Rübezahl lässet sich den Bart abscheren.

[40] Ein gewissenhafftiger Mann wuste mir zusagen; Wie daß der Rübezahl vor Jahren zu einem Balbierer gekommen /[40] einen grausamen grossen Bart præsentiret /und denselben habe butzen lassen. Doch hat er auff solche Art mit dem Meister accordiret; Nemlich daß er ihme die abgeschorne Haare vor die Mühe Waltung geben wolte: so ferne er zu frieden seyn würde: Doch solte er sicherlich gedencken / daß sich des Scherens noch wohl belohnen solte. Meinthalben / sagete der Meister: Ich will hoffen / der Herr wird seine Wort nicht umbsonst geredet haben: Solte sich dennoch sonsten die Zahlung nicht draus finden / so will ich mich auch auff folgende Art zur Rächung / bezahlt machen: Nemlich ich will eure Haar den Schweinen zu fressen geben. Wird nun euch solches kein Schimpff seyn / so soll mich meine begehrte Arbeit auch nicht kräncken. Nein / antwortet der unerkante Rübezahl in eines vornehmen Herrn Gestalt: Schier nur immer drauff: Ich will dir schon etwas bescheren. Und hiemit gieng das Haarscheren an: Der[41] Balbier schnitte immer in den langen stopfflichten Bart mit Macht hinein / daß das Messer immer gnurschde gnursch gieng / wie man in ein Hauffen Gesträuch hauen und rauschen mag: Biß er endlich den Mundwald herunter sebelte / und immittelst wenig grosse Läuse darinne ertappete. Drauff wie es geschehen war / gieng der gebutzte Rübezahl von dannen; gedenckende / daß es sich über eine Viertelstunde außweisen würde / was er zur richtigen Belohnung dem Meister zuwenden wolle. Was geschicht? Der Balbierer erwartet die Zeit und die Schencktage mit Verlangen: Besiehet unterdessen das abgenommene Haar in die qver und in die Läng / und befindet nichts dran / als lauter lange Sauborsten / mit dicken Läusen verposamentieret / biß er endlich ungedultig wird / und / nach Verlauff der bestimten Zeit / seinen Bengel den Qvarck auffropffen / und den Säuen vorschütten hieß: Aber da befand es sich[42] erstlick im Außkehrichte / was der Wichtigkeit war: In fine videbatur, cujus doni & toni. Nemlich wie der Junge die Haar zusammen raspelte / da befand er / daß es lauter güldene Knöpffelein vermenget dran hiengen: Worüber der Balbierer froh geworden / und bey ihme aus der deutschen Laus / ein Lateinisches Laus entstanden ist: In deme er etliche Ducaten werth an den verwandelten Läusen aus den Haaren gehabt. Hie hat also Rübezahl richtig wahr gemachet / was man sonsten im Traumbüchern lieset / denen dieses falls wenig zu trauen ist / nemlich wenn einem von Läusen träumet / daß man werde Geld bekommen / Glücke haben / und wackere Fünte thun.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 40-43.
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