Rübezahl verehret einem was zu seinem gewůnschten Gedächtnüß.

[28] Unlängsten soll ein Studente über das Gebürge gezogen seyn / der bey sich von Hertzen gewünschet / daß ihme doch Rübezahl gütig begegnen möchte / und etwas zur Angedencke verehren. Wie er also mit dergleichen Gedancken schwanger gehet; siehe / da findet sich der Rübezähl zu ihme / doch in unerkanter Gestalt / wie ein vornehmer Mann / spatzieret eine weile mit ihm / fraget / wo der Studiosus hinaus wolle? und wie jener eine Stadt benahmet / dahin er getrachtet / da hat Rübezahl zu ihme gesaget: Ey /guter Freund / das ist wohl und recht getroffen: Ich bin eben in derselben Stadt einem gewissen Manne dieses eingewickelte Ding schuldig; Wollet ihr nicht gebeten seyn / und ihme meinetwegen solches unbeschwert überreichen?[29] Ich will euch nach diesem wiederumb eine Wolthat erzeigen. Gar recht / und sehr wol / sprach der Studente / ich wil es demselben Manne gantz richtig lieffern. Und in dem war der Rübezahl von ihm geschieden. Dem Studenten aber war etliche Stunden hernach ungefehr eingefallen / und in Sinne gekommen / wie daß die Sache vielleicht auff seine Seite seyn möchte: Item / daß es dürffte der Rübezahl gewesen seyn / welcher vorher mit ihm gesprachet: Derentwegen hatte er das Päcklein auffgelöset /und einen eisern Dolch drinne gefunden / nebenst einem Briefflein an obgedachten Manne. Wie also der Studente seiner Meynung nach betrogen gewesen / hat er auff vorige Art das Bindelein wieder zusammen gemachet / und war damit etliche Meyle / biß schier an die bewuste Stadt / gezogen: Woselbsten der Dolch aus der Massen war schwer geworden / also daß dem Studioso unrecht[30] darbey gedaucht: Derentwegen er denn abermal das Bindelein auffgelöset / da er denn erstlich seines Wunsches theilhafftig geworden / in dem er mit sonderlicher Verwunderung gesehen / daß des Brieffes Uberschrifft verändert / und an ihn / gestellet gewesen. Item / daß der eyserne Dolg in pur Gold verwandelt gewesen. Drauff er den Brieff auffgebrochen / und nach der beschehenen Entsiegelung befunden / wie der Innhalt gelautet / daß er in Person dieses Geschencke behalten solte / und zum Gedächtnüß verwahren / sintemal ers verehret bekäme von dem Rübezahl / der in Gestalt eines vornehmen Mannes vor wenig Tagen mit ihme auff dem Riesen Gebürge geredet. Wer war hier lustiger gewesen als der Studente? als der zum Boten Lohne nicht nur einen schlechten Danck / sondern ein köstliches Pfand empfangen. Und zwar hat sich auch allhier noch ferner der Rübezahl / als ein[31] außbündiger / wiewohl übernatürlicher Anagrammatista erzeiget. In dem er den Dolch durch Lötterkehr zu Gold verkehret hat.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 28-32.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil