Antwortschreiben an O. Erdmann zu Hofgeismar bei Kassel

Siehste, so biste! Wennste, so könntste! Nu brauchste den Hobble-Frank ooch, um aus dem Fundamundum zu erfahren, wie een Lasso eegentlich konschterniert wird! Advokatorisch betrachtet hab ich's gar nich nötig, off so eene merkantilische Sonnabendsfrage eene meiner berühmten metaphystischen Feiertagsantworten zu schtipulieren, denn ich sitze jetzt off meiner byzantinischen Sommerlogis-Villa, die ich mir von dem Goldklumpen gekooft habe, von dem du ooch noch lesen wirscht, und ruhe nach den Anschtrengungen des Prairielebens off meinen Pfefferkörnern und Lorbeerblättern aus. Aber weil ich als unbewußter Mitarbeiter und Ehrenritter des »G. K.« alle Abonnenten desselben mit meiner Gnade und Barmherzigkeet beschtrahlen und zu mir erheben möchte, so sollst ooch du off der Ruine von Schönburg oder Schöneberg bei Hofgeismar mal wonnevoll in meiner beglückenden Protektion schwelgen, falls mir nämlich das bekannte polygonisch-obschtinate Setzerlehrlingelchen nich meine geistvolle Orthographie und Konterpunktion verdirbt. Also trawalljeh, mosjeh!

Wer sich eenen Lasso machen will, der koofe sich eene junge Kuh, lasse sie schlachten, reenige das Bauchschtück des Felles sorgfältig von allen Schpuren des irdischen Fleesches und schneide fünf zwanzig Ellen lange und federmesserklingenbreete Riemen aus demselben. Das muß aberst in eener sogenannten Konschpirallinie geschehen, sonst werden die Riemen nich lang genug. Dieselben werden dann fünf Tage lang in eene konzentristische Lauge von Aqua und Holzasche gethan und nachher ebenso lang schtraff ausgeschpannt und täglich zweemal tüchtig mit Rindsgehirn durchsäuselnd eingerieben. Nun kann man ans Zusammenflechten gehen, was eene bedeutend intelligente Konferenz der Fingerfertigkeet erfordert, wenn die fünf Teele eene so ästhetisch-hochwürdige Alliangs bekommen sollen, daß sie eenen festen, tadellos runden Riemen bilden. Das eene Ende bekommt eenen Knoten gewidmet, mit dem es an den Sattelknopf befestigt wird; in das andere muß man gleich anfangs eenen Ring flechten, der eenen solchen Radius mal Radius mal Bibi hat, daß der Riemen mit hellespontischer Leichtigkeet hindurchgleiten kann. Nun endlich wird der Lasso geräuchert, wozu man grad unter dem Zenith ein Loch in den Erdboden des Meridianes machen muß. In diesem Loch brennt man verfaultes vegetabilisches Holz an, das vielen Rooch und keene Leuchtturmflamme gibt. Rundum werden nach Art der Zeltpfähle Schtangen eingeschteckt und oben zusammengebunden, um hieran den Lasso offzuhängen. Ueber diese Konschtruktion kommt eene Decke, daß der Rooch nich entweichen kann. Hat der Lasso eenen Tag lang die Annehmlichkeeten dieses Qualmes genossen, so wird er herausgenommen, möglichst reenlich gereinigt und is nu zum Gebrauche fertig. So een Riemen kann eene Last von vielen Zentnern aushalten und verliert selbst in der größten Nässe weder seinen zuverlässigen Charakter noch sein geschmeidiges Temperament.

Also off diese Weise werden bei den Indianern die Lassos ang detalch gefertigt. In Hofgeismar aber werden zusammengeflochtene Schnuren oder wohl gar een Schtrick genügen, an den man eenen Ring befestigt. Off dem Anger meines gegenwärtigen Existenzpunktes schpielen die männlichen Knaben fast täglich »Old Shatterhand und Winnetou.« Ich habe ihnen Lassos aus Zuckerhutschnuren geflochten; des Nachbars Kurt bringt seine Ziegenböcke, was die wilden Bisons sind, die gefangen werden sollen. Das gibt een Tummeln wie bei den olympischen Schpielen, wo das Schwert geschwungen und der Fiskus geworfen wurde. Selbst die Ziegenböcke haben ihre Freede dran, zumal die Bubens sich sehre in acht nehmen, sie oder etwa gar sich selbst mit den Lassos zu verletzen.

Wie nun aber so een Lasso geschlungen und geschwungen wird, darüber schweigt des Sängers Höflichkeet einstweilen noch. Old Shatterhand wird es dir in der Llano estakata sehr bald so genau zeigen, daß du es ihm nach eeniger Uebung wirst nachmachen können.

Uebrigens conschtratiere ich bei dieser plusquamperfekten Gelegenheet, daß der Verfasser der beeden Erzählungen meine weltgeschichtliche Persönlichkeet nich mit der wünschenswerten aquädukten Genauigkeet geschildert hat. Er läßt noch viel zu wenig von meiner imposanten Geisteskarbonate schpüren. Er zeechnet mich nur mit Bleischtiftkonturen und malt mich nich mit Sepia an. Ich verlange hiermit dickere Farben ins Gesicht! Ich bin noch viel gescheiter, als ich da im »G. K.« schtehe. Wenn er das richtige Geschick nich hat, een wirklich naturdiagonales Porträt von mir in die Unendlichkeet zu rikoschetieren, so mag er sich ergebenst zur Thür hinaus empfehlen, und ich schreibe in Zukunft meine Erlebnisse für den »G. K.« höchst eegenhändig selber! Womit ich alle lieben Kamerädchens meiner ferneren malayischen Huld versichere und mich in aeternum unterschreibe als ihren wissenschaftlichen Gönner und Minotaurus

Hobble-Frank,

früher Forschtgehilfe zu Moritzburg in Saxen.[638]


Quelle:
Antwortschreiben an O. Erdmann zu Hofgeismar bei Kassel. Hobble-Frank. In: Der Gute Kamerad. 2. Jg. Nr. 40. S. 638. – Berlin, Stuttgart: W. Spemann (1888), S. 638-639.
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