Zehnter Auftritt.

[223] Man hört in der Seite, dem Schauspieler rechts, eine Scheibe klirren. Aus Nr. 4 tritt.


FRANZ. Wollt' ich doch schwören, ich hätte meinen Namen gehört. – Und hier ist Niemand? es war wohl nur die Ungeduld – die Ungeduld? – Nein, die Eifersucht! – Warum kam sie denn nicht? Was konnte sie abhalten? Ich vermochte nicht länger meinen Argwohn zu bewältigen. Es ist zwar kein rechter Weg für'n ehrlichen Kerl, über's Weinspalier in's Küchenfenster zu steigen, und es könnte mir schlecht bekommen. Aber, hätte die Kugel drauf gestanden, ich mußte wissen, woran ich bin! Ha, Mädchen, wenn ich Dich ertappte! Ich bin so oft betrogen, verrathen worden von den nächsten Verwandten, Kameraden, Freunden, von Allen, die mit mir in einer Reihe lebten. Nun bin ich herunter gerathen in die Niedrigkeit, bin ein Tagelöhner,[223] eine Magd ist meine Braut, wenn auch die falsch und treulos wäre – dann wär's aus. Hier in diesem Hause ist eine schlechte Wirthschaft. Der Herr ist ein Müssiggänger, der Bediente ein Schuft, die andern Dienstboten gemein und leichtsinnig, viel junge Laffen schleichen um die Madame – wenn einer von denen über mich lachte!! Er zieht das Messer heraus. Warum nur meine Hand gar nicht von dem Messer weg will? – 's ist ihr Messer, sie hat mir's heute geliehen; es ist scharf und spitz. – Ich kann den Gedanken nicht los werden, wie das in's Herz fahren müßte – und wär's mein Herz! – Was hält mich denn noch am Leben? Nur sie, mit ihrem ehrlichen, guten Gesicht, mit ihrem treuen, frommen Gemüth – wäre das Trug? – Aber nun steh' ich wieder hier oben und schwatze mit mir, wie unten, und komme keinen Schritt vorwärts – ich bin zwar fremd hier – muß nun doch seh'n, wo ich bin und wen ich finde. – Dörthe – Dörthe –


Er tappt vorsichtig weiter, gelangt an die halb offen stehende Thür Nr. 3, schleicht hinein und zieht die Thür hinter sich zu.

Pause.


Quelle:
Karl von Holtei: Theater. Ausgabe letzter Hand in sechs Bänden, Band 1, Breslau 1867, S. 223-224.
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