3.

Der Schwur des Trackers

[450] Jene weiten Prairieen Nordamerika's, welche sich westlich vom »Vater der Ströme,« dem Missisippi, bis an den Fuß des Felsengebirges und von dem jenseitigen Abhange derselben wieder bis an die Küste des stillen Weltmeeres erstrecken, haben nicht blos in physikalischer Beziehung mancherlei Aehnlichkeiten mit den unendlichen Fernen, welche die Wogen des Oceanes erfüllen. Es bieten sich zu einem Vergleiche zwischen den Weiten der Savanne und den oceanischen Strecken Punkte dar, welche nicht in äußeren Verhältnissen liegen und von denen einer der bedeutendsten in dem Eindrucke zu suchen ist, welchen die See sowohl als auch die Prairie auf Denjenigen macht, der sich einmal von der heimischen Scholle losgerissen hat, um entweder auf längere Zeit die Fluthen der See zu pflügen oder auf dem Rücken eines guten Pferdes die abenteuervollen Hinterländer der Vereinigten Staaten zu durchstreifen.

Ein alter »Swalker«, welchem Zeit seines Lebens die Segel eines stattlichen Dreimasters um den Südwester schlugen, mag von dem Binnenlande Nichts mehr wissen, und wird er seeuntüchtig, so baut er sich seine enge, kleine Kabine so nahe wie möglich an das Wasser und blickt mit liebevollem, sehnsüchtigem Auge hinaus auf die ewig wechselnden und nimmer ruhenden Wellen, bis die Hand des Todes ihm die müden Lider schließt.

So ist es auch mit Dem, der es wagte, den Gefahren des »wilden Westens« kühn die Stirne zu bieten. Ist er auch einmal zurückgekehrt in Gegenden, über welche die Civilisation ihren Segen und – ihren Fluch ausgeschüttet hat, so zieht es ihn doch immer wieder zwischen die gefährlichen Post-oak-flats hinein und in die unbegrenzte Wildniß hinaus, wo es der Anstrengung aller körperlichen und geistigen Kräfte bedarf, um im Kampfe mit den tausenderlei und stets neuen Gefahren der Savanne nicht zu unterliegen. Für ihn giebt es nur selten im Alter ein Ruheplätzchen, wie es der »abgetakelte« Seemann doch an der sichern Küste findet; ihm[450] läßt es weder Ruhe noch Rast, er muß sich auf den Rücken seines Mustangs hängen und immer wieder in die Ferne ziehn, in welcher er einst spurlos verschwinden wird. Vielleicht findet nach Jahren ein Jäger seine gebleichten Gebeine auf ausgedorrter Ebene oder zwischen den himmelanstrebenden Felsen des Gebirges liegen; oder er reitet vorüber ohne ein Kreuz und Aveb und fragt nicht nach dem Namen dessen, der hier ein vielleicht grauenvolles Ende nahm. Der Westen hat einen rauhen Sinn und duldet weder Zartgefühl noch Schonung; er ist den physikalischen Stürmen widerstandslos preisgegeben, kennt keine andre Herrschaft als diejenige des unerbittlichen Naturgesetzes und bietet darum auch nur Männern Raum, die ihren einzigen Halt, in der eigenen knorrigen Naturwüchsigkeit suchen.

Ein trotz aller Verträge immer wieder von Neuem aus seinen angewiesenen Wohnsitzen verdrängter, von der Natur reich begabter und dennoch dem unerläßlichen Untergang geweihter Menschenschlag liegt hier im Verzweiflungskampfe mit einer Nation, welcher alle physischen und geistigen, alle künstlichen und natürlichen Mittel zur Verfügung stehen, den todesmuthigen Gegner trotz der heldenmüthigsten Gegenwehr gewaltsam zu erdrücken. Es ist ein Jahrhunderte langes Ringen zwischen einem sterbenden Giganten und einem von Minute zu Minute sich mächtiger entwickelnden Sohne der Gesittung, der dem Feinde die gewaltige Faust immer enger um die Kehle drückt, ein Ringen, wie es die Geschichte sonst wohl auf keinem ihrer Blätter wieder aufzuweisen hat, begleitet von Heldenthaten, welche Dem, was von unsern klassischen Heroën berichtet wird, getrost und vollgültig an die Seite gestellt werden kann, und wer es wagt, die lang- und breitgestreckten Schlachtgefilde zu betreten, dem darf keine einzige der Waffen mangeln, mit denen die äußerlich unscheinbaren und doch bewundernswerthen Kämpfer sich auf Tod und Leben bekämpfen. –

Wer in Fort Gibson am Arkansas die Büchse über die Schulter legt und einige Tagereisen weit stromaufwärts geht, gelangt an ein kleines Settlement, bestehend aus einigen einfachen Blockhütten, einem gemeinsamen Weideplatze und einem etwas abseits liegenden Hause, welches sich schon von Weitem durch ein primitives Schild als Store und Boardinghaus zu erkennen giebt. Der Wirth dieses Hauses ist nicht gewohnt, große Ansprüche zu befriedigen und erhebt also auch selbst keine in Beziehung auf Diejenigen, welche bei ihm eintreten und verkehren. Niemand weiß, was er früher war und woher er kam; darum fragt auch er Keinen nach Namen, Vorhaben oder Reiseziel. Man versorgt sich bei ihm mit dem Nöthigen, thut einen »Drink« nach Belieben, schlägt, sticht oder schießt sich ein Wenig und geht dann seines Weges. Wer viel fragt, braucht viel Zeit, und dem Amerikaner ist die Zeit kostbarer als eine Antwort, die er sich am Besten selbst geben kann.

In dem Boarraume saßen einige Männer, deren Aeußeres keineswegs salonfähig zu nennen war. So unterschiedlich die Kleidungsstücke waren, welche sie trugen, sämmtliche Anzüge ließen auf den ersten Blick den ächten, richtigen Trapper erkennen, der kaum jemals davon gehört hat, was ein guter Schneider zu bedeuten hat, sondern sich seinen Bedarf ohne Wahl da und grad so nimmt, wo und wie er ihn findet.

Wo mehrere Westmänner beisammen sitzen, da ist ein guter Schluck in der Nähe und ebenso sicher eine gute Erzählung im Gange. Daß die Anwesenden grad jetzt still vor sich niederblickten, hatte jedenfalls seinen Grund darin, daß eine jener »dunklen und blutigen Geschichten«, wie man sie in den Grenzländern zu hören bekommt, soeben erst zu Ende gegangen war und nun Jeder in seiner Erinnerung nach einer zweiten forschte. Da wurde plötzlich Derjenige von ihnen, welcher in der nächsten Nähe des kleinen Blockfensters saß, laut:

»Auf mit den Augen, Ihr Leute, und hinausgeschaut da hinüber nach dem Wasser!« meinte er. »Täuschen mich meine alten Augen nicht, so sind dies zwei Green-beacks, zwei Grünschnabel, wie sie im Buche stehen. Seht nur, wie sie zu Pferde sitzen, so nett und fein, grad wie vom heil'gen Christ bescheert! Was thun solche Leute hier in unsern guten Wäldern?«

Alle außer einem Einzigen erhoben sich, um die zwei Ankömmlinge zu mustern; der Sprecher aber legte sich mit breitgespreizten Ellbogen wieder auf den Tisch zurück. Er hatte seine Schuldigkeit gethan und brauchte sich um weiter Nichts zu kümmern. Er war eine eigenthümliche Figur. Die Natur schien im Sinne gehabt zu haben, mit ihm ein Seilerstück zu fabriciren, so unendlich hatte sie ihn in die Länge gezogen; Alles an ihm, das Gesicht, der Hals, die Brust, der Unterleib, Arme und Beine waren lang, unendlich lang und dabei scheinbar so schwach und dürftig, daß man befürchten mußte, den ganzen Mann beim ersten besten Windstoße zerrissen und in Fäden davongewirbelt zu sehen. Seine Stirn war frei; auf dem Hinterkopfe aber balancirte ein namenloses Ding, welches vor vielen, vielen Jahren vielleicht einmal ein Cylinderhut gewesen war, jetzt aber gradezu aller Beschreibung spottete. Das hagere Gesicht zeigte einen Bart, ja, aber dieser Bart bestand aus kaum hundert Haaren, welche einsam und zerstreut die beiden Wangen, Kinn und Oberlippe bewucherten und von da lang und dünn bis fast auf den Gürtel herabhingen. Der Jagdrock, welchen er trug, schien noch aus seiner frühsten Jugendzeit zu stammen, denn er bedeckte kaum die obere Hälfte des Leibes und die Aermel reichten nur wenige Zoll über die Ellbogen herab. Die zwei unglückseligen Schalen, in denen die Beine staken, konnten früher einmal Schäfte von einem Paar riesiger Schifferstiefel gewesen sein, hatten aber jetzt das Aussehen alter, durchgeglühter Ofenrohre und stießen in der Knöchelgegend auf zwei sogenannte horse-feets, wird man sie besonders in Südamerika aus den noch lebenswarmen Häuten der Pferdefüße bereitet.

»Hast Recht, Pitt Holbers,« entschied einer der Hinausblickenden, »es sind Green-beacks, die uns nicht viel angehen werden. Laßt sie machen, was sie wollen!«

Die Neugierigen kehrten an ihre Plätze zurück. Draußen[451] ließ sich Pferdegetrappel vernehmen; eine kurze, barsche Stimme ertönte, die grad so klang, als sei sie das Befehlen gewohnt, und dann öffnete sich die Thür, um die Beiden einzulassen, von denen die Rede gewesen war.

Während von dem zuletzt Eintretenden nicht viel zu sagen war, wäre die Persönlichkeit Dessen, der den Vortritt genommen hatte, in anderer Umgebung sicher nicht ohne Eindruck geblieben.

Ohne grad und in die Augen fallend stark gebaut zu sein, erhielt er durch eine eigenthümliche Weise der Haltung und Bewegung ein ungemein kraftvolles und gebieterisches Aussehen. Sein regelmäßig, ja schön gezeichnetes Gesicht war von der Sonne tief gebräunt und wurde von einem dichten, dunklen Barte umrahmt, der breit und voll bis auf die Brust herniederging. Die Kleidung, welche er trug, war vollständig neu, und seine Waffen ebenso wie diejenigen seines Begleiters konnten erst vor Kurzem den Laden des Händlers verlassen haben, so blank und sauber zeigte sich ihr Aussehen.

Der echte Trapper oder Scatter hegt einen unüberwindlichen Widerwillen gegen alle auf die äußere Erscheinung gerichtete Sorgfalt, und ganz besonders ist ihm das Putzen der Waffen verleidet, deren Rost ihm ein sicheres Zeichen ist, daß sie nicht zum Staate getragen wurden, sondern in Kampf und Todesnoth ihre guten Dienste geleistet haben. Da, wo der Werth eines Menschen nach etwas ganz Anderem, als nach seinem Kleide bestimmt wird, enthält ein stutzerhaftes Aeußeres gradezu eine Art von Herausforderung, und es bedarf nur einer geringen Veranlassung, um scharfe Reden zu Gehör zu bringen.

»Good day, Mesch'schurs!« grüßte der Ankömmling, indem er seine Doppelbüchse von der Schulter nahm, um sie in die Ecke zu lehnen, was einem erfahrenen Westmanne auf keinen Fall eingefallen wäre. Und sich an den Wirth wendend, welcher ihn mit halb neugierigem, halb spöttischem Blicke musterte, frug er: »Ist hier der ehrsame Master Winklay zu finden?«

»Hm, der bin ich vielleicht selber!« meinte nachlässig der Gefragte.

»Vielleicht?« klang es in etwas beleidigtem und daher spitzem Tone. »Was soll das heißen?«

»Das heißt, daß ich allerdings der Master Winklay bin, zuweilen aber auch nicht, je nachdem es mir beliebt.«

»So! Und wie beliebt es Euch denn jetzt?«

»Das kommt wohl nur darauf an, was Ihr von dem Master wollt, Sir!«

»Zunächst einen passabeln Schluck für mich und diesen Mann und dann eine Auskunft, um die ich Euch zu fragen habe.«

»Der Schluck ist da; hier nehmt ihn hin! Und die Auskunft könnt Ihr ja auch haben, so gut ich sie zu geben verstehe. Ich weiß, was ich einem Gentleman schuldig bin.«

»Laßt den Gentleman weg, Winklay; er wird an diesem Ort nicht sehr viel gelten!« befahl der Fremde, indem er das Glas mit unbefriedigter Geberde vom Munde nahm. »Meine Frage betrifft Sam Fire-gun.«

»Sam Fire-gun?« frug überrascht der Wirth. »Samuel Feuerbüchse? Was wollt Ihr mit dem?«

»Das ist wohl meine Sache, wenns Euch beliebt! Ich höre, daß er hier bei Euch zuweilen zu finden ist?«

»Hm, ja und nein, Sir. Was Euch beliebt, kann ja auch mir belieben. Gebt Ihr auf meine Frage keine Antwort, so könnt Ihr auch von mir nicht viel erwarten. Hier sitzen Leute, die Euch vielleicht auch einen Bescheid geben. Es sind zwei dabei, die Den ganz genau kennen, nach dem Ihr Euch erkundigt.«

Der Mann drehte sich um und war nicht mehr zu sprechen. Der auf so recht amerikanische Weise Zurechtgewiesene wandte sich ruhig zu den Uebrigen.

»Ist das wahr, was Winklay sagte?«

Er bekam keine Antwort. Etwas klüger wandte er sich an Pitt Holbers:

»Wollt Ihr wohl die Güte haben, mir eine Antwort zu geben, Master Schweigsamkeit?«

»Hört, Sir, mein Name lautet Holbers, Pitt Holbers, wenn Ihrs merken könnt, und wenn Ihr drei Hundert Männer zugleich fragt, so weiß Keiner, ob grad er es ist, der antworten soll. Was wollt Ihr von Sam Fire-gun?«

»Nichts, was ihm unangenehm sein könnte. Ich bin aus dem Osten herübergekommen, um mich ein Weniges im Walde umzusehen, und brauche einen Mann, bei dem man Etwas unter die Hand bekommt. Dazu ist Sam Fire-gun der Richtige, und ich will Euch daher fragen, wohin man sich zu wenden hat, um mit ihm zusammen zu treffen.«

»Möglich, daß er der Richtige wäre; aber ob ers auch sein will, das ist eine andere Frage. Ihr seht mir nicht grad aus, als ob Ihr zu ihm paßt!«

»Meint Ihr? Kann sein, aber auch nicht. Also sagt, ob Ihr eine Auskunft geben könnt und wollt!«

Der Aufgeforderte drehte sich langsam nach dem Winkel herum, in welchem Derjenige saß, der vorhin bei der Ankunft der Fremden ruhig sitzen geblieben war.

»Was meinst Du, Dik Hammerdull?«

Der Mann hatte bisher den Kopf geneigt gehalten und dem Inhalte seines Glases eine so anhaltende Aufmerksamkeit erwiesen, daß sein Auge noch gar nicht auf die zwei Fremden gefallen war. Jetzt drehte er sich herum und schob die Kopfbedeckung nach hinten, als wolle er seinem Verstande die nöthige Freiheit zu einer vernünftigen Antwort geben.

»Was ich meine, das bleibt sich gleich. Er soll den Colonel finden!«

Er drehte sich wieder ab, um von Neuem in sein Glas zu blicken. Der Schwarzbärtige aber schien mit diesem kurzen, mangelhaften Bescheide nicht zufrieden zu sein, sondern trat näher zu ihm heran.[452]

»Wer ist der Colonel, Master Hammerdull?« frug der Schwarzbärtige.

Der Gefragte sah langsam und erstaunt empor.

»Wer der Colonel ist, das bleibt sich gleich. Colonel heißt Oberst; Sam Fire-gun ist unser Oberst, folglich nennt man ihn den Colonel.«

Der Frager konnte sich über den logischen Trapper eines Lächelns nicht erwehren. Er legte ihm die Hand wie herablassend auf die Schulter und forschte weiter:

»Nur nicht hitzig, Master! Wenn man gefragt wird, so steht man Rede und Antwort, so ist es überall, und ich sehe nicht ein, warum es hier am Arkansas anders sein soll. Wo ist der Colonel zu finden?«

»Wo er zu finden ist, das bleibt sich gleich. Ihr werdet zu ihm kommen, und damit pasta!«

»Hoho, Mann, das ist mir nicht genug. Ich muß doch wissen, wo und wie dies geschehen soll!«

Dik Hammerdull machte ein noch viel erstaunteres Gesicht als vorhin. Er war der schweigsamste Mann zwischen den Seen und dem Busen von Mexiko und sollte hier zu einer langen Rede gezwungen werden? Das konnte er sich unmöglich gefallen lassen. Er nahm das Glas empor, that einen nicht enden wollenden Zug aus demselben und erhob sich dann. Erst jetzt war es möglich, ihn von Kopf bis Fuß in Augenschein zu nehmen.

Er schien von dem Modelleur der menschlichen Schöpfung als Gegenstück zu Pitt Holbers gearbeitet worden zu sein. Er war ein kleiner und außerordentlich dicker Kerl wie sie Amerika nicht sehr häufig aufzuweisen hat, von dem man nicht recht wußte, ob man sich vor ihm fürchten, oder über ihn lachen solle. Sein kurzer, runder Körper stak in einem aus Büffelleder gefertigten Sacke, dessen ursprünglicher Stoff jedoch nicht mehr gegenwärtig war, denn eine jede Blessur des alten Kleidungsstückes war durch Aufheftung des ersten besten Stückes ungegerbten Felles oder irgend einer andern fraglichen Materie derartig geheilt worden, daß mit der Zeit Flick an Flick und Fleck an Fleck gekommen war und die Reperaturstücke wie die Ziegel eines Daches über und auf einander lagen. Dazu war der Sack jedenfalls für eine weit längere Person verfertigt worden und hing ihm fast bis auf die Knöchel hernieder. Er hatte sich gar nicht die Mühe gegeben, die viel zu langen Aermel zu kürzen, sondern einfach in die Vorderseite derselben ein Loch geschnitten, durch welches er die Hände steckte. Die Beine staken in zwei Futteralen, die man weder Stiefel oder Schuhe noch Strümpfe und Gamaschen nennen konnte, und auf dem Kopfe[465] trug er einen formlosen Gegenstand, der vor Zeiten einmal eine Pelzmütze gewesen sein konnte, jetzt aber vollständig haarlos war und ganz das Aussehen eines umgestülpten Bärenmagens hatte. Das wetterharte Gesicht, aus welchem zwei kleine Aeuglein hervorblinzelten, zeigte nicht die geringste Spur eines Bartwuchses und war von zahlreichen Schmarren und Narben durchzogen, die ihm ein außerordentlich kriegerisches Aussehen gaben. Bei näherer Betrachtung konnte man bemerken, daß ihm nicht nur mehrere Finger, sondern auch beide Ohren fehlten, und wer genau auf die Haare und die unter ihnen hervorschimmernde, hochgeröthete Kopfhaut achtete, war der Entdeckung nahe, daß er eine Perrücke trug, nicht etwa eines Kahlkopfes wegen, sondern weil ihm bei einem unglücklichen Zusammentreffen mit den Indianern der Scalp genommen worden war. Seine Waffenausrüstung war ganz die gewöhnliche; sie zeigte nichts Außerordentliches; aber die Büchse, welche er vor sich auf dem Tische liegen hatte, verdiente vollkommen, näher betrachtet zu werden. Sie hatte ganz die Gestalt eines alten Knüttels, der aus dem Dickicht gebrochen war, um bei der ersten besten Schlägerei eine Rolle zu spielen. Das Holzzeug hatte seine ursprüngliche Gestalt und Form verloren, war zerschnitten, zerkerbt und zerspalten, als hätten die Ratten ihr Spiel damit gehabt, und zwischen ihm und dem verlaufenen Rohre hatte sich eine solche Menge von Schmutz und Ungehörigkeit angesetzt, daß Holz, Schmutz und Eisen ein vollständiges Ganze bildeten und gar nicht von einander zu unterscheiden waren. Selbst der beste europäische Schütze hätte es nicht gewagt, aus dem alten Prügel einen Schuß zu thun, aus Angst, das Ding müsse sofort zerspringen, und doch stößt man noch heut in der Prairie auf derlei unscheinbares Schießzeug, aus welchem ein Anderer nie eine gute Kugel bringt, obgleich der Besitzer sicher keinen Schuß thut, der sein Ziel verfehlt.

Er stand jetzt aufrecht vor dem Fremden und sah mit unbeschreiblichem Augenzwinkern zu ihm empor.

»Wo und wie dies geschehen soll, das bleibt sich gleich. Glaubt Ihr denn, Sir, daß Dik Hammerdull auf dem College zu So und So zehn Jahre lang herumgelaufen ist, um Reden zu studiren? Was ich sage, das sage ich; mehr nicht, und wem es zu wenig ist, der mag sich seine Predigt von einem Andern halten lassen. Wir sind hier auf Savannenland, wo man den Athem zu nothwendigeren Dingen als zum Schwatzen braucht. Merkts Euch!«

»Dik Hammerdull, Ihr seid doch auf dem College gewesen, denn Ihr könnt reden trotz des besten Mormonentreibers. Aber mir zu sagen, was ich wissen will, das habt Ihr doch vergessen. Ich frage noch einmal: Auf welche Weise und wann und wo soll ich auf Sam Fire-gun treffen?«

»Beim Teufel, Mann, nun hab ich's satt! Ihr habt gehört, daß Ihr ihn finden werdet, und das ist vollauf genug. Setzt Euch zu Eurem Glase und wartet die Sache ab. Ich lasse mir meinen Katechismus von keinem Green-horn abexaminiren!«

»Green-horn? Habt Ihr etwa Lust, mit meinem Messer Bekanntschaft zu machen?«

»Psaw, Sir! Was geht mich Euer Kneif an? Nehmt ihn zum Käferstechen oder rasirt meinetwegen Laubfrösche damit, Dik Hammerdull aber ist nicht der Mann, sich vor Eurer Spicknadel zu fürchten. Euer Auftreten ist nicht das eines Westmannes; ich sage es also noch einmal, ob es Euch gefällt oder nicht, das bleibt sich gleich: Ihr seid ein Green-horn, sorgt dafür, daß es anders wird!«

»Well, so soll es auf der Stelle anders werden!«

Er trat in die Ecke zurück, in welcher seine Büchse lehnte, ergriff sie, zog den Hahn zurück und gebot:

»Master Hammerdull, wo ist Euer Colonel zu finden? Ich gebe Euch nur eine Minute Zeit; ist meine Frage dann noch nicht beantwortet, so antwortet Ihr überhaupt nicht mehr. Wir sind auf Savannenland, wo Jeder sich das Gesetz selbst zu machen hat!«

Der Angeredete blickte mit der gleichgültigsten Miene in sein Glas; es war ihm nicht im Mindesten anzumerken, daß er die Aufforderung wirklich vernommen habe. Die Andern freuten sich des willkommenen Streites, der ihnen Unterhaltung bot, und blickten erwartungsvoll von einem der Gegner zu dem andern. Nur Pitt Holbers schien im Voraus von der Art und Weise des Ausganges überzeugt zu sein, steckte die hagerer Finger gemüthlich zwischen Leib und Gürtel und streckte die unendlichen Beine so weit wie möglich von sich, als seien sie ihm bei der Beobachtung seines schweigsamen Freundes im Wege.

»Nun, Master, die Minute ist vorüber! Bekomme ich Antwort oder nicht? Ich zähle: Eins – – zwei – – Dr – – –«

Er vermochte nicht, die gefährliche »Drei« auszusprechen. Bis zur »Zwei« hatte Hammerdull regungslos und gleichgültig dagesessen, dann aber mit Gedankenschnelle, die ihm ein Unbekannter wohl nicht zugetraut hätte, die alte Büchse ergriffen; in demselben Momente war sie gerichtet; es blitzte auf, der Schuß krachte mit hundertfacher Stärke in dem engen Raume, und das zerschmetterte Gewehr des Fremden flog aus der Hand desselben auf den Boden nieder. Aber schon im nächsten Augenblicke lag er selbst am Boden, und Dik knieete mit gezücktem Messer auf seiner Brust.

»Nun, Green-horn, sag ›Drei,‹ damit ich Antwort gebe!«

»Zum Teufel, Master, laßt mich auf; es war ja gar nicht so ernst gemeint. Ich hätte nicht geschossen!«

»Das kann man hernach gut sagen. Nicht geschossen? Also ein Theaterstreich mit dem alten Trapper, den sie Dik Hammerdull nennen? Lächerlich, rein lächerlich! Aber ob Du geschossen hättest oder nicht, das bleibt sich gleich, mein Junge. Du hast die Büchse auf einen Westmann gerichtet und damit nach Savannenrecht die Klinge erworben. Jetzt zähle ich: Eins – – Zwei – –«

Der Ueberwältigte machte eine kraftvolle, aber vergebliche Anstrengung, loszukommen.

»Stecht nicht, Master; der Colonel ist mein Oheim!«[466]

Der Trapper nahm das Messer zurück, doch ohne den Gegner frei zu geben.

»Der Colonel – –? Euer Ohm – –? Das sagt wem Ihr wollt; ich aber will mich bedenken, ehe ich es glaube!«

»Es ist so. Er würde es Euch wenig Dank wissen, wenn er hörte, was Ihr mir gethan!«

»So! Hm! Na, ob Ihr wirklich sein Neffe seid oder nicht, das bleibt sich gleich; ich hätte Euch doch blos ein Wenig gekitzelt, um Euch eine gute Lehre zu geben. Einem Green-horn geht mein Messer nicht an's Leben, dazu ist's zu gut. Steht auf!«

Er erhob sich und trat zu seinem Tisch zurück, auf welchen er vorhin die Büchse geworfen hatte. Sie aufnehmend, begann er, den abgeschossenen Lauf von Neuem zu laden. Sein Gesicht glänzte vor Liebe und Sorgfalt, mit der er dieses Geschäft vornahm, und seine kleinen, leuchtenden Augen waren mit einem Blicke auf das alte Schießzeug gerichtet, welcher deutlich bekundete, daß die Waffe ihm an das Herz gewachsen sei.

»Ja, ein Gewehr wie die Mary giebt's nicht gleich wieder!« meinte der Wirth, der dem Vorgange in aller Seelenruhe zugeschaut hatte und sich wenig um den Rauch kümmerte, welcher das Gemach erfüllte.

»Will es meinen, alter Brandythiner,« meinte Hammerdull wohlgefällig. »Die Mary ist gut und stets bei der Hand, wenn ich sie brauche.«

»Sag, Dik, warum Du ihr grad diesen Namen gegeben hast!«

»Warum? Hm, das bleibt sich gleich; aber als ich noch in den ersten Leggins herumstolperte, da kannte ich Eine, das war die Mary Kroners, ein Mädchen wie – wie, na wie es keine Andre geben konnte. Die wurde von den Indsmen ausgelöscht, als sie die Farm ihres Vaters überfielen, und seit diesem Tage ist Dik Hammerdull hinter ihnen her und kennt keine größere Freude, als eine Rothhaut auszublasen. Eine Mary aber muß er haben; soll da die Büchse etwa anders heißen, he?«

In diesem Augenblicke öffnete sich die Thür geräuschlos, und ohne daß die an den Fenstern Sitzenden das Kommen irgend Jemandes bemerkt hatten, trat leisen, unhörbaren Schrittes ein Mann ein, den man trotz der Trapperkleidung auf den ersten Blick als Indianer erkennen mußte.

Sein Gewand war sauber und sichtlich gut gehalten, eine außerordentliche Seltenheit von einem Angehörigen seiner Rasse. Sowohl der Jagdrock als die Leggins waren von weichgegerbtem Büffelkalbleder, in dessen Bereitung die Indianerfrauen Meisterinnen sind, höchst sorgfältig gearbeitet und an den Nähten zierlich ausgefranst; die Mocassins waren aus Elennhaut und nicht in fester Fußform, sondern in Bindestücken gefertigt, was dieser Art von Fußbekleidung neben erhöhter Dauerhaftigkeit auch eine größere Bequemlichkeit verleiht. Die Kopfbedeckung fehlte; an ihrer Stelle war das reiche, dunkle Haar in einen Knoten geschlungen, welcher turbanartig auf dem stolz erhobenen Haupte thronte. Der Sohn der Wildniß hatte verschmäht, seine kühne Stirn zu bedecken.

Nachdem sein dunkles, scharfes Auge mit adlerartigem Blicke über die Gesellschaft geflogen war, schritt er zu dem Tische, an welchem Dik Platz genommen hatte. Er kam grad zu dem Unrechtesten, denn dieser hatte soeben an die gemordete, einstige Geliebte gedacht und sich auf seinen Grimm besonnen.

»Was willst Du hier bei mir, Rothhaut? Dieser Platz ist mein. Geh', such Dir einen andern!«

»Der rothe Mann ist müd; sein weißer Bruder wird ihn ruhen lassen!« antwortete der Indianer mit sanfter Stimme.

»Müd' oder nicht, das bleibt sich gleich. Ich kann Dein rothes Fell nicht leiden!«

»Ich bin nicht Schuld daran; der große Geist hat mir's gegeben.«

»Von wem Du es hast, das bleibt sich gleich; geh' fort, ich mag Dich nicht!«

Der Indianer nahm die Büchse von der Schulter, stemmte den Kolben auf den Boden, legte die gekreuzten Arme über die Mündung des Laufes und frug, jetzt ernster werdend.

»Ist mein weißer Bruder der Herr von diesem Hause?«

»Das geht Dich Nichts an.«

»Du hast recht gesagt; es geht mich Nichts an und Dich Nichts, darum darf der rothe Mann grad so sitzen, wie der weiße.«

Er ließ sich nieder. Es lag in der nachdrücklichen Art und Weise, wie er dies sagte, etwas, was den mürischen Trapper imponiren mochte. Er ließ ihn jetzt gewähren.

Der Wirth trat herbei.

»Was willst Du hier in meinem Hause?«

»Gieb mir Brod zu essen und Wasser zu trinken!«

»Hast Du Geld?«

»Wenn Du in mein Wigwam kämst und um Speise bätest, würde ich sie Dir ohne Geld geben. Ich habe Gold und Silber.«

Das Auge des Wirthes blitzte auf. Ein Indianer, der Gold und Silber hat, ist eine willkommene Erscheinung an jedem Orte, wo das verderbliche Feuerwasser zu haben ist. Er ging und kehrte bald mit einem mächtigen Kruge Branntweines zurück, welches er neben dem bestellten Brode vor den Gast setzte.

»Der weiße Mann irrt; solch' Wasser habe ich nicht begehrt!«

Erstaunt blickte ihn der Wirth an. Er hatte noch niemals einen Indianer gesehen, der dem Geruch des Spiritus hätte zu widerstehen vermocht.

»Was denn für welches?«

»Der rothe Mann trinkt nur das Wasser, welches aus der Erde kommt.«

»So kannst Du hingehen, wo Du hergekommen bist. Ich bin hier, um Geld zu verdienen, nicht aber, um Deinen[467] Wasserträger zu machen! Bezahl das Brod und troll Dich fort!«

»Dein rother Bruder wird bezahlen und gehen, doch nicht eher, als bis Du ihm verkauft hast, was er noch braucht.«

»Was willst Du noch?«

»Du hast ein Store, wo man kaufen kann?«

»Ja.«

»So gieb mir Tabak, Pulver, Kugeln und Feuerholz.«

»Tabak sollst Du haben; Pulver und Kugeln aber verkaufe ich an keinen Indsman.«

»Warum nicht?«

»Weil sie Euch nicht gehören.«

»Deinen weißen Brüdern aber gehören sie?«

»Das will ich meinen!«

»Wir Alle sind Brüder; wir Alle müssen sterben, wenn wir kein Fleisch schießen können; wir Alle müssen Pulver und Kugeln haben. Gieb mir, um was ich Dich gebeten habe!«

»Du bekommst sie nicht!«

»Ist dies Dein fester Wille?«

»Mein fester!«

Sofort hatte ihn der Indianer mit der Linken bei der Kehle und zuckte mit der Rechten das blitzende Bowiemesser.

»So sollst Du auch Deinen Brüdern nicht mehr Pulver und Kugeln geben. Der große Geist läßt Dir nur einen einzigen Augenblick noch Zeit. Giebst Du mir, was ich will, oder nicht?«

Die Jäger waren aufgesprungen und machten Miene, sich auf den muthigen Wilden zu stürzen, unter dessen eisernem Griffe sich der Wirth stöhnend wand. Er aber hielt sich rückenfrei und rief, den Kopf stolz emporwerfend, mit dröhnender Stimme:

»Wer wagt es, Winnetou, den Häuptling der Apachen, anzutasten?!«

Das Wort hatte eine überraschende Wirkung.

Kaum war es ausgesprochen, so traten die Angriffsbereiten mit allen Zeichen der Achtung und Ehrerbietung von ihm zurück. Winnetou war ein Name, der selbst dem kühnsten Jäger und Fallensteller Respect einflößen mußte.

Der Indianer war der berühmteste Häuptling der Apachen, deren bekannte Feigheit und Hinterlist ihnen früher unter ihren Feinden den Schimpfnamen »Pimo« zugezogen hatte; doch seit er zum Anführer seines Stammes gewählt worden war, hatten sich die Feiglinge nach und nach in die geschicktesten Jäger und verwegensten Krieger verwandelt; ihr Name wurde gefürchtet weit über den Kamm des Gebirges herüber, ihre muthigen Unternehmungen waren stets vom besten Erfolge begleitet, obgleich sie nur in geringer Männerzahl und mitten durch feindliches Gebiet hindurch ihre Streifzüge bis in den fernen Osten hinein ausdehnten, und es gab eine Zeit, in welcher an jedem Lagerfeuer und im kleinsten Boarraume ebensowohl wie im Salon des feinsten Hotels Winnetou mit seinen Apachen den stehenden Gegenstand der Unterhaltung bildete. Jedermann wußte, daß er schon öfters ganz allein und ohne alle Begleitung außer derjenigen seiner Waffen über den Missisippi herübergekommen war, um die »Dörfer und Hütten der Bleichgesichter« zu sehen und mit dem »großen Vater der Weißen«, dem Präsidenten in Washington zu sprechen. Er war der einzige Häuptling der noch ununterjochten Stämme, welcher den Weißen nicht übel wollte, und es ging die Rede, daß er sogar ein sehr enges Freundschaftsbündnis mit Fire-gun, dem berühmtesten Trapper und Pfadfinder des Westens geschlossen habe.

Niemand wußte zu sagen, woher dieser weit und breit bekannte und von allen Indianern gefürchtete Jäger stamme. Er hielt nur einige wenige Auserwählte um sich versammelt, tauchte bald hier und bald da mit ihnen auf, und wo einmal von so einem echten, rechten Trapperstücke erzählt wurde, da war sein Name gewiß mit dabei, und es gingen Berichte über ihn im Schwange, an deren Wahrheit man fast hätte zweifeln können, da er nach ihnen immer neue Abenteuer ausführte, bei denen ein Andrer ganz sicher zu Grunde gegangen wäre, und die ihn mit einem Nimbus umhüllten, dessen Zauber sich besonders in dem allgemeinen Verlangen der Jäger, ihn kennen zu lernen, kund gab.

Aber das war nicht so leicht. Niemand kannte den Ort, der ihm und den Seinen als Sammelplatz und Ausgangspunkt ihrer Streifereien diente, und eben so wenig vermochte man den Zweck zu bestimmen, der ihn im wilden Westen hielt. War er einmal in irgend einer Ansiedelung erschienen, so hatte er ganz gewiß nicht mehr Felle mitgebracht, als zum Eintausche von Proviant und Munition unumgänglich nothwendig war, und war dann stets sofort wieder spurlos verschwunden. Er gehörte also jedenfalls nicht zu den Jägern, welche sich durch die Jagd die Mittel zu einem späteren, gemüthlichen Leben zu erwerben trachten; er mußte vielmehr ganz andre Absichten verfolgen, über welche aber Nichts verlautete, weil er nie Umgang pflog und jedem Versuche der Annäherung behutsam aus dem Wege ging.

»Laß los,« rief der Wirth. »Wenn Du Winnetou bist, so sollst Du Alles haben, was Du verlangst!«

»Hugh!« tönte es in befriedigtem Gutturaltone. »Der große Geist läßt Dir dies Wort sagen, Du Mann mit den rothen Haaren, sonst hätte ich Dich zu Deinen Vätern versammelt und Jeden dazu, der es verhindern wollte!«

Er gab ihn frei und trat, während Winklay hinausging, um im Vorrathsraume nach dem Verlangten zu suchen, zu Hammerdull heran.

»Warum sitzt der weiße Mann hier und feiert, während den rothen Feinden nach seinem Wigwam verlangt?«

Dik sah vom Glase auf.

»Ob ich hier sitze oder wo anders, das bleibt sich gleich. Kennt mich der große Häuptling der Apachen?«[468]

»Winnetou hat Dich noch nicht gesehen, aber er erblickt das Zeichen seines tapfern Freundes und weiß nun, daß Du einer seiner Männer bist. Soll Fire-gun, der große Jäger, allein kämpfen um die Scalps der Ogellallah, die nach ihm suchen?«

»Ogellallah?« Dik Hammerdull schnellte in die Höhe, als habe er eine Klapperschlange unter dem Tische erblickt, und auch Pitt Holbers stand mit einem einzigen Schritte seiner langen Beine vor dem Indianer. »Was weiß der rothe Mann von den Ogellallah's?«

»Eile zu Deinem Häuptling; Du wirst es bei ihm erfahren!«

Er wandte sich um zu dem Wirthe, welcher wieder eingetreten war, knüpfte die Pulver-, Kugel- und Proviantbeutel vom Gürtel los, ließ sich dieselben füllen und fuhr dann mit der Hand unter das weißgraue Jagdhemde.

»Winnetou wird geben dem Manne mit den rothen Haaren auch rothes Metall!«

Winklay nahm die Bezahlung in Empfang und betrachtete das schwere Stück mit unverkennbarem Entzücken.

»Gold, ächtes, blankes, massives Gold, vierzig Dollars unter Brüdern werth! Indsmann, wo hast Du es her?«

»Pshaw!«

Er sprach das Wort mit geringschätzigem Achselzucken aus und war im nächsten Augenblicke aus der Stube verschwunden.

Der Wirth sah die Andern mit offenem Munde an.

»Hört, Gentlemen, der rothe Hallunke scheint mehr Gold zu besitzen, als wir Alle mit einander. Habe mein Pulver noch nie so gut bezahlt erhalten, wie von ihm. Wäre doch der Mühe werth, ihm einmal nachzugehen, denn daß er von dieser Sorte noch mehr bei sich führt und sein Pferd hier irgendwo stecken hat, das ist so sicher wie die Klinge am Griffe!«

»Wollts Euch nicht rathen, Mann,« antwortete Dik Hammerdull, indem er sich zum Gehen rüstete. »Winnetou, der Apache, ist nicht Derjenige, welcher sich auch nur einen Schroot nehmen läßt. Ob er Gold hat oder nicht, das bleibt sich gleich, aber bekommen thut es Keiner!«

Auch Pitt Holbers warf seine Rifle über die Schulter und meinte:

»Müssen fort, Dik, fort, so rasch wie möglich. Der Indsman ist allwissend, und mit den Hunden von Ogellallah's, hol' sie der Teufel, muß es also seine Richtigkeit haben. Aber was wird denn nun mit den Männern dort, he?«[481]

Er zeigte bei diesen letzten Worten auf die Fremden.

»Hab' gesagt, daß sie mitgehen, und wird auch so bleiben!« antwortete der Dicke und wandte sich zu dem Schwarzbärtigen.

»Wenn Ihr Sam Fire-gun sehen wollt, so ist's jetzt Zeit aufzubrechen, aber sagt vorher erst, wie Ihr heißt! Ob Ihr einen Namen habt oder nicht, das bleibt sich zwar ganz gleich, aber man muß doch wissen, wie man Euch zu nennen hat.«

Der Gefragte erhob sich, um sich mit seinem Begleiter den beiden Trappern anzuschließen.

»Ich heiße Sander, Heinrich Sander und bin ein Deutscher von Geburt.«

»Ein Deutscher? Hm, ob Ihr ein Chinese seid oder ein Großtürke, das bleibt sich gleich, da Ihr aber ein Deutscher seid aus Germany da drüben, so ist es mir um so lieber und auch besser für Euch, denn die Deutschen sind brave Männer; kenne sie, und bin Manchem von ihnen begegnet, der die Büchse zu halten verstand, daß er den Büffel in's Auge traf. Vorwärts also, Mann. Wir müssen lange Beine reiten!«

Die vier Männer traten in's Freie. Dort steckte Hammerdull die Finger in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus, auf welchen zwei aufgezäumte Pferde hinter der Fenz hervorgetrabt kamen.

»So, da sind die Thiere. Nun hinauf und fort, Master Sander und – ja, wie soll man denn Euch nennen?« frug er den Andern.

»Peter Wolf heiße ich,« antwortete dieser.

»Peter Wolf? Verteufelt miserabler Name! Es ist zwar ganz gleich, ob Ihr John oder Tim oder meinetwegen Bill heißt, aber Peter Wolf, das bricht Einem ja die Zunge entzwei und schiebt die Zähne auseinander. Na also, steigt auf und macht, daß wir in den Wald und dann in die Prairie hinein kommen!«

»Wo ist denn der Indianer hin?« frug Sander.

»Der Apache? Wo der hin ist, das ist ganz egal, das bleibt sich sogar gleich. Er weiß am Besten, wohin er zu gehen hat, und ich wette meine Stute gegen einen Ziegenbock, daß wir ihn grad da wiedertreffen, wo er es für gut hält und wo wir ihn am Nöthigsten brauchen.«

Die Wette hätte ihre lustige Seite gehabt, denn es wäre gar Mancher wohl schwerlich bereit gewesen, einen guten, wohlgehaltenen Ziegenbock gegen die alte, steifbeinige Stute zu setzen, die jedenfalls eine ansehnliche Reihe von Jahren auf dem messerscharfen Rücken trug und eher einem Bastarde zwischen Ziege und Esel, als einem brauchbaren Pferde ähnlich sah. Ihr Kopf war unverhältnißmäßig groß, schwer und dick; von einem Schwanze war absolut keine Rede mehr, denn wo früher vielleicht ein kräftiger Haarschweif herabgehangen hatte, da ragte jetzt ein kurzer, spitziger und knochiger Stummel in die Höhe, an welchem man selbst bei Anwendung eines Mikroscopes nicht eine einzige Haarspur entdeckt hätte. Ebenso fehlte die Mähne vollständig. An ihrer Stelle war ein wirrer, schmutziger Flaumfederstreifen zu erkennen, welcher zu beiden Seiten des Halses in die langzottige Wolle überging, mit welcher der knochendürre Leib bedeckt war. An den mühsam zusammengehaltenen Lippen konnte man erkennen, daß das liebe Thier wohl keinen einzigen Zahn mehr besitze, und die kleinen, tückisch schielenden Augen ließen vermuthen, daß »Mirjam«, wie Hammerdull seine Stute nannte, einen nicht sehr liebenswürdigen Character besitze.

Doch hätte nur der im Westen Unbekannte über die alte Rosinante lächeln können. Diese Art von Thieren hat gewöhnlich ein halbes Menschenalter hindurch dem Reiter in Noth und Gefahr gedient, in Wind und Wetter, in Sturm Schnee, Hitze und Regen treu und muthig zu ihm gehalten, ist ihm daher an das Herz gewachsen und besitzt selbst noch im hohen Alter schätzenswerthe Eigenschaften, welche ihn nicht leicht zu einem Wechsel schreiten lassen. So wußte jedenfalls auch Dik Hammerdull, warum er seine Mirjam beibehielt und nicht einen jungen, kräftigen Mustang an ihrer Stelle unter den Sattel nahm.

Auch Pitt Holbers war nicht sehr prachtvoll beritten. Er saß auf einem kleinen, kurzen und dicken Hengst, der so niedrig war, daß die langen, unendlichen Beine des Reiters fast an der Erde schleiften. Doch waren trotz der nicht geringen Last die Bewegungen des Thieres so leicht und zierlich, daß man ihm schon Etwas zutrauen durfte.

Was die Pferde der beiden Andern betraf, so stammten sie offenbar aus einer ruhigen Farm des Ostens und hatten also die Aufgabe, ihre Brauchbarkeit im Laufe der Zeit erst noch zu beweisen.

Der scharfe Ritt ging bis gegen Abend hin durch den hohen Wald. Sodann erreichte man die offene Prairie, welche, von gelbblühendem Helianthus bedeckt, sich wie ein prachtvoller Teppich nach allen Seiten hin erstreckte und in einer weiten, unendlichen Ebene sich gegen den graugefärbten Horizont verlief.

Die Pferde hatten sich heut ausgeruht, und so konnte man noch ein gutes Stück in die Savanne hineinreiten, ehe ein Nachtlager errichtet wurde. Erst als die Sterne schon am Himmel standen und der letzte Strahl der Sonne längst verschieden war, hielt Hammerdull seine Mirjam an.

»Stop,« meinte er; »hier hat der Tag ein Ende, und wir können uns ein Wenig in unsre Decken wickeln! Meinst du nicht, Pitt Holbers, altes Coon?«

Coon ist die gebräuchliche Abkürzung von Racoon, der Waschbär, und wird zwischen den Jägern unter allerlei Bedeutung gern als Anrede gebraucht.

»Wenn Du denkst, Dik,« antwortete brummend der Gefragte, indem er unternehmend in die Ferne schaute. »Aber wäre es nicht besser, wir legten noch eine Meile hinter uns oder drei und fünf? Beim Colonel sind jedenfalls vier tüchtige Arme und zwei gute Büchsen nothwendiger, als hier auf der Wiese, wo die Käfer summen und die Nachtfalter Einem um die Nase streichen, als gäbe es in der ganzen Welt keine Rothhaut auszulöschen.«

»Das mit den Käfern und Rothhäuten, das bleibt sich[482] gleich. Wir haben hier zwei Männer, welche die Savanne noch nicht gekostet haben und müssen ihnen Ruhe gönnen. Sieh' nur, wie hier der Braune von Peter Wolf – verdammt schwerer Name – also, wie der Braune schnauft, als hätte er den Niagarafall in der Kehle! Und der Fuchs, auf dem der Sander hängt, dem tropft ja das Wasser aus dem Barte. Herab also; mit Tagesgrauen gehts weiter!«

Die beiden Deutschen waren des langen Reitens ungewohnt und also wirklich müd geworden. Sie leisteten dem Aufrufe also augenblicklich Folge. Die Pferde wurden an den langen Lasso's angepflockt, und nachdem man ein frugales Abendbrot zu sich genommen und die Wachen bestimmt hatte, legte man sich in den weichen Rasen.

Am Morgen ging es weiter. Die beiden Trapper waren schweigsame Männer, die nicht gern ein Wort mehr sprachen, als unumgänglich nothwendig war; man befand sich ja jetzt nicht mehr im sichern Store, wo man diese oder jene Geschichte unbesorgt vom Stapel lassen konnte, sondern in der Savanne, wo man keinen Augenblick ohne Vorsicht und sorgfaltige Umschau vergehen lassen durfte, und die Nachricht, welche Winnetou gebracht hatte, war geeignet genug, selbst redseligere Zungen im Zaume zu halten. So kam es, daß Sander die Erkundigungen, welche er während des ganzen Tages auf den Lippen gehabt hatte, zurückhielt, und als er sie am Abende auf dem Lagerplatze aussprechen wollte, fand er so verschlossene Ohren, daß er sich unbefriedigt in seine Decke wickelte und den Schlaf suchte.

So ging es mehrere Tage fast wortlos aber in immer gleicher Eile in die Prairie hinein, bis am fünften Tage gegen Abend Hammerdull, welcher an der Spitze ritt, plötzlich sein Pferd anhielt und im nächsten Augen blick im Grase kauerte, um den Boden mit sichtlicher Aufmerksamkeit zu betrachten.

»Have care, Pitt Holbers, wenn hier nicht Einer vor noch ganz kurzer Zeit geritten ist, so lasse ich mich von Dir auffressen. Steig ab und komm herbei!«

Holbers trat mit dem linken Beine auf die Erde, zog dann das rechte über den Rücken seines dicken Hengstes herüber und bückte sich, um die Spur zu prüfen.

»Wenn Du denkst, Dik,« brummte er zustimmend, »so meine ich, daß es ein Indianer gewesen ist.«

»Ob es eine Rothhaut gewesen ist oder nicht, das bleibt sich gleich, aber das Pferd eines Weißen giebt eine andre Spur als diese da. Steig' wieder auf und laß mich machen.«

Er verfolgte zu Fuße die Hufeindrücke, während seine erfahrene und verständige Mirjam langsam und freiwillig hinter ihm hertrollte. Nach einigen Hundert Schritten blieb er halten und wandte sich zurück:

»Steig wieder ab, altes Coon, und sage mir, wen wir da vor uns haben!«

Er deutete mit dem Zeigefinger auf die Erde, Holbers bog sich herab und unterwarf die Stelle einer sehr genauen Prüfung.

»Wenn Du denkst, Dik, daß es der Apache ist, so sollst Du Recht haben. Dieselben ausgezackten Fransen, wie hier eine an dem Cactus hängt, trug er damals im Store an den Mocassins. Ich habe dergleichen noch bei keiner Rothhaut bemerkt, da sie gewöhnlich nur grad ausgeschnitten werden. Er ist hier abgestiegen, um sich irgend Etwas anzusehen, und dabei haben ihm die Stacheln die Franse abgerissen. Ich denke – – – behold, Dik, schau' hier rechts! Was für Füße sind das wohl gewesen?«

»Bei Deinem Barte, Pitt, das ist ein scoundrel, so ein Schuft von Indsman, der von dort seitwärts kam und hier abgebogen ist, was meinst Du?«

»Hm! Der Apache hat ein heidenmäßig scharfes Auge; ihm ist wahrhaftig gleich die erste Spur des Mannes in's Gesicht gefallen, und wer weiß, wie lange wir schon auf der seinigen herumgeschnobert sind, ohne sie zu bemerken.«

»Ob wir sie bemerkt haben oder nicht, das bleibt sich gleich. Wir haben sie ja gefunden, und das ist genug. Aber eine Rothhaut läuft nicht so einzeln hier mitten in der Savanne herum. Er wird in der Nähe seine Mähre stehen haben, und nicht weit davon hält sicher eine ganze Anzahl Pfeilmänner und führt irgend eine Teufelei im Schilde. Laßt uns einmal Umschau halten, ob nicht Dieses oder Jenes zu bemerken ist, an das wir uns greifen können!«

Er suchte den Horizont sorgfältig ab und schüttelte dann unbefriedigt mit dem Kopfe.

»Hört, Sander, Ihr habt da ein Futteral an der Seite hängen. Warum macht Ihr es nicht auf? Steckt etwa ein Vogel drin, der Euch nicht fortfliegen soll?«

Sander öffnete das Etui, zog ein Fernrohr hervor und reichte es dem Trapper vom Pferde herab. Dieser stellte es, brachte es vor das Auge und begann seine Untersuchung von Neuem.

Nach kurzer Zeit zog er die Augenbrauen zusammen und meinte mit listigem Blinzeln:

»Hier hast Du einmal das Glas, Pitt Holbers. Sieh da hinauf, und sage mir, was das für eine lange, grade Linie ist, welche sich von Osten her längs des nördlichen Horizontes bis hinüber nach Westen zieht?«

Holbers folgte der Weisung. Dann nahm er das Rohr vom Auge und rieb sich bedachtsam seine lange, scharfe und spitzige Nase.

»Wenn Du denkst, Dik, daß es der Railway ist, die Eisenbahn, die sie da hinüber nach Kalifornien gelegt haben, so bist Du nicht so dumm, als wie man denken sollte.«

»Dumm –? Dik Hammerdull und dumm! Kerl, ich kitzle Dich mit meiner Klinge zwischen die Rippen, daß Dir der lange Athem wie ein morsches Schiffsthau aus dem großen Maule läuft! Dik Hammerdull und dumm! Hat man jemals so Etwas gehört? Uebrigens, ob er dumm ist oder nicht, das bleibt sich gleich; aber wer ihn für billiger kaufen will, als er ist, der mag wohl zusehen, daß er sich nicht verrechnet. Was aber hat denn eigentlich der Railway mit der Rothhaut zu thun, die von da hinübergeschlichen ist,[483] Pitt Holbers, Du Ausbund von allen möglichen Arten der Weisheit, he?«

»Hm, wann kommt wohl der nächste Zug, Dik?«

»Weiß nicht genau, denke aber, daß er noch heut hier vorübergeht.«

»Dann haben es die Rothen sicher auf ihn abgesehen.«

»Sollst Recht haben, altes Coon. Aber von welcher Seite wird er kommen – von hüben oder von drüben?«

»Da mußt Du nach Omaha und San Franzisko gehen, wo man Dir Auskunft geben wird; auf meinem Rocke aber klebt kein Tarif!«

»Wills dem alten Fetzen auch nicht zumuthen. Doch, ob er vom Osten kommt oder vom Westen, das bleibt sich gleich; wenn er nur kommt, dann haben sie ihn. Ob wir aber ruhig zugeben, daß sie ihn anhalten und den Passagieren Scalp und Leben nehmen, daß ist eine andre Sache. Was sagst Du dazu?«

»Halte es ganz für unsre Pflicht, ihnen einen Strich übers Gesicht zu machen.«

»Ganz meine Meinung. Also abgestiegen und vorwärts. Ein Mann hoch zu Roß wird von den Spürnasen eher bemerkt als Einer, der fein demüthig den Weg unter die eigenen Füße nimmt. Wollen doch sehen, in welchem Loche sie stecken. Aber schußfertig halten, Ihr Männer, denn wenn sie uns bemerken, dann ist die Büchse das Erste, was wir brauchen!«

Sie schlichen sich langsam und mit außerordentlicher Vorsicht vorwärts. Die Spuren, denen sie folgten und welchen sich auch diejenigen des Apachen beigesellt hatten, führten erst an das Tracée der Bahn und dann diesem immer entlang, bis man von fern einige wellenförmige Erhöhungen des Bodens bemerkte.

Jetzt hielt Dik Hammerdull wieder an.

»Wo die Schufte stecken, das bleibt sich natürlich gleich, aber ich lasse mich so lang braten, bis ich so hart und dürr geworden bin wie Master Holbers, wenn sie sich nicht dort hinter das Zwerggebirge zurückgezogen haben. Wir können nicht weiter, denn – –«

Das Wort blieb ihm im Munde stecken, aber in demselben Augenblicke hatte er auch seine alte Büchse an der Wange, senkte sie jedoch auch sofort wieder herab. Ueber die jenseitige Böschung des Bahndammes hatte sich eine Gestalt erhoben, schnellte sich mit katzenhafter Geschmeidigkeit über den Schienenweg herüber und stand im nächsten Momente vor den vier Männern. Es war der Apache.

»Winnetou hat die guten Bleichgesichter kommen sehen. Sie haben die Spur des Ogellallah entdeckt und werden das Feuerroß retten vor dem Untergange?«

»Heigh-day,« meinte Hammerdull; »ein Glück, daß es kein Andrer war, denn er hätte meine Kugel geschmeckt und wir hätten uns durch den Schuß verrathen! Aber wo hat der Häuptling der Apachen sein Pferd? Oder befindet er sich ohne Thier im wilden Lande?«

»Das Pferd des Apachen ist wie der Hund, welcher sich gehorsam niederstreckt und wartet, bis sein Herr zurückkehrt. Er hat gesehen die Ogellallah vor vielen Sonnen und ist gegangen an den Fluß, den seine weißen Brüder Arkansas nennen, weil er glaubte, zu sehen seinen Freund Sam Fire-gun, den großen Jäger, welcher nicht im Wigwam war. Dann ist er wieder gefolgt den bösen rothen Männern und wird nun warnen das Feuerroß, damit es nicht stürzt auf dem Pfade, den sie ihm zerstören wollen.«

»Lack-a-day!« dehnte Pitt Holbers. »Ei seht doch, wie klug die Hallunken es anfangen! Wenn man nur wüßte, von welcher Seite der nächste Zug kommt!«

»Das Feuerroß wird kommen von Osten, denn das Roß von Westen ging vorüber, als die Sonne dem Häuptling der Apachen über dem Scheitel stand.«

»So wissen wir, nach welcher Richtung wir uns zu wenden haben. Aber wann wird der Zug diese Gegend passiren? Pitt Holbers, wie steht es?«

»Hm, wenn Du denkst, Dik, daß ich trotzdem einen Tarif habe, so sage mir vor allen Dingen, wo er eigentlich stecken soll!«

»In Deinem Kopfe sicher nicht, altes Coon, denn da sieht es aus wie in der Llano estaccata, wie sie da unten die Gegend nennen, in der es Nichts giebt, als Staub und Stein und höchstens einmal Stein und Staub. Doch schaut, Ihr Leute, dort geht die Sonne unter; in einer Viertelstunde ist es finster, und wir können die rothen Spitzbuben beobachten, was sie –«

»Winnetou ist gewesen hinter ihrem Rücken,« unterbrach ihn der Apache, »und hat gesehen, daß sie den Pfad von der Erde rissen und ihn über den Weg des Feuerrosses legten, damit es stürzen solle.«

»Sind ihrer Viele?«

»Nimm ihrer zehn mal zehn und Du hast noch nicht die Hälfte der Krieger, die an der Erde liegen, um auf das Kommen der Bleichgesichter zu harren. Und der Pferde sind noch viel mehr, denn alles Gut, welches sich auf den Feuerwagen befindet, soll auf die Thiere geladen und fortgeführt werden.«

»Sie sollen sich verrechnet haben! Was gedenkt der Häuptling der Apachen zu thun?«

»Er wird bleiben an diesem Orte, um die rothen Männer zu bewachen. Meine weißen Brüder sollen dem Feuerrosse entgegenreiten und seinen Lauf in der Ferne hemmen, damit die Kröten von Ogellallah's nicht sehen, daß es sein Feuerauge schließt und stehen bleibt.«

Der Rath war gut und wurde sofort befolgt. Es war den Männern unbekannt, zu welcher Zeit der Zug kommen mußte; das konnte an jedem Augenblicke geschehen, und da zur Warnung, wenn die Ogellallah's Nichts bemerken sollten, ein bedeutender Vorsprung nöthig war, so gab es Gefahr im Verzuge. Winnetou blieb also zurück und die vier Andern saßen wieder auf, und bewegten sich längs des Schienengleises im scharfem Trabe nach Osten zu.[484]

Sie waren wohl fast eine Viertelstunde geritten; da hielt Hammerdull seine Stute an und blickte seitwärts.

»Good lack,« meinte er; »liegt dort nicht Etwas im Grase, grad wie ein Hirsch, oder – – ah, Pitt Holbers, sage doch einmal, was für ein Viehzeug es wohl sein wird!«

»Hm, wenn Du denkst, Dik, daß es das Pferd des Apachen ist, welches hier wie angespießt liegen bleibt, bis es von seinem Herrn abgeholt wird, so will ich Dir beistimmen!«

»Errathen, alte Coon! Aber kommt, wir wollen den Mustang nicht aufscheuchen, denn wir haben Besseres zu thun. Ob wir den Zug treffen oder nicht, das bleibt sich gleich, aber warnen müssen wir ihn, und je weiter hinaus dies geschieht, desto besser ist es. Die rothen Schufte dürfen nicht an den Lichtern sehen, daß er hält und also ihr Vorhaben verrathen ist!«

Wieder ging es vorwärts. Die Tageshelle verschwand schnell, da es in jenen Gegenden eine nur sehr kurze Dämmerzeit giebt, und noch war nicht viel über eine halbe Stunde vergangen, so hatte sich die Dunkelheit des Abends über die weite Prairie gesenkt und die Sterne begannen, ihre matten Strahlen herabzusenden. Ein Wenig Mondesschein wäre den Reitern für jetzt willkommen gewesen, da er aber später die Annäherung an die Indianer erschwert hätte, so war es ihnen ganz recht, daß der nächtliche Beleuchter der Erde sich eben in einer dunklen Phase befand und keine Spur seines magischen Schimmers bemerken ließ.

Bei dem durchdringenden Lichte, welches die amerikanischen Maschinen bei sich führen, war das Nahen des Zuges auf eine Entfernung von mehreren Meilen bemerklich; es mußte also eine Strecke zurückgelegt werden, welche diese Tragweite des Lichtes überstieg; darum ließ Dik Hammerdull seine Mirjam weit ausgreifen, und die Andern folgten wortlos seiner Führung.

Endlich hielt er an und sprang vom Pferde, und die drei Begleiter thaten dasselbe.

»So!« meinte er; »ich denke, daß der Vorsprung nun groß genug ist. Fesselt die Thiere und sucht ein Wenig trocknen Grases zu finden, damit wir ein Zeichen geben können!«

Dem Gebote wurde Folge geleistet, und bald war ein Haufen dürrer Halme beisammen, welche sich mit Hülfe von einigem aufgestreutem Pulver leicht in Brand stecken ließen.

Auf ihre Decken gelagert, lauschten nun die Männer[497] in die stille Nacht hinein und verwandten fast kein Auge von der Richtung, aus welcher der Zug zu erwarten war. Die beiden Deutschen konnten sich zwar Alles wohl denken, was geschehen sollte, waren aber in dem Leben des wilden Westens zu unerfahren, als daß sie an eine Unterbrechung der herrschenden Schweigsamkeit hätten denken wollen und ließen daher die zwei Jäger ruhig gewähren. Außer dem Geräusch, welches die grasenden Pferde verursachten, war rings kein Laut zu hören, als höchstens das leise Knispern eines auf Raub ausgehenden Deckflüglers, und die Minuten dehnten sich zu einer immer peinlicher werdenden Länge.

Da, nach einer kleinen Ewigkeit, blitzte in weiter, weiter Ferne ein Licht auf, erst klein und kaum wahrnehmbar, nach und nach aber immer größer werdend und an Intensität gewinnend.

»Pitt Holbers, was sagst Du zu dem Johanniswurm da vorn, he?«

»Hm, dasselbe, was Du schon gesagt hast, Dik Hammerdull!«

»Wohl die klügste Ansicht, die Du in Deinem ganzen Leben gehabt hast, altes Coon! Ob es die Lokomotive ist oder nicht, das bleibt sich gleich, aber so viel ist sicher, daß der Augenblick des Handelns bald gekommen ist; Heinrich Sander, wenn der Zug naht, so schreiet Ihr, so laut Ihr könnt, und auch Ihr, Peter Wolf – verdammt miserabler Name, er reißt Einem ja den Mund entzwei! – Ihr macht Lärmen und Halloh nach Herzenslust. Das Uebrige werden wir schon selbst besorgen!«

Er nahm das Gras zur Hand, welches er zu einer langen, starken Lunte zusammengedreht hatte, und schüttete das Pulver auf. Dann zog er seinen Revolver aus dem Gürtel.

Jetzt machte sich das Nahen der Wagen durch ein immer vernehmlicher werdendes Rollen bemerklich, welches nach und nach zu einem Geräusche anwuchs, das dem Grollen eines entfernten Donners glich.

»Streck' Deine ewigen Arme aus, Pitt Holbers, thue die Meilenlippen auseinander und brülle, so laut es geht, altes Coon. Der Zug ist da!« rief Hammerdull, indem er zugleich besorgt nach den Pferden blickte, welche bei dem ungewohnten Phänomen schnaubend und stampfend an den Riemen zerrten, mit denen sie an die Erde befestigt waren.

»Peter Wolf – der Teufel hole diesen holprigen Namen! – paßt auf, daß uns die Thiere nicht fortgehen. Schreien könnt Ihr dabei ja auch!«

Der Augenblick war gekommen. Einen blendenden Lichtkeil vor sich herwerfend, brauste der Zug heran. Hammerdull hielt den Revolver an die Lunte und drückte los. Im Nu flammte das Pulver auf und brachte das dürre, ausgetrocknete Gras in glimmenden Brand. Die Lunte kräftig schwingend, versetzte er sie in helle Flamme und rannte von ihrem flackernden Lichte hell beleuchtet, dem Zuge entgegen.

Der Maschinist mußte das Zeichen durch die Glastafel des Wetterschutzes sofort bemerkt haben, denn schon nach den ersten Schwingungen des hochlodernden Brandes ertönte ein sich rasch und scharf wiederholender Pfiff, fast in demselben Augenblicke wurden die Bremsen angezogen, die Räder knirrschten und schrieen in der Hemmung, und mit donnerndem Dröhnen flog die lange Wagenreihe an den vier Männern vorüber, die dem seine Geschwindigkeit nun zusehends verringernden Zuge nachsprangen.

Endlich hielt er. Ohne zunächst die sich von ihren erhöhten Plätzen herabbeugenden Beamten zu beachten, eilte Hammerdull trotz seiner Dicke an den Wagen vorbei bis vor die Lokomotive, warf seine Decke, welche er von der Erde aufgerafft hatte, vorsorglich über die Laternen und Reflectors und rief zu gleicher Zeit mit möglichst lauter Stimme:

»Lichter aus – macht den Railway dunkel.«

Sofort verschwanden alle Laternen. Die Angestellten an der Pacificbahn sind geistesgegenwärtige und schnell gefaßte Leute. Sie konnten sich denken, daß der Ruf seinen guten Grund habe und folgten ihm augenblicklich.

»'sdeath!« rief es nun von der Maschine herab; »warum verdeckt Ihr unsre Flamme, Mann? Ich hoffe nicht, daß da vorn irgend Etwas los ist! Wer seid Ihr und was hat Euer Signal zu bedeuten?«

»Wir müssen im Finstern sein, Sir,« antwortete der umsichtige Trapper; »es sind Indsmen vor uns, und ich glaube sehr, daß sie die Schienen aufgerissen haben!«

»Alle Teufel! Wenn dem so ist, so seid Ihr der bravste Kerl, der jemals durch dieses verfluchte Land stolperte!«

Zur Erde herabspringend, drückte er ihm die Hand und gebot, die Wagen zu öffnen.

Nach kaum einer Minute waren die Jäger von einer Menge Neugieriger umringt und mußten sich fast wundern über die bedeutende Anzahl von Leuten, welche den Coupee's entstiegen, um sich über die Ursache des Aufenthaltes zu unterrichten.

»Was ist los? Was giebt es? Warum halten wir?« rief es von allen Seiten.

In kurzen Worten erklärte Hammerdull die Verhältnisse und brachte dadurch eine nicht geringe Aufregung unter den Anwesenden hervor.

»Gut, sehr gut!« rief der Ingenieur. »Zwar bringt das eine Störung im Betriebe hervor, aber das hat Nichts zu sagen gegen die prächtige Gelegenheit, den rothen Hallunken einmal Eins auf das Fell zu brennen. Das ist in kurzer Zeit das dritte Mal, daß sie es wagen, Züge zu überfallen und auszurauben, und allemal sind es die verdammten Ogellallah's gewesen, dieser verteufelte Stamm der Sioux, denen die Wildheit und Feindseligkeit nur durch eine gute Kugel ausgetrieben werden kann. Heut' aber sollen sie sich geirrt haben und ihren Lohn gleich in ganzer Summe erhalten! Jedenfalls haben sie geglaubt, daß dieser Zug wie gewöhnlich viele Güter und nur fünf bis sechs Leute mit sich führe. Glücklicher Weise aber haben wir einige Hundert Arbeiter geladen, die für den Brücken- und Viaductenbau[498] droben in den Mountains bestimmt sind, und da diese braven Leute fast alle Waffen bei sich tragen, so wird uns die Sache gar nicht schwer werden und nur einigen Spaß bereiten!«

Er stieg zunächst wieder auf die Maschine, um die jetzt überflüssigen Dämpfe abzulassen, welche mit gellendem Zischen den Ventilen entströmten und die Umgebung des Wagens in eine weiße Wolke hüllten. Dann sprang er herab, um Revue über die ihm zu Gebote stehenden Kräfte zu halten.

»Zunächst sagt mir einmal, wie Ihr Euch nennt, Mann! Ich muß doch wissen, wem ich die glückliche Warnung zu verdanken habe.«

»Mein Name ist Hammerdull, Sir, Dik Hammerdull, so lang ich lebe!«

»Schön! Und der Andre hier?«

»Wie der heißt, das bleibt sich gleich, aber da er zufällig auch einen Namen hat, so schadet es keinem Menschen etwas, wenn Ihr ihn erfahrt. Er nennt sich Pitt Holbers, Sir, und ist ein Kerl, auf den man sich verlassen kann.«

»Und die beiden Andern. – Dieser da und der dort bei den Pferden?«

»Das sind zwei Männer aus Germany da drüben herüber, Sir, und heißen Heinrich Sander – Harry würde wohl besser klingen – und – verdammt miserabler Name! – Peter Wolf. Sprecht die beiden Worte ja nicht aus, Sir, denn Ihr werdet das Genick dabei brechen!«

»Well!« lachte der Beamte. »Es ist nicht jede Zunge so commodious wie die Eurige, Master Hammerdull!«

»Hammerdull? Dik Hammerdull?« rief da eine tiefe, kräftige Stimme, und ein Mann drängte sich durch die Umstehenden herbei. »Welcome, altes Coon! Dachte Dich erst in ›Hide-spot‹ zu treffen und muß hier an Dich rennen! Welche Angelegenheit hat Dich herausgetrieben?«

»Was mich herausgetrieben hat, Colonel, das bleibt sich gleich, aber ich habe mir ein Wenig Pulver, Blei und Tabak geholt für meine Mary, das Pulver und Blei nämlich, weil die Mary Eure gewöhnliche Sorte nicht vertragen kann. Der lange Pitt ist mitgegangen, wißts schon, Colonel, zu Master Winklay, dem Irishman, und haben da Zwei aus Germany mitgebracht, die Sam Fire-gun, nämlich Euch, gern sehen wollen.«

»Sam Fire-gun!« rief der Maschinist auf den Fremden zutretend. »Seid Ihr das wirklich, Sir?«

»Man nennt mich so!« klang kurz und einfach die Antwort. Der Sprecher war ein Mann von wahrhaft riesigen Körperformen, wie man trotz der Dunkelheit zu erkennen vermochte. Er trug die gewöhnliche Trapperkleidung. Die Umstehenden hatten sich beim Nennen seines Namens wie ehrerbietig um ein Weniges zurückgezogen.

»Good lack, Sir, dann haben wir ja ganz den richtigen Mann bei uns, dem wir das Commando übergeben können. Wollt Ihr die Sache übernehmen?«

»Wenn es die Gentlemen alle zufrieden sind, warum nicht!«

Ein allgemeiner Ruf der Zustimmung ließ sich ringsum vernehmen. Dem berühmtesten Jäger des Westens, dem Hunderte einmal zu begegnen wünschten, ohne ihren Wunsch in Erfüllung gehen zu sehen, und der hier so unerwartet in Mitten der Leute stand, konnte und mußte man den Oberbefehl mit vollständigem Vertrauen übergeben.

»Natürlich sind sie es zufrieden. Trefft also Eure Maßregeln so schnell wie möglich! Wir haben keine Zeit zu verlieren und dürfen die rothen Mesch'schurs nicht lange auf uns warten lassen.«

»Well, Sir, nur laßt mich erst einige Worte mit diesem Manne hier sprechen! Dik Hammerdull, wer aus dem ›Hide-spot‹ ist noch bei Euch Beiden?«

»Keiner, Colonel! Die Andern sind daheim, oder hinauf in die Berge.«

»Muß aber doch noch Einer bei Euch sein, Dik, denn wie ich Dich kenne, so bist Du nicht von den Rothen fortgelaufen, ohne ihnen einen Wachtman, einen Wächter hinzustellen.«

»Wie ich fortgelaufen bin, das bleibt sich gleich, aber wenn Ihr den Dik Hammerdull für so dumm gehalten hättet, nicht an den Wachtman zu denken, so hättet Ihr Euch verdammt geirrt in ihm, Colonel! Es steht Einer da, wie es keinen Bessern giebt.«

»Wer ist's?«

»Wie es keinen Bessern giebt, Sir, habe ich gesagt, und das ist genug, denn es giebt nur einen Einzigen, von dem sich in dieser Weise reden läßt. Sein Gaul liegt einen kleinen Ritt weit hinter ihm und wartet, bis er abgeholt wird.«

»Sein Gaul – wartet? Dik Hammerdull, das könnte allerdings nur ein Einziger sein, und dieser heißt Winnetou.«

»Errathen, Colonel, errathen! Der Apache traf uns da unten bei dem Irishman und warnte uns. Er hat die Spur der Ogellallah's verfolgt und ist vorhin wieder zu uns gestoßen.«

»Winnetou, der Häuptling der Apachen?« frug der Maschinist, während ein Gemurmel der Befriedigung durch die Menge der Andern lief. »Heigh-day, ist das heut ein Zusammentreffen! Der Mann ist ja ganz allein ein Stämmchen Jäger werth, und wenn er auf unsrer Seite steht, so werden wir die rothen Schufte heimschicken, daß sie an uns denken sollen. Wo steht er?«

»Ob er steht oder nicht, Sir, das bleibt sich gleich, aber er liegt ganz nahe bei den Indsmen auf der linken Seite des Schienenweges. Es muß dort noch Alles in Ordnung sein, sonst wäre er hier, um zu warnen.«

»Gut,« meinte Sam Fire-gun, »so will ich Euch nun meine Meinung sagen: Wir bilden zwei Abtheilungen, welche zu beiden Seiten der Bahn sich an die Indianer schleichen. Die eine führe ich, und die andere, hm, Sir, geht Ihr mit?«

»Versteht sich!« meinte der Ingenieur. »Zwar darf ich eigentlich meinen Posten nicht verlassen, aber ich mag doch[499] nicht umsonst ein paar gesunde Fäuste besitzen, und der Heitzer hier ist Manns genug, einstweilen meine Stelle zu vertreten. Ich würde es auf dem alten Feuerkasten nicht aushalten können, sobald ich Eure Büchsen knallen hörte, und gehe also mit!« Und sich zu seinem Personale wendend, fuhr er fort: »Ihr bleibt hier bei den Wagen und gebt wohl acht; man weiß zuweilen nicht, was passiren kann. – Tom!«

»Sir!« antwortete der Feuermann.

»Du verstehst ja, mit der Maschine umzugehen. Damit wir nicht erst wieder zurückzugehen brauchen, kommst Du, sobald Du ein Feuerzeichen erblickst, mit dem Zuge nach. Aber langsam fährst Du, so langsam und vorsichtig wie möglich, denn es wird jedenfalls am Tracée auszubessern geben! – Was aber den andern Anführer betrifft, Master Fire-gun, so hoffe ich nicht, daß Ihr grad mich in Vorschlag bringen wollt. Ich will gern mitthun, ja, aber ein Westmann bin ich nicht. Sucht Euch also einen Andern, dem Ihr die Stelle geben könnt!«

»Gut, Sir,« nickte Sam Fire-gun; »ich wollte Euch nicht gern vernachlässigen; aber ich weiß hier Einen, der seine Sache eben so gut machen wird, wie ich die meine, und Ihr könnt ihm also Eure Männer ruhig anvertrauen. Dik Hammerdull, was meinst Du?«

»Was ich meine, das bleibt sich gleich, Colonel; aber ich denke, Ihr werdet nichts Unrechtes bestimmen!«

»Denk's auch! Willst Du die andre Hälfte führen?«

»Hm, wenn mir die Männer nachlaufen wollen, so will ich gern vorankriechen! Die Mary hat neues Pulver und Blei und wird ein sehr vernünftig Wort dort mit den Indsmen reden. Aber die Pferde, Colonel, die müssen zurückbleiben; der Mann aus Germany, der Sander, kann sie halten.«

»Fällt mir nicht ein,« entgegnete dieser kurz; »ich gehe mit!«

»Was Euch einfällt oder nicht, das bleibt sich gleich; aber wenn Ihr nicht wollt, so kann es ja der Andre thun, der Peter Wolf – hol' der Teufel den bockbeinigen Namen –!«

Auch dieser weigerte sich, und so bekam einer der wenigen waffenlosen Arbeiter den Auftrag, die Pferde einstweilen in seine Obhut zu nehmen.

Die streitbaren Kräfte wurden getheilt. Sam Fire-gun und Dik Hammerdull stellten sich an die Spitze der beiden Abtheilungen; der Zug blieb zurück; die Männer bewegten sich vorwärts, und nach wenigen Augenblicken lag tiefe Stille über der Gegend, und nicht das leiseste Geräusch verrieth, daß der auf der weiten Ebene ruhende, scheinbare Frieden die Vorbereitung einer blutigen Katastrophe in sich berge. Zunächst wurde eine ansehnliche Strecke in aufrechter Stellung zurückgelegt; dann aber, als die Nähe des muthmaßlichen Kampfplatzes erreicht war, legten sie sich nieder und krochen, Einer hinter dem Andern, auf Händen und Füßen zu beiden Seiten der Böschung entlang.

»Uff« klang es da leise an das Ohr Sam Fire-gun's. »Die Reiter des Feuerrosses mögen hier liegen und warten, bis Winnetou, der Häuptling der Apachen, fortgeht und wiederkommt!«

»Winnetou?« frug der Jäger, sich halb emporrichtend. »Hat mein rother Bruder die Gestalt seines weißen Freundes vergessen, daß er ihn nicht erkennt?«

»Sam Fire-gun!« klang es überrascht. »Der große Geist sei gelobt, der dem Apachen heut Dein Angesicht zeigt; er mag Deine Hand segnen, daß sie vernichtend falle auf die Häupter Deiner Feinde! Ist mein Bruder auf dem Feuerroß geritten?«

»Ja; er hat das Gold, welches er der Freundschaft des Apachen verdankt, nach Sonnenaufgang geschafft und kehrt nun zurück, um mehr zu finden. Warum wollte mein wachsamer Bruder fortgehen und wiederkommen!«

»Die Seele der Nacht ist schwarz und der Geist des Abends dunkel und finster; Winnetou konnte nicht erkennen seinen Bruder, der am Boden lag. Aber den Mann hat er gesehen, der dort auf dem Hügel steht, um nach dem Feuerroß zu schauen. Der Apache wird gehen, um das Auge des Ogellallah zu schließen; dann kehrt er zurück!«

Er war im nächsten Momente im Dunkel der Nacht verschwunden.

Die zwei berühmtesten Männer der Prairie, von der Natur so verschieden ausgestattet und doch mit gleicher Freundschaft einander ergeben, hatte sich nach langer Trennung hier wiedergefunden. Aber ihre unberührbaren Naturen kannten nicht die lauten Freudenbezeugungen, wie sie sonst zu beobachten sind, und der Augenblick des Wiedersehens nahm sie ja anderweit so vollständig in Anspruch, daß an eine zeitraubende und geräuschvolle Begrüßung gar nicht zu denken war.

Trotz des nächtlichen Dunkels war auf der seitwärts liegenden, wellenförmigen Bodenerhebung eine Gestalt zu erkennen, welche sich für das scharfe Auge eines Westmannes deutlich genug von dem sternenbedeckten Horizonte abzeichnete. Die Ogellallah's hatten also eine Wache ausgestellt, um nach dem Lichte des nahenden Zuges zu schauen. Einem Weißen wäre es wohl schwer oder gar unmöglich geworden, unbemerkt an sie heranzukommen; Sam Fire-gun aber kannte die Meisterschaft des Apachen im Beschleichen und wußte, daß der Ogellallah in kurzer Zeit verschwinden werde.

Hart am Bahndamme liegend, behielt er ihn scharf im Auge und wirklich – nur wenige Minuten waren vergangen, so fuhr neben dem Wachehaltenden eine Gestalt blitzesschnell in die Höhe, beide lagen im Nu an der Erde; – das Messer des Apachen hatte seine Schuldigkeit gethan.

Dieser kehrte erst nach längerer Zeit zurück; er hatte die Indianer umschlichen und ihre Stellung in Augenschein genommen. Jetzt stattete er Sam Fire-gun seinen Bericht ab.[500]

Die Ogellallah's hatten einige Schienen herausgerissen und diese sammt den Schwellen quer über das Bahngeleise gelegt. Der Zug hätte mit sammt seinen Passagieren ein fürchterliches Schicksal gehabt, wenn er ungewarnt an diese Stelle gekommen wäre. Sie lagen seitwärts von dieser Stelle in lautloser Stille am Boden, während noch eine Strecke weiter zurück ihre Pferde angepflockt waren. Die Gegenwart dieser Thiere machte das Beschleichen der Indianer von dieser Seite fast zu einer Unmöglichkeit, da das Pferd der Prairie an Wachsamkeit den Hund fast übertrifft und die Annäherung jedes lebenden Wesens seinem Herrn durch Schnauben verkündigt.

»Wer führt sie an?« frug Fire-gun.

»Riccarroh, die ›Bärentatze‹«.

»Hat mein Bruder ihn so deutlich gesehen?«

»Winnetou ist gewesen an seinem Rücken, daß er ihn konnte niederschlagen mit dem Tomahawk.«

»Riccarroh? Das ist der Tapferste der Sioux; er fürchtet sich vor keinem Krieger und wird uns wohl zu schaffen machen!«

»Winnetou wird ihm nehmen den Scalp!« antwortete der Apache stolz.

»Sam Fire-gun weiß es, daß dem Häuptling der Apachen Keiner gleicht. Aber Riccarroh, der Ogellallah, ist stark wie der Bär und listig wie der Fuchs; er hat nicht alle seine Männer bei sich, sondern die Uebrigen in der Prairie zurückgelassen. Ein kluger Krieger wird nicht anders handeln.«

»Ugh!« gab Winnetou in tiefem Gutturaltone seine Zustimmung zu erkennen.

»Mein rother Bruder warte, bis ich zurückkehre!«

Er schlich sich über den Bahnkörper hinüber zu Dik Hammerdull.

»Noch dreihundert Körperlängen vorwärts, Dik, dann bist Du den Indsmen gegenüber. Ich theile meine Leute drüben, schicke die Hälfte mit Winnetou hinaus in die Prairie, um – –«

»Ob Ihr sie schickt oder nicht, das bleibt sich gleich,« fiel ihm der Dicke flüsternd in die Rede; »aber was sollen sie da draußen, Colonel?«

»Die Ogellallah's werden von Riccarroh angeführt –«

»Von der ›Bärentatze‹? Zounds, dann haben wir die Tapfersten des Stammes gegen uns, und ich traue es ihm zu, daß er da draußen auf der alten Wiese eine Reserve halten hat.«

»So meine ich auch. Also diese Reserve lasse ich durch[513] Winnetou abschneiden und gehe mit den Uebrigen direct auf die Pferde los. Gelingt es uns, diese in unsre Gewalt zu bekommen, oder zu zerstreuen, so sind die Rothen verloren.«

»Well, well, Colonel, und Dik Hammerdull und seine Mary werden das Ihrige beitragen, daß wir den Zug mit Scalps beladen können!«

»Du wartest also mit den Deinen, bis drüben der erste Schuß losgeht; die Indsmen werden uns hinter sich wissen, und sich zu Dir herübermachen, wo Du sie empfängst. Aber ruhig warten, Dik, bis sie so weit heran sind, daß Ihr sie Mann für Mann sehen könnt. Erst dann schießt Ihr los; dann geht keine Kugel fehl!«

»Keine Sorge, Colonel! Dik Hammerdull weiß ganz genau, was er zu thun hat. Nehmt Euch nur vor den Pferden in Acht, denn so ein Indsmustang schnobert den Weißen zehn Meilen weit!«

Fire-gun schlich davon, und der dicke Trapper kroch längs der Reihe der hinter ihm Liegenden hin, um ihnen die erhaltene Instruction mitzutheilen.

Als er wiederkehrte, nahm er neben Pitt Holbers Platz, der sich während der letzten Stunden schweigsam verhalten hatte.

»Pitt Holbers, altes Coon, nun geht der Tanz bald los!«

»Hm, wenn Du denkst, Dik! Hast Du nicht Freude darüber, he?«

»Das versteht sich ja ganz von selber! Was fragst Du also noch?«

»Hm, von wegen Deiner Perrücke, Dik.«

»Heigh-ho, altes Coon, daran hab' ich gar nicht gedacht. Es war by god ein Ogellallah, der mir die Kopfhaut nahm, als sie mich da droben zwischen den Bergen gefangen hatten. Kenne den Kerl noch ganz genau und wollte, daß er mit dabei wäre. Habe mir seinetwegen, als es mir nachher glückte, mich fortzumachen, in Dekamah ein Ding gekauft, was sie Perrücke nennen; ist ein ganz prachtvolles Fell und kostet mich vier schöne Bündel Biberhäute. Ist er dabei, so muß er mir die Häute bezahlen, und ich ziehe ihm noch obendrein sein rothes Leder über die Ohren!«

»Kannst sie ihm abschneiden und da hinsetzen, wo Du früher auch welche hattest!«

»Ob ich welche gehabt habe oder nicht, das bleibt sich gleich, aber wenn Du mich verspotten willst, alter Stecken, so fahre ich Dir in das Genick, daß Dir Deine eignen Lappen bis hinunter auf die Füße hängen; wedelst ja schon jetzt mit ihnen wie ein Maulesel!«

»Wenn Du denkst, Dik, daß ich Dich beleidigen wollte so schwimmst Du verkehrt! Pitt Holbers weiß ganz genau, daß Du die Ohren mit Ehren verloren hast, damals bei den Black-foots!«

Hammerdull wollte eben eine Antwort geben, da – zuckte seitwärts drüben ein flüchtiges Leuchten auf, welchem ein lauter Knall folgte – noch ehe der Plan Sam Fire-gun's ausgeführt war, hatte sich das Gewehr eines der ihm folgenden Arbeiter entladen.

Sofort standen die Ogellallah's auf den Füßen und eilten nach ihren Pferden. Aber der geistesgegenwärtige Trapper hatte kaum hinter sich den verräterischen Schuß gehört, so eilte er, den Folgen dieser Nachlässigkeit zuvorzukommen.

»Vorwärts, Männer, zu den Pferden!«

In weiten Sätzen stürmte er auf die Thiere los und erreichte sie mit den Seinen noch vor den Indianern. Mit Gedankenschnelle waren sie von den Pflöcken befreit und jagten wiehernd und schnaubend in die weite, dunkle Savanne hinaus.

Die den jetzt eintreffenden Indianern entgegenkrachenden Schüsse machten diese stutzig. Ihre Pferde waren fort; sie konnten in der Finsterniß die geringe Zahl ihrer Gegner nicht erkennen und hielten einige Augenblicke vollständig rathlos still, sich den Waffen der Weißen preisgebend. Dann aber ertönte der laute Ruf ihres Anführers; sie wandten sich und stürmten zurück, um jenseits des Dammes Deckung zu suchen und die zu ergreifenden Maßregeln zu berathen.

Kaum aber hatten sie den Bahndamm erreicht, so stieg nur wenige Fuß vor ihnen eine dunkle Linie wie aus der Erde empor; der Blitz aus über fünfzig Büchsen erhellte für einen Moment die Nacht, und das Geheul der Getroffenen zeigte, daß Dik Hammerdulls Abtheilung gut gezielt hatte.

»Alle Kugeln heraus und dann drauf!« rief der wackere Dicke, schoß den zweiten Lauf seiner Mary ab, warf die alte Büchse, die ihm nun Nichts mehr helfen konnte, fort, riß den Tomahawk, diese furchtbare Waffe des Westens, unter dem langen Jagdhemde hervor und stürzte sich, gefolgt von Pitt Holbers und den Muthigsten unter den Arbeitern, auf die vor Entsetzen stockenden Wilden.

Diese hatten vor Ueberraschung über den ganz unerwarteten Ueberfall, die Besinnung verloren; vor und hinter sich den Feind, gab es für sie nur Rettung in der Flucht. Wieder erschallte ein lauter Ruf Riccarroh's, und im nächsten Momente war kein Wilder mehr zu sehen. Sie hatten sich mitten unter den Angreifern auf die Erde geworfen und suchten, zwischen ihnen hindurchkriechend, das Weite zu erreichen.

»Zur Erde, Ihr Männer, und die Messer zur Hand!« rief Fire-gun mit donnernder Stimme und eilte dann nach dem verlassenen Lagerplatze der Indianer.

Er dachte sich, daß diese sicher eine hinreichende Menge von allerlei Brennstoff gesammelt hatten, und im Falle, daß ihr Vorhaben gelungen sei, die nöthige Beleuchtung zu erhalten. Er hatte sich nicht geirrt. Einige große Haufen Dürrzeuges waren aufgeschichtet. Mit Hülfe des Pulvers machte er Feuer; die Nacht wurde erleuchtet, und im Scheine der Flammen sah er eine Menge zurückgelassener Spieße und Decken liegen. Diese boten ein willkommenes Brennmaterial. Er überließ die Sorge für die Unterhaltung des[514] Brandes einigen herbeieilenden Arbeitern und kehrte an die Stelle zurück, an welcher sich der nächtliche Angriff in einem fürchterlichen Einzelkampf aufgelößt hatte.

Dieser hätte einem nicht betheiligten Zuschauer Gelegenheit gegeben, Thaten zu beobachten, für welche der civilisirte Boden kaum einen Platz haben dürfte.

Die Schaar der Bahnarbeiter bestand begreiflicher Weise zwar meist aus Leuten, welche ihre Kräfte in den Stürmen des Lebens geübt hatten; aber der Kampfart der Indianer, welche jetzt beim Scheine der Feuer ihre Lage überblicken konnten und dabei bemerkten, daß sie an Zahl den Gegnern vollständig gewachsen seien, konnte wohl Keiner von ihnen nachhaltigen Wiederstand leisten, und wo nicht Mehrere von ihnen gegen einen vereinzelten Indsman standen, behielt dieser gewiß die Oberhand, und die Stätte bedeckte sich immer mehr mit den unter dem wuchtigen Hiebe des Tomahawk Gefallenen.

Nur Drei von den Weißen waren mit dieser Waffe versehen: Sam Fire-gun, Dik Hammerdull und Pitt Holbers, und es zeigte sich da allerdings, daß bei gleichen Waffen der zähere und intelligentere Weiße meist im Vortheile steht.

Mitten unter einem Haufen Wilder hielt Fire-gun. Seine riesige Gestalt überragte sie um ein Bedeutendes, und nun waren heut zum ersten Male seine festen, wetterharten Züge zu erkennen. Sein Anblick mahnte an jene alten, gewaltigen Recken, von denen die Geschichte längst vergangener Zeiten berichtet. Die langen, schneeweißen Haare wehten ihm mähnenartig um das kühne Haupt; seine Augen blitzten, und in seinem von dem flackernden Lichte beschienenen Angesichte sprach sich ein Gefühl von jener Kampfeswonne aus, welche das verfeinerte Urtheil leugnet, nichts desto weniger aber doch eine oft bewiesene Wahrheit bleibt. Mit weit auseinander gespreizten Beinen stand er da, grad und aufrecht, als sei er aus der Erde gewachsen, und ließ sich von den Andern die Indianer in das Schlachtbeil treiben, welches, von seiner riesenstarken Faust geführt, bei jedem Schlage zerschmetternd auf den Kopf eines Feindes sank.

Seitwärts von ihm stand ein fast drollig zu nennendes Heldenpaar, trotz der Verschiedenheit ihrer Gestalt mit dem Rücken gegen einander gekehrt, ein Verfahren, welches die beiden originellen aber erfahrenen Jäger vor einem Angriffe von hinten beschützte: Dik Hammerdull und Pitt Holbers. Der kleine Dik, der auf jeden Fremden in seinem Anzuge den Eindruck der Unbehülflichkeit machen mußte, zeigte sich hier von einer wahrhaft katzenartigen Behendigkeit. In der Linken das scharfe, zweischneidige Bowiemesser und in der Rechten das schwere Schlachtbeil schwingend, hielt er jedem Gegner tapfer Stand. Sein langer Rock, Flick auf Flick und Fleck auf Fleck, ließ die auf ihn gerichteten Messerstiche vollständig unschädlich abprallen; er hatte in der hastigen Beweglichkeit des Kampfes nicht nur die alte, unnennbare Kopfbedeckung, sondern auch die Perrücke verloren und bot nun mit seinem nackten, von dem Scalpiren noch blauroth erglänzenden Schädel einen Anblick, der selbst einen Wilden ergrauen machen konnte. Pitt, der Lange, stand hinter ihm und fuhr mit seinen Armen in der Luft herum wie ein Polyp, welcher die gefährlichen Fänge ausstreckt, um seine Beute an sich zu ziehen. Sein Körper, welcher nur aus Knochen und Sehnen zusammengesetzt schien, entwickelte eine außerordentliche Kraft und Ausdauer; das Beil fiel bei ihm aus doppelter Höhe; er griff weiter von sich als jeder Andre, aber seine großen Füße rührten sich keinen Zoll breit von der Stelle, und wer ihm so nahe kam, daß er gefaßt werden konnte, der war rettungslos verloren.

Und noch Zwei ragten unter den weißen Kämpfern hervor: die beiden Deutschen. Sie hatten die Tomahawks gefallener Indianer aufgerafft und handhabten sie mit einer Leichtigkeit und Sicherheit, als hätten sie sich auf diese Art des Fechtens auf irgend einem Kriegsschiffe mit dem weit schwereren Enterbeile eingeübt.

Auch unter den Arbeitern gab es genug Muthige, welche den Indianern, die überhaupt nicht gern Mann gegen Mann zu kämpfen pflegen, viel zu schaffen machten, und der Sieg neigte sich bereits stark auf die Seite der Weißen, und die Wilden wurden immer enger und enger zusammengetrieben; da aber donnerte es aus dem Dunkel der Prairie heran und mitten unter sie hinein; Sam Fire-gun hatte Recht gehabt, Riccarroh, der kluge Anführer der Wilden, hatte eine beträchtliche Anzahl der Seinen in der Savanne zurückgelassen, die jetzt mit frischen Kräften herbeigesprengt kamen und dem Gefechte augenblicklich eine andre Wendung gaben. Auch die bereits entflohenen Indianer eilten, den Umschwung bemerkend, mit erneutem Muthe herbei, und so verwandelte sich der Angriff der Jäger und Arbeiter in eine Vertheidigung, welche von Minute zu Minute weniger Erfolg erwarten ließ.

»Hinter den Damm zurück!« gebot Sam Fire-gun, schlug sich mit wuchtigen Hieben durch und folgte seiner Weisung mit eigenem Beispiele.

Pitt Holbers brauchte nur wenige Schritte, um sich neben ihm einzufinden. Dik Hammerdull zog, um sich Luft zu machen, nun jetzt erst den Revolver, gab sämmtliche Schüsse ab und eilte dann dem Damme zu. Schon hatte er ihn fast übersprungen, so stolperte er, stürzte kopfüber zur Erde und kugelte jenseits des Dammes hinab und grad vor die Füße Fire-gun's hin. Dort raffte er sich empor und betrachtete den Gegenstand, welchen er in der Hand hielt. Er war über ihn gestürzt, hatte ihn unwillkürlich ergriffen und festgehalten. Es schien ein alter Prügel zu sein.

»Mary, wahrhaftig, es ist die Mary, die ich vorhin hier weggeworfen habe! Was sagst Du dazu, Pitt Holbers, altes Coon?«

»Wenn Du denkst, Dik, daß es gut ist, Deine Mar –«

Er konnte nicht weiter sprechen, denn die Ogellallah's waren ihnen gefolgt und der Kampf begann nun hier von Neuem. Die Feuer leuchteten über den Damm herüber und[515] erhellten eine Scene, welche mit dem Untergange der Weißen zu endigen schien, und schon wollte der Anführer derselben den Seinen rathen, in die Dunkelheit hineinzufliehen da krachten Schüsse im Rücken der Wilden und eine Anzahl Männer sprang mit hoch geschwungenen Waffen mitten unter sie hinein.

Es war Winnetou mit seiner Abtheilung.

Da die Finsterniß ihm hinderlich gewesen war, etwaige Spuren zu entdecken, so hatte sein Suchen nach dem vermutheten Hinterhalte zu keinem Resultate geführt, und da er die Flammen bemerkt und daher geschlossen hatte, daß seine Anwesenheit auf dem Kampfplatze nöthig sein werde, so war er herbeigeeilt und brachte nun grad noch im letzten Augenblicke die entscheidende Hülfe.

Im dichtesten Knäuel der Kämpfenden stand Riccarroh, der Ogellallah. Seine breit gebaute, untersetzte Gestalt stak in dem gewöhnlichen, weißgegerbten Jagdhemde, welches jetzt von oben bis unten vom vergossenen Blute bespritzt war, über dem Rücken hing ihm ein Fell des Prairiewolfes, dessen Schädeltheile seinen Kopf bedeckten. Den convex gearbeiteten Büffelhautschild in der Linken, führte er mit der Rechten den Tomahawk, und wen sein großes, dunkles, stechendes Auge anglühte, den traf der vernichtende Hieb, daß er todt zur Erde stürzte.

Schon hatte er geglaubt, den Sieg zu erringen und mit seiner eignen Stimme die Loosung zum Triumphgeheul gegeben, als Winnetou am Platze erschien. Riccarroh wandte sich um und erblickte ihn.

»Winnetou, der Hund von Pimo!« rief er. Aus seinem Auge leuchtete ein Strahl glühenden, tödtlichen Hasses, aber sein schon erhobener Fuß zögerte, und der Arm, der das Schlachtbeil zum Wurfe erhoben hatte, sank nieder, ohne es zu schleudern. Es war, als habe der Anblick dieses Feindes seinen Muth gelähmt und ihm die so nöthige Umsicht und Geistesgegenwart geraubt.

Auch Winnetou bemerkte ihn.

»Riccarroh, die Kröte der Ogellallah's!«

Wie in eine Wasserfluth, so tauchte seine schlanke, geschmeidige und dabei außerordentlich kraftvolle Gestallt in die Menge der Kämpfenden unter und reckte sich nach kaum einer Sekunde grad vor dem Ogellallah in die Höhe. Beide holten zugleich zum Tod bringenden Hiebe aus; die Beile krachten an einander, und dasjenige Riccarroh's sank ihm zerschmettert aus der Hand. Er wandte sich blitzschnell um und brach sich mit den gewaltigen Beinen Bahn zur Flucht.

»Riccarroh!« rief Winnetou, sich nicht von seiner Stelle bewegend. »Ist der Hund von Ogellallah eine feige Hündin geworden, daß er läuft vor Winnetou, dem Häuptling der Apachen? Der Mund der Erde soll sein Blut trinken und die Kralle des Geiers soll zerreißen sein Herz und seinen Leib; aber sein Scalp wird zieren den Gürtel des Apachen!«

Dieser Aufforderung mußte er Stand halten. Er kehrte um und drang auf den Feind ein.

»Winnetou, der Sklave der Bleichgesichter! Hier ist Riccarroh, der Häuptling der Ogellallah! Er tödtet den Bär und wirft den Büffel nieder; er folgt dem Elenn und zertritt der Schlange den Kopf; ihm hat noch Niemand widerstanden und er wird jetzt fordern das Leben von Winnetou, dem Feigling von Pimo!«

Einem der Seinen das Beil entreißend, stürzte er sich auf den Apachen, welcher ihn stehenden Fußes erwartete. Die Augen der beiden starken Männer bohrten sich mit fürchterlichem Blicke in einander; das Beil des Ogellallah schwirrte um das Haupte desselben und fuhr dann mit fürchterlicher Wucht hernieder. Winnetou parirte den Hieb mit einer Leichtigkeit, als sei er von dem Arme eines Knaben geführt; nun auch seine Waffe schwingend, wollte er den Schlag erwidern, wurde aber von hinten gepackt und daran verhindert. Zwei Ogellallah's hatten sich auf ihn geworfen. Blitzschnell drehte er sich um; die Feinde sanken, von ihm getroffen, nieder, aber schon schwebte das Beil Riccarroh's wieder über seinem Haupte.

Sam Fire-gun, der Alle überragte, hatte den Freund in Gefahr gesehen. Die Indianer wie Grashalme auseinanderschlagend, sprang er mitten durch sie hindurch, faßte mit den beiden riesenstarken Fäusten ihren Anführer bei Hüfte und Genick, hob ihn hoch in die Luft empor und schmetterte ihn zur Erde nieder, daß es krachte. Sofort knieete Winnetou über dem Besinnungslosen, senkte ihm das Messer in die Brust, faßte mit der Linken das reiche, dunkle Haar zusammen – drei Schnitte, kunstgerecht geführt – ein kräftiger Ruck – und der Scalp war gelöst. Er schwang ihn hoch um den Kopf und stieß jenen fürchterlichen Siegesruf aus, welcher Mark und Bein erschütternd auf den Gegner zu wirken pflegt.

Als die Ogellallah die Kopfhaut ihres Anführers erblickten, stießen sie ein erschütterndes Geheul aus und wandten sich zur Flucht.

Dik Hammerdull stand wieder bei Pitt Holbers; sie waren die beiden Unzertrennlichen und suchten jetzt die Fliehenden zurück zu halten.

»Pitt Holbers, altes Coon, siehst Du, wie sie laufen, he?«

»Hm, wenn Du denkst, Dik, so sehe ich es!«

»Ob ich es denke oder nicht, das bleibt sich gleich, aber ich möchte – – Zounds, Pitt, guk Dir einmal den Kerl an, der dort zwischen den beiden Männern aus Germany hindurch will! Ich lasse mich braten, wenn es nicht derselbe ist, der mir die Haare genommen hat, da droben in den Bergen. Hollah, der Mensch wird ausgelöscht!«

Mehr sich kugelnd als laufend, eilte er hinzu, wo mehrere der Indianer sich anstrengten, an den beiden Deutschen, welche sie aufhalten wollten, vorbei zu kommen.[516]

»Have care, Du rothe Kreatur! Kennst Du Dik Hammerdul, he, kennst Du ihn? 'sdeath, da hat er meine eigne, leibhaftige Haut am Gürtel hängen! Komm her, Geliebter, ich muß Dich umarmen!«

Der Wilde trat beim Anblicke des blaurothen, nackten Schädels zurück und starrte dem Jäger erschrocken in das Gesicht.

»So, guck mich an, Du rothe Canaille, und gieb mir Deine Wolle!«

Noch ehe der Indianer eine vertheidigende Bewegung machen konnte, stak ihm das Messer Hammerdulls bis an den Griff im Herzen und er schlug schwer zur Erde nieder. Der Jäger bog sich auf ihn herab, zog sein Messer zurück und faßte ihn bei den Haaren – drei Schnitte, ein Ruck, – dann richtete er sich wieder empor.

»Pitt Holbers, sag', wo bist Du denn? Schau her und sag', ob nun das Ding bezahlt ist, was sie Perrücke nennen?«

»Hm, wenn Du denkst, Dik, daß Ihr nun quitt seid, so hab' ich nichts dagegen!«

»Ob wir quitt sind oder nicht, das bleibt sich gleich; aber da schau' einmal her an den Gürtel dieses rothen Hallunken! Kennst Du vielleicht dieses alte, liebe Opossumfell, he? Es ist meine eigne Haut, die er mir über die Ohren gezogen hat damals, und nun habe ich dafür die Seine – kann sie mir auch über den Bauch hängen, die alte Rattenherberge!«

Die beiden Männer hatten vollständige Zeit zu diesem Gedankenaustausch, denn der Sieg war jetzt vollständig errungen, und was vom Feinde nicht todt oder verwundet am Boden lag, das hatte fliehend das Weite gesucht.

Am östlichen Horizonte wurde nun auch das scharfe Licht der nahenden Maschine sichtbar. Der Heitzer hatte den Schein der Feuer bemerkt, sie für das verabredete Zeichen gehalten und nun den Zug in langsame Bewegung gesetzt.

Der Ingenieur, welcher zu der Abtheilung Winnetou's gehört hatte und jetzt sich ein Tuch um den verwundeten Arm befestigte, trat zu dem Apachen.

»Ihr seid Master Winnetou?«

Der Indianer neigte, den Scalp Riccarroh's an seinen Gürtel hängend, zustimmend das Haupt.

»Wir haben Euch die heutige Rettung zu verdanken. Ich werde einen Bericht schreiben, der bis hinauf zum Präsidenten geht: dann wird der Lohn nicht ausbleiben!«[529]

»Der Häuptling der Apachen bedarf des Lohnes nicht; er liebt die weißen Brüder und giebt ihnen seinen Arm im Kampfe, aber er ist stark und reich, reicher als der große Vater der Bleichgesichter. Er bedarf weder Gold noch Silber, weder Hab noch Gut; er will nicht nehmen, sondern er giebt. Uff!«

Der Zug hielt kurz vor den aufgerissenen Schienen an.

»Donnerwetter, Sir,« rief der herabspringende Feuermann dem herbeitretenden Vorgesetzten entgegen, »muß es hier Arbeit gegeben haben. Das ist ja, bei Gott, die reine Schlächterei!«

»Sollst Recht haben, Mann, – ist heiß hergegangen, heute Abend, und habe mir auch ein kleines Loch geholt, wie Du hier sehen kannst! Aber nun vor allen Dingen das Werkzeug herunter und die Schienen in Ordnung, damit wir baldigst weiter können! Versorge das; ich will jetzt mit nach den Gefallenen sehen!«

Er wollte eben zurücktreten, da schnellte hart neben ihm aus dem tiefen Grase der Dammböschung eine dunkle Gestalt empor und eilte an ihm vorüber. Es war einer der Ogellallah's, der keine Gelegenheit zur Flucht gefunden und sich hier versteckt hatte, um einen geeigneten Augenblick abzuwarten.

Der Arbeiter, welchem die Pferde anvertraut waren, war natürlich dem Zuge gefolgt und stand jetzt mit ihnen in der Nähe der haltenden Wagen. Der Indianer, dem der Anblick der Thiere Hoffnung auf das Entkommen gegeben hatte, eilte auf ihn zu, riß ihm den Zügel eines der Pferde aus der Hand, schwang sich in den Sattel und jagte davon.

Alle hatten die verwegene Flucht des Wilden bemerkt, die sie nicht hindern konnten, weil sein Vorsprung zu bedeutend war und Niemand mehr ein geladenes Gewehr in den Händen hatte.

»Pitt Holbers, altes Coon,« meinte Hammerdull, »siehst Du den Rothen springen? Alle Teufel, er geht nach den Pferden!«

»Wenn Du denkst, Dik, daß er eins bekommen wird, so habe ich Nichts dagegen, denn der Mann, der sie hält, sieht mir grün genug dazu aus!«

»Ob er grün sieht oder nicht, das bleibt sich gleich, denn – – Pitt Holbers, schau – er reißt ihm die Zügel aus den Fingern, er springt auf, er – – good lack, es ist die Mirjam, auf die er sich gesetzt hat! Na, Bursche, das ist der gescheidteste Einfall, den Du in Deinem ganzen Leben gehabt hast, denn nun wirst Du das Glück haben, mit meiner Mary reden zu können.«

Wirklich hatte sich der Indianer auf die alte Stute geworfen und schlug ihr die Fersen in die Seiten, um so schnell wie möglich das Weite zu gewinnen. Er hatte sich jedoch verrechnet, denn Dik Hammerdull schob den gekrümmten Zeigefinger in den Mund und ließ einen schrillen, weithin tönenden Pfiff erschallen. Sofort fuhr das gehorsame Thier herum und galoppirte trotz aller Anstrengung des Wilden grad auf seinen Herrn zu. Der Indianer sah keine andre Rettung, als sich noch zur Zeit herabzuwerfen; da aber nahm der dicke Trapper die Büchse an die Backe; der Schuß krachte, und der Indsman fiel, durch den Kopf getroffen, zu Boden.

»Hast Du es gesehen, Pitt Holbers, was die Mirjam für ein wackeres Viehzeug ist? Ich möchte nur wissen, ob er auch ohne sie glücklich in seine ewigen Jagdgründe kommen wird! Was meinst Du, he?«

»Ich habe nichts dagegen, Dik, wenn Du denkst, daß er den richtigen Weg gefunden hat. Willst Du Dir nicht seine Haut nehmen?«

»Ob ich sie nehmen will oder nicht, das bleibt sich gleich, aber herunter muß sie, das ist sicher. Ich habe die meinige auch hergeben müssen!«

Um zu dem Gefallenen zu gelangen, mußte er an den zwei Deutschen vorüber, welche, von der Anstrengung des Kampfes ausruhend, neben einander standen.

»So wahr ich Jean Letrier heiße, Capitain, das war ein Rencontre, wie man es kaum zur See beim Entern erlebt!« hörte er französisch sagen. Aber er war zu sehr mit seiner Absicht beschäftigt, als daß er für den Augenblick auf diese Worte einen Werth gelegt hätte.

Als er dem Todten den Scalp abgezogen hatte und wieder in die Nähe des haltenden Zuges zurückkehrte, sah er Sam Fire-gun in der Nähe der beiden Männer.

»Dik Hammerdull,« frug dieser, »ist's nicht so, daß Du die zwei Gentlemen bei Master Winklay getroffen hast?«

»Well, so ist es, Colonel.«

»Sie haben sich gut gehalten und machen Dir Ehre. Aber wie kommt es, daß Du sie mitgenommen hast? Du kennst ja meinen Willen in Beziehung auf neue Bekanntschaften!«

»All right, Sir, aber der Eine, der sich Heinrich Sander nennt, meinte, daß Ihr sein Oheim wäret.«

»Sein Oheim? Bist Du toll?«

»Hm, ob ich toll bin oder nicht, das bleibt sich gleich; aber wir kamen in einen kleinen Handel und ich hatte da schon die Messerspitze an seiner Kehle, als er sagte, Ihr würdet es mir schlecht danken, wenn ihm die Klinge um ein Weniges zu tief in die Wolle gehe. Machts mit ihm selber ab, Colonel!«

Der berühmte Tracker (Pfadfinder) trat an die Deutschen heran.

»Ihr seid von drüben herüber aus Germany, wie man mir sagt?«

»Ja.«

»Was sucht Ihr in der Prairie?«

»Euch, Sir.«

»Mich? Weshalb?«

»Oheim, willst Du noch fragen?«

Sam Fire-gun trat um einen Schritt zurück.

»Oheim? Ich kenne keinen Verwandten mit Namen Sander!«[530]

»Das ist richtig! Doch nannte ich mich so, weil ich nicht wußte, ob Dir der Name Wallerstein lieb sein würde.«

»Wall– –. Ist es denn möglich, daß Du es bist, Heinrich?!«

»Nicht möglich, sondern wirklich, Onkel. Hier ist Dein Brief, in welchem Du schreibst, daß ich kommen soll. Die andern Papiere kannst Du ja morgen lesen!«

Er langte unter den Jagdrock und zog ein sorgfältig verwahrtes Papier hervor, welches er ihm überreichte. Der alte Jäger warf bei dem noch immer hellen Feuerscheine einen Blick auf die Zeilen und zog ihn dann an seine Brust.

»Es ist wahr! Gott segne meine Augen, daß es ihnen noch vergönnt ist, Einen der Meinigen zu sehen. Wie geht es Deinem Vater? Warum schrieb er mir nicht? Ich hatte ihm doch die Adresse für Omaha angegeben?«

»Er kann nicht mehr schreiben.«

»Er kann nicht? Weshalb?«

»Weil – weil er todt ist.«

»Todt – –? Heavens, ist's möglich! Wann ist er gestorben und wie?«

»Er wurde – – erschrick nicht, Onkel, er wurde – ermordet.«

»Herr mein Heiland, sagst Du die Wahrheit? Von wem und aus welchem Grunde?«

»Von einem ruinirten Offizier, dem Lieutenant von Schönberg, um elenden Raubes willen. Ich bin dadurch zum Bettler geworden.«

»Zum Bettler? Ich habe aus den Big-Horn-Bergen Gold geholt für mehr als hunderttausend Dollars und ihm den Betrag per Wechsel zugeschickt!«

»Das ist wahr, dear uncle, und wir waren voll Lobes und Dankes dafür, denn der Vater wurde dadurch aus dem armen Hilfsarbeiter der angesehenste Juwelier der Residenz; aber wir mußten dieses ganze Vermögen in einen einzigen Schmuck stecken, dessen Preis bei dem Morde geraubt wurde.«

Diese seltsame Unterhaltung wurde, ohne daß einer der vielbeschäftigten Leute auf sie achtete, in der unmittelbaren Nähe der Wagenreihe geführt. Weder Sander noch Old Fire-gun hatten bemerkt, daß sich in dem Coupee hinter ihrem Rücken eine Person befand, welcher keines der gesprochenen Worte entging. Diese Person war eine Dame, die einzige, welche der Zug mit sich geführt hatte und die im Drange der Ereignisse bisher vollständig vergessen worden war. Mit angehaltenem Athem lauschte sie den ferneren Ergießungen der beiden Männer und zog, als sich diese endlich entfernt hatten, ein kleines Notizbuch hervor.

»Mille tonnere, ein verteufelt seltsames Zusammentreffen!« flüsterte sie vor sich hin. »Ich gehe nach Californien, wo ich endlich den ›l'Horrible‹ finden werde, und treffe unterwegs auf offener Prairie bei einem nächtlichen Indianerüberfall den Herzallerliebsten, dem ich mit dem Gelde für den Schmuck der Frau Herzogin von Oerstädt durchgegangen bin! Ist das nicht riesenhaft abenteuerlich?«

Sie lachte kichernd vor sich hin und fuhr dann in ihrem Selbstgespräche fort:

»Der alte Tracker, den sie Sam Fire-gun nennen, muß wie ich höre, ein Bruder des ermordeten Wallerstein sein – außerordentlich interessant! – und hat fameuse Kenntniß der Goldfelder droben in den Bergen – werde mir das für geeignetere Zeiten merken! – er hat seinem Bruder emporgeholfen und ist doch selbst ein einfacher Jäger geblieben – hm, diese Leute sind alle so; wer einmal Savannenluft gekostet hat, der kann sie nie wieder lassen! – aber den Verwandten hat er doch sehen wollen und deshalb hinübergeschrieben. Der Neffe ist auch gekommen und – chez dieu, ungeheuer eigentümlich, dem – dem Herrn Vicomte de Latour in die Hände gelaufen, der ihm die Papiere abgenommen hat, um die goldene Bekanntschaft für sich auszubeuten. Hm, was doch aus dem armen Teufel von German geworden sein mag? Aber ich werde meinem Herrn Vicomte einen Strich durch die Rechnung machen, einen Strich, der ihm ein scharfes Eisen an die Kehle bringt. Es ist gut für Viele und auch für mich, wenn seine Kerze hier in der Verborgenheit den Docht verliert, und dieser Sam Fire-gun scheint mir grad der richtige Mann zu sein, das zu besorgen!«

Die Flammen leuchteten noch hell genug. Sie nahm den Stift zur Hand und schrieb. Eben war sie fertig und faltete das aus dem Buche gerissene Blatt zusammen, als die Stimme des Zugführers erscholl.

Die Todten blieben liegen; die Verwundeten waren behutsam in die Wagen placirt worden, und die Uebrigen stiegen ein. Da jeder Zug die nöthigen Handwerkszeuge mit sich führt, so hatte man das zerstörte Gleis schnell wieder hergestellt, und die unterbrochene Reise konnte fortgesetzt werden. Es war sehr viel Zeit verloren gegangen, die nun wieder eingeholt werden mußte, und so drängte der Ingenieur zum Aufbruch.

Es war eine eigentümliche Scene, dieses Abschiednehmen des Zugpersonales von den Prairiejägern nach so kurzem, aber desto inhaltsreicherem Beisammensein, und schon gab die Dampfpfeife das übliche Zeichen, als sich die Dame aus dem Fenster des Coupee's neigte und den langen Pitt herbeiwinkte, welcher unweit von ihr seine unendlichen Glieder in die Höhe streckte.

»Heda, Master,« rief sie, »wollt Ihr nicht einmal näher treten?«

»Hm, wenn Ihr denkt, Miß oder Mistreß, so kann ich es schon thun! Was giebt es?«

»Ihr kennt doch den Mann da vorn, den Ihr Sam Fire-gun nennt?«

»Sollte es meinen! Was ist's mit ihm?«

»Wollt Ihr ihm einmal dieses Papier geben? Aber nicht eher, als bis der Zug vorüber ist!«

»Well, Ma'am, das soll geschehen!«

»Und ihm selber, ja keinem Andern!«

»Wenn Ihr denkt, Mylady, so soll es mir ganz recht sein! Aber Pitt Holbers darf's wohl lesen?«[531]

»Pitt Holbers? Wer ist das?«

»Pitt Holbers? Hm, wer denn anders als ich selbst, Mistreß!«

»Nein, auch Ihr dürft es nicht lesen!«

»Na, wenn Ihr denkt, so will ich es bleiben lassen, aber viel Schaden hättet Ihr wohl nicht davon gehabt, denn ich habe noch niemals gehört, daß Pitt Holbers gewußt hätte, wie man einen Buchstaben malt oder vom Papiere herunterschreit. Dik Hammerdull kann's auch nicht; warum soll denn da grad ich es gelernt haben!«

Die Dame zog lachend den vorsichtig verhüllten Kopf zurück; die Wagenreihe setzte sich langsam in Bewegung, vermehrte von Sekunde zu Sekunde ihre Geschwindigkeit, wand sich wie eine dunkle, feuerköpfige Riesenschlange in die dunkle Nacht hinein und war bald den Augen der Nachblickenden entschwunden. Nur ein immer mehr verklingendes Rollen gab ein Zeichen, daß das Band, welches die Westmänner für kurze Zeit mit der großen Welt vereinigt hatte, schon wieder zerrissen sei; dann war auch dieses noch verschallt.

Pitt stieg mit langen Schritten zu Sam Fire-gun, welcher den Befehl gegeben hatte, die zerstreut umherliegenden Waffen der Geflohenen und Gefallenen zu sammeln.

»Hab' Etwas für Euch, hier, Colonell!«

Dieser nahm den Zettel in Empfang und blickte den Ueberbringer fragend an.

»Was ist es, Pitt Holbers?«

»Hm, ein Papier, wie mir scheint.«

»Von wem?«

»Wenn Ihr denkt, daß es von der kleinen Miß ist, welche dort im Wagen saß, so habt Ihr es richtig errathen, Colonel.«

»Von der kleinen Miß? Ich habe doch keine Dame gesehen!«

»Pitt Holbers auch nicht eher, als bis sie den Kopf heraussteckte. Hat mir extra gesagt, daß die Schrift nur für Euch sei. Sollte sie nicht einmal selber lesen. Haha, Pitt Holbers und lesen!«

»Sagte sie nichts über wer, woher und wohin?«

»Kein Wort, Colonel. Wird eine jener Lady's sein, die sich auf Emancipission legen, oder wie das Ding heißt, und nicht eher klug werden, als bis es zu spät ist. Les't das Ding, Sir, aber verschont mich mit der Antwort; ich kann sie ihr nicht nachtragen!«

Old Fire-gun trat zum Feuer und entfaltete das Papier. Es enthielt folgende Zeilen:


»Sir!«


Ihr steht im Begriff, das Opfer eines raffinirten Betruges zu werden. Euer Bruder, der Juwelier Wallerstein wurde ermordet und beraubt. Der Thäter ist der Seecapitain Francois Latour, der unter der Maske eines Vicomte in Deutschland war und jetzt in den Vereinigten Staaten den Namen Heinrich Sander führt. Er hat Euren Neffen getroffen und ebenso beraubt, wie seinen Vater und legitimirt sich jetzt durch die gestohlenen Schriftstücke, um Euch zu übervortheilen. Sein Begleiter heißt Jean Letrier, diente unter ihm auf dem Piratenfchiffe »l'Horrible« und war bei dem Morde zugegen. Das Uebrige überlasse ich Euch.

Clairon.«


Der Tracker starrte lange Zeit auf den verhängnißvollen Zettel, dann faltete er ihn zusammen und steckte ihn zu sich.

»Dik Hammerdull!«

Der Gerufene trat herbei.

»Du weißt genau, daß die beiden Männer dort aus Germany sind?«

»Ob ich es genau weiß oder nicht das bleibt sich gleich, aber sie sagten so.«

»Und wie heißen sie?«

»Der Eine, der Euer Neffe sein will, Colonel, nannte sich Heinrich Sander – Harry würde besser klingen; und der Andre heißt Peter Wolf – ein miserabler Name, Sir; man stößt sich dabei alle Zähne aus der Kinnlade!«

»Hast Du nicht einmal einen andern Namen von ihnen gehört?«

»Einen andern Namen? Hm, nein!«

»Sprechen sie stets nur englisch oder deutsch?«

»Ob englisch oder deutsch, das bleibt sich gleich, aber – halt, Colonel, wenn ich mich nicht irre, so hörte ich vorhin ein Ding, was ganz französisch klang. Vom Deutschen versteht Dik Hammerdull kein Wort, aber mit einem Franzmann kommt er so leidlich fort.«

»Welcher von Beiden sprach so?«

»Der Peter Wolf – der Teufel hole den armseligen Namen; die Leute drüben in Germany müssen ja Zungen haben wie die Ameisenfresser, so lang und dünn!«

»Und was sagte er?«

»Hm, was er sagte, das bleibt sich gleich, aber er meinte, daß man so ein Recontre wie heut' kaum beim Entern zur See erlebt.«

»Ah, Dik Hammerdull, besinne Dich ganz genau. Hat er keinen Namen genannt?«

»Hm – hm – egad, Sir, da fällt mir ein, daß er den Heinrich Sander ›Capitain‹ genannt hat.«

»Also wirklich! Aber ein Name, Dik, ein Name! Denke nach!«

»Ja, ein Name war auch dabei, aber ich hab' nicht auf ihn geachtet, weil ich mit der Rothhaut zu thun hatte, die mit meiner Mirjam – hahaha, Colonel, war das nicht – –«

»Den Namen muß ich wissen!« unterbrach ihn der Tracker. War es vielleicht Latour?«

»Latour? Nein.«

»Oder Letrier?«

»Letrier? Hm, ob Letrier oder nicht, das bleibt sich gleich, aber dieses Wort ists gewesen und auch noch eines dazu.«[532]

»Jean – Jean Letrier?« frug Sam Fire-gun Dik Hammerdull.

»Good lack, Colonel, seid Ihr allwissend? Jean Letrier, ja, so war es, und nicht anders.«

Hier wurde das Gespräch unterbrochen. Winnetou hatte sein Pferd herbeigeholt und unterwegs einen der versprengten, indianischen Mustangs eingefangen, den er jetzt Sam Fire-gun brachte.

»Mein weißer Bruder ist gekommen mit dem Feuerroß; er nehme dieses Thier, um zu seinem Wigwam zu gelangen!«

Er führte die beiden Pferde zu dem Orte, wo man die andern vier angepflockt hatte, und streckte sich dann am Feuer nieder.

Vor der Hand waren die in alle Richtungen zerstreuten Ogellallah's nicht zu fürchten; darum nahmen, als der Kampfplatz in Ordnung gebracht war, auch die Andern neben dem Apachen Platz, um für kurze Zeit auszuruhen und dann ihren Weg fortzusetzen.

Sander hatte sich neben Sam Fire-gun gesetzt. Er schien zu erwarten, daß dieser eine Unterhaltung über ihre Privat- und Familienangelegenheit beginnen werde, hatte sich aber darin geirrt, denn der Tracker redete nur mit Winnetou, und zwar in indianischen Ausdrücken, welche den beiden Neulingen vollständig unverständlich waren. Erst als man sich zum Fortgehen rüstete, wandte er sich zu ihnen.

»Heinrich Sander, ich habe Euch von Clairon zu grüßen!«

Dieses unerwartete Wort traf den Angeredeten, als hätte ihn ein Blitzstrahl getroffen, aber er raffte sich schnell zusammen und frug, allerdings mit vor Schreck heiserer Stimme:

»Clairon? Wer ist das, Oheim?«

»Der Kapitän des ›l'Horrible‹ oder meinetwegen auch der Vicomte de Latour kennt Clairon jedenfalls ebenso genau wie ich! Peter Wolf, klingt nicht für einen Mann, wie Ihr seid, der Name Jean Letrier besser?«

Der Diener stand ebenso bestürzt wie sein Herr vor den Männern. Pitt Holbers und Dik Hammerdull vermochten allerdings nicht sofort sich in die Situation zu finden, aber Sam Fire-gun hatte die Hand am Revolver, und der Apache spielte mit dem Riemen seines Lariat, ein Zeichen, welches jeder Westmann sofort verstehen mußte.

»Ich verstehe Dich nicht, Onkel; bitte, erkläre Dich deutlicher!«

»Laßt den Oheim nur weg, Latour! Ich kenne den[545] Mörder meines Bruders und werde über ihm zu Gerichte sitzen. Heraus mit der Legitimation meines Neffen!«

Sander öffnete den Kugelbeutel und nahm ein kleines Papierpacket hervor, welches er ihm überreichte.

»Hier ist meine Legitimation; das Andre wirst Du mir wohl erklären!«

Sam Fire-gun steckte die Papiere zu sich, ohne sie zu öffnen.

»Die Erklärung erwarte ich von Euch, Francois Latour, aber nicht jetzt, wo uns die Indsmen noch tüchtig zu schaffen machen können, sondern später. Doch merkt Euch Folgendes: Den Mörder meines Bruders bringe ich hinüber an den Platz, wo er die That beging, und wenn meinem Neffen ein Unheil widerfahren ist, so werde ich an dem Thäter noch ein Extraurtheil vollstrecken, wie es in den Gesetzbüchern des alten Landes wohl nicht zu suchen ist. Das schwöre ich Euch, und was ein Tracker schwört, das versteht er auch zu halten! Jetzt vorwärts zu Pferde; der Weg führt nach dem Hide spot!«

Heinrich Sander warf Peter Wolf einen Wink zu, den er unbeachtet wähnte, und schritt zum Pferde. Kaum saß er auf und sah auch den Genossen im Sattel, so gab er seinem Pferde den Stachel zu kosten, daß es hoch in die Höhe ging, riß es herum und jagte, gefolgt von Peter, im gestreckten Laufe davon. Er glaubte, mit dieser plötzlichen Flucht die Männer so überrascht zu haben, daß ihm ein genügender Vorsprung werden mußte, ehe sie an seine Verfolgung dachten. Aber schon nach dem ersten Augenblicke hörte er außer seinem Begleiter noch den Hufschlag zweier Pferde hinter sich; es war der Hengst Winnetou's und die Stute Dik Hammerdulls, welche ihm folgten.

Er spornte sein Pferd zur höchsten Eile; da aber tauchte nur wenige Schritte hinter ihm die vorgebeugte Gestalt des Apachen empor, welcher den Arm mit dem gefährlichen Lariat (Lasso) erhob – ein kurzer, feiner Laut, wie wenn ein Riemen durch die Luft streicht – ein fürchterlicher Ruck – und Roß und Reiter stürzten zu Boden.

Auch hinter ihnen erscholl ein Schrei. Die alte Stute hatte ihre Schuldigkeit gethan; Hammerdull stand über dem auf der Erde liegenden Peter Wolf und schnürte ihm die Arme zusammen. Sam Fire-gun und Pitt Holbers hatten sich auf die Geschicklichkeit der beiden Verfolger verlassen und waren ihnen langsam nachgeritten. Sie erreichten jetzt den Platz, wo die Ereilten gefesselt lagen.

»Pitt Holbers, altes Coon, schau her,« meinte Hammerdull, »ob das Green-horn wieder loskommen wird! Ist der Riemen fest genug, he?«

»Wenn Du denkst, Dik, daß er fest genug ist, so habe ich Nichts dagegen. Zieh' nur die Schlinge von seinem Pferde, damit es nicht erstickt!«

»Ob es erstickt oder nicht, das bleibt sich gleich, aber da wir das Viehzeug noch brauchen können, so wollen wir sie losmachen.«

Auch der Apache hatte bereits die Schlinge von dem Pferde Sanders gelöst. Dieser hatte sich niedergerissen und gefesselt gesehen, ehe es ihm nur möglich war, ein Glied zur Gegenwehr zu rühren, und stand nun wie ein bereits verurtheilter Deliquent vor Sam Fire-gun.

»Herr Vicomte de Latour, Ihr seid ein schlechter Reiter. Versucht das Stück nicht wieder, sonst lassen wir anstatt des Lariat die Büchse sprechen! Ihr habt Euch jetzt als schuldig bekannt und sollt erfahren, wie ein Tracker seinen Schwur zu halten weiß. Dik Hammerdull und Pitt Holbers, ich übergebe Euch diese Männer. Bindet sie im Sattel fest und seht zu, daß wir sie gut ins Hide-spot bringen. Come on, der Weg ist noch weit!«

Der kleine Zug setzte sich wieder in Bewegung. Die Vorsehung hatte eine jener tausendfältigen Episoden gestattet, welche der Ungläubige Zufall nennt, in denen aber der schärfere Beobachter das Walten einer Alles lenkenden Vorsehung erkennt. – –

Quelle:
Auf der See gefangen. Criminalroman von Karl May. In: Frohe Stunden. 2. Jg. Dresden, Leipzig (1878–1879). Nr. 35, S. 545-546.
Lizenz:
Ausgewählte Ausgaben von
Auf der See gefangen
Auf der See gefangen
Auf der See gefangen. Gesammelte Werke Bd. 80

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Traumnovelle

Traumnovelle

Die vordergründig glückliche Ehe von Albertine und Fridolin verbirgt die ungestillten erotischen Begierden der beiden Partner, die sich in nächtlichen Eskapaden entladen. Schnitzlers Ergriffenheit von der Triebnatur des Menschen begleitet ihn seit seiner frühen Bekanntschaft mit Sigmund Freud, dessen Lehre er in seinem Werk literarisch spiegelt. Die Traumnovelle wurde 1999 unter dem Titel »Eyes Wide Shut« von Stanley Kubrick verfilmt.

64 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon