Fünfte Szene

[292] HANS sieht ihm einen Augenblick nach, schließt dann die Tür ab und geht langsam zu Traute, der er übers Haar streicht. Nun,[292] Liebste ...? Sie sind fort, die Gespenster ... der böse Spuk ... ja! Die dummen Fratzen!

TRAUTE aufweinend. Ach Gott, Hans – ich – ich habe dich unglücklich gemacht!

HANS still. Nein, mein Kind – das hast du nicht getan. Du – du hast mir die wenigen Stunden Glück gegeben, die mir je beschieden worden sind – und die Ahnung einer reineren, zarteren Welt – die meine Füße ...

Sieh: das wußt ich schon, wie ich noch als Kind unter fremden Leuten herumgestoßen wurde – daß mir kein besonderes Glückslos gefallen war ... auf dieser Erde. Und so ausgehungert und fast verdurstet nach einem bißchen – einem bißchen Liebe – ist wohl noch nie ein junger Mensch gewesen, wie ich – damals, als ich dich fand ...

Glück ... Man muß nicht unbescheiden sein. Dies ist Glück, daß ich dich habe und halte – dich, meine Traute, in dieser Stunde, in dieser Minute. Heiter, indem er sie aufrichtet. Komm! So wollen wir denken, so wollen wir es halten, wir beiden ... Ha, ja: wie du aussiehst? Ist das ein Büßerhemd? Pfui! – Er führt sie nach vorn. Aber hier! Er wirft einen Domino um ihre Schultern. Er setzt sich in den Stuhl vor dem Tisch. Wie herrlich du bist, meine Traute! Da: hier steht noch eine volle Flasche? Und jetzt – jetzt wollen wir uns vorbereiten – zu unserem Fest, zu unserem Karneval. Carne vale! Du bist so schön und so gut – alle Menschen müßten dir dienen!


Er schließt sie mit Lachen in die Arme. Das Lachen geht in Schluchzen über. Der Vorhang fällt.


Quelle:
Otto Erich Hartleben: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Band 3, Berlin 1913, S. 292-293.
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