2.

[287] In alten Zeiten wohnte auf Alsen ein großer Riese und die Leute auf Sundewitt waren seine Zinsleute. Einst aber weigerten sie sich den Zins zu bezahlen, und als er nun sie züchtigen und durch den Sund von Alsen nach Sundewitt waten wollte, da schossen sie mit Pfeilen und Steinen nach ihm, daß er nicht herüber konnte. Nun ergriff er einen großen Stein und warf den hinüber; und das ist der Barstein oder Deggerstein auf dem Düppelberg, der sechzig Ellen im Umfang hatte und noch zwölfmal so tief in der Erde stecken soll.

Man erzählt von diesem Stein auch so: Es war einmal vor vielen hundert Jahren auf Alsen eine Dame, die in allen Zauberkünsten hocherfahren war und die deshalb nicht nur die Reichste und Mächtigste, sondern selbst, obgleich sie schon über hundert Jahr alt war, die Schönste genannt ward. Sie hatte aber eine schwarze Seele und war ein boshaftes altes Weib. Als ihr Liebhaber sie einmal heimlich verließ, geriet sie so[287] in Wut, daß sie den großen Stein ihm nachschleuderte. Aber sie verfehlte ihr Ziel, und der Stein fiel auf dem Düppelberge nieder. Nun schleuderte sie einen zweiten Stein ihm mit ihrem Strumpfbande nach; aber das Strumpfband riß und der Stein fiel bei Tombüll, Kirchspiel Feldsted, nieder. Auch der Stein, den man noch weiter westlich ins Land hinein bei Ulderup weist, soll von ihr herrühren. Den großen Hattlunder Stein auf dem Schiersberge in Angeln warf sie über den Flensburger Busen herüber, als sie in Queern die erste christliche Kirche erbauen sah und sich ärgerte, daß der Turm den ihres Schlosses überragte. Auch da riß zum Glück das Strumpfband; doch steht der Queerner Turm noch immer ein bißchen schief. Hinter dem Dollerupholze in Angeln liegt auch ein großer Stein, der Fyensteen; den hat der Teufel von Fühnen herübergeworfen.


Herr Kandidat Arndt. Herr Hansen auf Sylt etc. Neues Staatsbürgerl. Magazin II, 66. Itzehoer Wochenblatt 1842 Nr. 35. Achter Bericht der Gesellschaft etc. S. 6. Vgl. Nr. 143. 214.

Quelle:
Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg. Kiel 1845, S. 287-288.
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