde auch,

ob von dem Funkeln, das den einen

Tropfen im Meere des Alls umflimmert,


ob er vom Ringen menschlicher Nichtigkeit

jemals vernahm? – All-mächtig und -liebevoll

ist er! Vor seinen Vateraugen

birgt im unendlichen Raum sich Niemand!


Kein Schmerz ist ihm, kein Jubel der Freude fremd:

als Gott der Liebe preisen wir ihn auf Knien!

– So säh er also dieser Erde

nimmer ermessne Jammerwüste?


Er säh das Edle unter den Fuss gestampft

des Tiefgemeinen? Sähe in Qual und Staub

sich wälzen Millionen Herzen,

blutig, gemartert ein langes Leben?


Und endets nicht? – Und trümmert und schmettert nicht

die Welt ins wahnlos friedliche Nichts zurück?

Der Gott – grausamer wär er wahrlich,

als der verworfenste Menschenbube.

Quelle:
Otto Erich Hartleben: Meine Verse. Berlin 1905, S. 24-25.
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