Rübezahl agiret einen Alp.

[221] Man schwatzet viel Zeuges von dem Nacht-Männlein / welches die Leute sol drucken; Item man schläget auch unterschiedliche Mittel vor / wodurch man solchen incubum vertreiben könne: wie Schwenckfeld lib. 3 Fossile Siles. pag. 370. Eine Arth Krötenstein /zu Griegisch Brontian geheissen / nit allein nennet Pygmæen Stein /[221] sondern auch Albstein zweiffels ohne / weil der gemeine Mann solchen wider den Ephialtem abhibiret, und noch an einen andern Orte benennet er ebenmässig ein Abergläubisches Weibermittel wider solchen Alp. Davon auch in meiner Weiber Philosophia viel Schnacken zu seiner Zeit können nachgeblättert werden. Itzund habe ich nur für / zuerzehlen / wie sich der Rübezahl in einen Alp verstellet. Nemlich ein Bothe / welcher über das Gebürge seine Verrichtung gehabt / sol sich verspätet haben; derentwegen er gezwungen worden / bey der einbrechenden finstern Nacht / sich unterwegens niederzulegen / und die Nacht über zu ruhen. Wie es nunmehr schier umb zwölff gewesen / sol der verstalte Rübezahl in figur einer rauchen Katzen heran geschlichen seyn / und den Mann sehr geängstet haben;[222] daß er gleichsam Eulen Schweiß geschwitzet: Endlich aber sol er ihm wieder verlassen haben: Drüber der Wandersmann in einen tieffen Schlaff gefallen / drauß er auch nicht eher wieder erwachet / biß es liechter Morgen gewesen. Da der Wandersmann sich auffgerichtet / vnn neben sich eine Büchse voll lauter Ducaten angetroffen: Die er zu sich gesteckt / und damit davon gangen ist. Und biß hieher von der obgedachten Historia: Worbey ich dieses noch anzufügen habe: was ich unlängst bey Herrn Michaeli Crugenero angetroffen / in seinem Chymischen auffgewickelten Gebrauche und Bereitung seiner Elixiren: capite 1. Sect. 9. pag. 38. etc. Da er über alle massen hüpsch von dem Alp discuriret: Indeme er dessen Natur und Cur zu erkennen giebt; welches miteinander zweiffels ohne den imbrünstigen Leser[223] lieb und angenehme seyn wird; daß ers auch für Augen und zu Gemüthe ungefehr bekomme. Des vorgemelten Herrn Crügneri Sermon ist folgender. Von dem Nacht-Gespenst. Ephialtes oder Incubus, das Nacht-Gespenst / oder Alp: Etliche halten diese Kranckheit für einen Vortrab der fallenden Sucht; weil in derselben der Leib dermassen beschwert / daß die Bewegung und Rede dadurch verhindert wird. Solches wiederfähret aber diesen Menschen / der auff dem Rücken lieget / vnn im Schlaff fühlet / als krieche ihm etwas von den Füssen an biß zu der Brust hinauff / und dann ihn als ein Gespenst hart beschwere und drücke. Denn der Athem und die Stimme wird verhalten: deswegen solche Leuthe biß weilen ein Winseln vnn Kirren von sich hören lassen. Etliche halten es für ein lauter Teuffels[224] Werck und Gespenst / welches von den Zaubern und Hexen herrühre: Nun ist wol zu glauben / daß es nit allzeit eine Kranckheit vnn falscher Wahn sey / dieweil etliche /die neben solchen Leuten / so der Alp vexiret / im Bette gelegen / dasselbe Gespenste kommen hören /vnn selbst / daß es rauch gewesen / gefühlet haben. Ja es ist geschehen / und geschiehet noch / daß in dem Hause / da ein Mensch also geplaget wird / alte Vetteln / alle Morgen Feuer / dadurch sie ihre Zauberey verbringen mögen / zu holenn pflegen / und nicht ablassen / biß man ihnen Feuer gebe / und ob man sie gleich abweiset / so nehmen sie es selbsten doch heimlich / mit welchen sie zwar nicht so sehr / als man es ihnen gegeben / zaubern können. Uber dieses greifft ein solch Gespenst nie allein die Schlaffenden /sondern auch die da wachen / und sich wol[225] versinnen / an. Also treibets der Teuffel / und haben die alten Vetteln ihr Spiel. Solches wiederfähret den Manns- und Weibes-Personen / sonderlich aber den jungen Wittben / die wissen nicht von weme sie also beschweret und gedruckt werden. Etliche aber die es wissen / und solchen Alp wol kennen / können dessen loß werden / denn sie wollen / von welchen wir hier nichts sagen wollen. Man findet in Tischreden Lutheri und in dem Augustino daß ein Weib in Ungarn von einem Gespenst ein Kind zur Welt gebohren habe. Wohl zu glauben ist / daß ein solch Gespenste die Melancholische Leute ehe angreiffe als andere / die nit so schwermütig Geblüte haben. Ob sich aber der Teuffel durch natürliche Mittel vertreiben läst / ist noch im Wortstreite / und disputiren viel hiervon die Gelehrten. Etliche halten davor / dieses sey ein Gauckelwerch des Gespenstes und der zauberischen Leute /und müsse durch dergleichen Gauckelwerck des Gespenstes vertrieben[226] werden mit Schelten und Fluchen. Die Papisten halten viel vom Johannis Kraut / und theilen selbigen viel Tugenden zu / daß es nebenst andern wieder mancherley Zauberey und andern Unglück diene / sonderlich wenn es zuvor geweyhet und gesegnet sey / welches Kraut sie denn an St. Johannis Tage / sambt andern Kräutern weyhen / und in die Häuser auffhengen lassen / daher gedachtes Johannis Kraut Fuga Dæmonum genennet wird. Und ich halte meines Erachtens dafür / es sey kein Aberglaube / ob man gleich solches und dergleichen andere gute Kräuter im Hause gebrauchet und auffhenget / doch sage ich diese Bedingung hierzu / daß man GOtt darbey nicht aus den Augen hindan setze / sich darauff verlasse / noch einen GOtt darauß mache. Denn wenn vor das Gespenst Wintergrün / Eisenkraut / Teuffels Abbiß / Rauten / Beyfuß / Pœlonien und rothe Corallen halten mag. Und ob gleich der Teuffel durch ein ernstes Gebeth[227] auch kan vertrieben werden / so seynd doch andere Mittel / denen er feind ist / darneben zu gebrauchen / auch nicht verbothen. Darumb pfleget man biß dahero noch im Pabstthumb mit Weyrauch zu räuchern / von welchen ein Sprüchwort entstanden / daß mancher für ein Ding sich fürchte / als der Teuffel vorm Weyrauch / sintemahl GOTT solche Krafft und Wirckung in die natürliche Dinge geleget hat /daß sie dem bösen Feind zu wider seyn müssen: Derowegen mögen solche angefochtene Leute ohne Aberglauben Pæonien Wurtzel / dessen wir / auch Corallen und Agtstein-Körner stets am Halse tragen. Kan also berührter Alp / bißweilen ein Gespenst /bißweilen eine Kranckheit seyn. Wenn es nun eine Kranckheit ist / so hat sie ihren Sitz umb die Brust und Zwergfell / welches damit eingenommen wird: denn der Athem und Stimme wird verhalten. So kan auch leichtlich das Gehirn / in dem es mit leidet / von den auffrauchenden[228] Dünsten / verletzet werden / weil der Mensch ihm seltzame Dinge einbildet / und sich dadurch der Bewegung beraubet. Indem nun der Mensch sich also ängstiget und quälet / so erhitzet er das Geblüth / welches hernach die schweren Dünste hertreibet. Die natürliche Ursach solcher Beschwerung rühret gemeiniglich von schweren Melancholischen Geblüthe her. Welche derhalben mit solchen und dergleichen Gebrechen beladen seyn / die wollen zu Abends / wenn sie zu Bette gehen / nebenst fleissiger GOttes Befehlung / von meinem erwärmenden Haupt- und erwärmenden Hertz-Elixir von ieden 10. Tropffen / in Melissen- und Johannis Kraut Wasser gebrauchen / und darmit eine zeitlang anhalten. Was die Jungen Witben betrifft / so kan ihnen solch Übel von Verstopffung der Blumen / oder Fäulung des Saamens / leichtlichen begegnen / welche dann / wenn sie das rechte Mittel des Mannes erlangen / am besten in vorige[229] Gesundheit wieder restituiret werden: Im Fall aber mögen Junge Witben / und verlebte Jungfrauen /do sie des Mannes Mittel nicht haben / noch wieder erlangen / das erwärmende Haupt-erwärmende Mutter- und erwärmende Hertz-Ellixier, von ieden 8. Tropffen zugleich unter einander vermischt / des Abends eine zeitlang in Melissen / Beyfuß- und Johanniskraut Wasser gebrauchen. Sonsten wenn bey ihnen viel übrig Blut vorhanden / sollen sie zur Ader /oder ihnen Köpffe setzen lassen. Speisen und Geträncke / welche grob Geblüthe machen / so wohl auch dumpffichte Gemächer und Schlaffkammern / denen das Secret oder heimlich Gemach nahe ist / sollen vermieden werden. Geräuchert Fleisch und Fisch / ingleichen was eingesaltzen / und sonsten schwer zuverdauen ist; Alle junge oder sonst starcke und wohlgehöpffte Biere und schwefflichte Weine: Item alle mühsame Geschäffte unn schwere Gedancken / sonderlich des Abends / sol[230] man meiden und hindan setzen / auch sonsten keine traurige Spectacul ansehen / oder unfreundliche Historien lesen. In Summa / wer diese Kranckheit recht curiren wil / der muß vor allen Dingen die rechte und eigendliche Ursache derselben recht erkennen und in acht nehmen. Ist denn der Mensch von Natur schwermütig / so sol man / wie billich / nach dem jenigen trachten / was ihn ermuntern / und zur Fröligkeit anreitzen kan / utzd denselben / es sey zu Tag oder Nacht / nicht alleine lassen /sondern vielmehr mit ihme freundlich umbgehen / und wo dieses noch nicht helffen wil / die Music und allerley Kurtzweil zu Hülffe nehmen. Hierzu gehöret / was voriger Autor d.l. in Appendice beyfüget. Als pag. 32. etc. da dieses stehet: Gewiß ists / daß die Action des Magens und Miltzens groß unn mächtig / und an stat des Hertzens ist / auch desselben Ambt verrichtet. Denn der Miltz hat in solchen Krümmen / lebhafft und reiche Zahl der Puls-Adern seine [231] Conceptus nicht umbsonst / sondern so offt er seine Conceptus mit der Lust eines andern Alimenti ergreiffet / so ruhet es /und macht nemlich stillstehend den Schlaff. Wer /wenn es nicht vollkommen / oder durch Aengstigung des Magens verwirret wird / so machet er auch verwirrete Träume / wie denn diß dato dafür gehalten wird / daß das Drucken des Alps von den Præcordiis komme. Denn er kömt gemeiniglich / wenn man etwas zu viel harte Speisen auff den Abend gessen /oder der Magen sonst kranck ist. Und solches geschicht nicht denen / die auff der rechten Seiten / sondern die auff den Rücken oder lincken Seiten liegen. Wenn sie nun fast genug geschlaffen haben / so fühlen sie gar sachte / machen sich Gedancken und meynen / sie tasten was mit den Händen / und sehens mit den Augen / können sich aber doch nicht rühren. Und diß ist nemlich der beschwerte und überfüllete Magen / und dessen noch nicht vollbrachte Würckung / darumb[232] wiederfährets denen / die auff der lincken Seiten / dahin sich der Magen-Mund kehret / liegen. Daher sonderlich zusehen / daß der Magen über die Bewegung herrsche / und sonderlich darinnen den Schlaff /Träume und die Bewegung regiere. Denn die Träume des Incubi und Alps sind fast allezeit einerley / wie auch die Ohnmacht sich zu bewegen / so lange der Magen mit dem Schlaffe also beschweret / auffgehalten wird. Von etlichen wird sonst der Alp also beschrieben / als weren es dicke Vapores, die sich in das Marck des Rückgrads zögen / weil wir aber in der Hermetischen Physicâ keine dicke Humores haben oder finden können / so lassen wir solche Meynung billich fahren. Und damit ich auch etwas von mir bezeuge / so bin ich offters / vielmehr vor diesen als ietzo / ehe sich die Hæmorrhoides bey mir geöffnt /mit dieser Plage beleget gewesen. Denn ich bin ein Melancholicus, und also vor diesem mit dem Malo Hypochondriato mehr[233] geplaget gewesen / als Gottlob ietzunder / denn in meinem Themate ist Saturnus der Dominus Genituræ, nebenst der Sonnen und Venere, bin derentwegen bewogen worden / unterschiedliche Autores auffzuschlagen / und wenn mir solches in der Nacht begegnet / habe ich in solchen Drücken gar eben die Autores observiret, war einer und der andere davon statuiret. Möchte mancher wol lachen und sagen / was ist das / und wie räumet sich denn dieses hieher? Antwort / es ist umb Darthuung willen geschehen. Und ist wahr / wie ich auch gar eigendlich empfunden / daß Paracelsus de morbis Ament. fol. 494. A. die Sache am besten beschrieben habe.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 221-234.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon