Siebentes Kapitel.

[52] Panurgens fernerer Handel mit Zinshahn.


Mein Freund, Herr Nachbar, antwort der Kaufmann, dieß ist nur Futter für Könige und Fürsten. Ihr Fleisch ist[52] so auserlesen saftig zart und delikat, daß es ein wahrer Balsam ist. Auch bring ich sie aus einem Land wo, Gott verzeih mirs, die Schwein nichts als Muskatnüß fressen, die Säuen im Kindbett (mit Respekt der ganzen würdigen Gesellschaft!) mit eitel Pommeranzenblüth gefüttert werden. – Doch, sprach Panurg, verkauft mir einen; und ich zahl ihn euch königlich, auf Bauern-Wort. Wie theuer? – Mein Freund, Herr Nachbar, antwort der Kaufmann, es sind die leiblichen Enkel deßjenigen der Phrixus und Helle weiland durchs Hellespontische Meer trug. – Blitz! rief Panurg, ihr seyd Clericus, vel addiscens? – Ita, sprach der Kaufmann, das ist Weißkraut, vere, das seyn Tannen. Aber rrrrr rrrr rrrrr ho Hans! rr rrrrr! die Sprach versteht ihr nimmermehr.

Was ich sagen wollt: überall wo die aufs Feld hin seichen, wächst das Korn darnach als wenn der liebe Gott selbst hin geseicht hätt, und weder Mist noch Mergel brauchts da. Ja was mehr: aus ihrem Harn ziehn die Quintessenzer den aller besten Salpeter der Welt. Mit ihren Norbeln salva venia, curiren die Aerzt bei uns zu Haus an achtundsiebzig Krankheitsarten, darunter des Santognischen Eutropius Uebel, die geringst ist; Gott behüth uns in Gnaden dafür! Wo denkt ihr hin, Herr Freund und Nachbar? Auch kommens mich gar hoch zu stehn.

Hoch hin, hoch her, versetzt' Panurg, es gilt schon: nur verkauft mir einen für gute Zahlung. – Mein Freund, Herr Nachbar, sprach der Kaufmann, bedenkt ein wenig, was für Mirakel der Natur in diesem Vieh wie ihr's da seht, verborgen sind, und in einem Glied, das ihr wohl gar für unnütz hieltet. Nehmt nur die Hörner da, stampfet sie ein wenig mit einem eisernen Stössel, oder mit einem Feuerbock, ist mir all eins; vergrabt sie dann im Sonnenschein, wohin ihr wollt, und begiesset's fleissig; in wenig Monden habt ihr den schönsten Spargel der Welt, den Ravennischen selber nicht ausgenommen. Sagt an, wo habt ihr Herren Hahnreys in euern Hörnern wohl solche Tugend und Wunderkraft?[53]

Nur sacht, nur sacht, antwort Panurg. – Ich weiß nicht, sprach der Kaufmann, seyd ihr ein Studirter? Ich hab schon manchen hochstudirten, ja grundgelahrten Hahnrey gekannt, hum hum. Doch was ich sagen wollt! wenn ihr studirt habt müßt ihr wissen, daß in den aller untersten Gliedern (den Beinen) dieser göttlichen Thier ein Knöchlein steckt (es ist die Fers, astragalus, wenn's euch beliebt) mit welchem und keinem andern Thier-Bein der Welt, (als nur des indischen Esels und der lybischen Dorcaden,) man vor Alters das Königsspiel der Tali spielt', worin einmal der Kaiser Oktavianus Augustus an einem Abend über 50,000 Thaler gewonnen hat. Ihr andern Hahnreys könnt lang passen bis ihr so viel gewinnt. – Nur sacht, antwort Panurg, und macht ein End. – Und wie erst, fuhr der Kaufmann fort, mein Freund, Herr Nachbar, werd ich euch die innern Theil nach Würden preisen? den Bug, die Schlägel, die Keulen, die Fett-Seit, Brust, Leber, Milz, Pantsch, Kutteln, Blas, womit man Ballen spielt, die Rippen, wovon man in Pygmien hübsche kleine Vöglein macht, die Kranniche mit Kirschkernen zu erlegen? den Kopf, daraus man, mit ein wenig Schwefel, den wunderkräftigen Absud kocht, hartleibige Jagdhund zu laxiren?

Ey Quark, Quark! fiel der Schiffspatron dem Kaufmann in das Wort, dieß heißt zu lang um den Brey herum gequirgelt. Wenn du wilt, verkaufs ihm, oder halt ihn nicht länger zum Narren. – Ich wills, antwort der Kaufmann, euch zu lieb. Doch soll er drey Tornosen-Liver fürs Stück bezahlen, und hat die Wahl frey. – Dieß ist sehr theuer, sprach Panurg. Bey mir zu Haus kriegt' ich wohl fünf bis sechs für das Geld. Seht wohl zu ob's nicht zu viel ist! Denn ihr wäret der Erst' auch nicht von meinen Bekannten der, weil er allzu jählings reich und feist wollt werden, hinterrucks in Armuth fiel, ja wohl mitunter den Hals brach. – Daß dich Gotts Marter schänd! schrie hier der Kaufmann, grober Hach, Narr der du bist: beym theuern Heilthum zu Charrous! der kleinste Hammel dieser,[54] ist viermal mehr werth denn der best von denen die einst die Coraxier im Tuditanen-Gau in Spanien, um ein Talent Goldes das Stück verkauften; und wieviel denkst du Pfund-Narr wohl daß ein Talent Goldes gegolten hab?

Großwürdigster, antwort Panurg, ihr erhitzt euch in euerm Koller, soviel ich seh und spüren kann. Wohlan, nehmt hin, hie ist das Geld. – Nachdem Panurg den Kaufmann bezahlt, erkohr er aus der ganzen Heerd einen schönen und grossen Hammel, und trug ihn schreiend und blökend davon, daß all die andern ihn blöken hörten und gleichfalls wieder blökend zusah'n wohin man ihren Camrad trüg. Unterdessen sprach der Kaufmann zu seinen Hirten: Ey wie schlau der Kund gewählt hat! Er versteht sich mein Treu darauf, der Hurensohn. Bey meiner höchsten Seel, ich dacht ihn dem Herrn von Cancale zu; denn ich kenn wohl sein Naturell: er ist nicht froher und aufgeräumter von Natur als wenn er euch eine Hammel-Keul in der linken Hand fein leicht und maulrecht schwenken kann, wie eine Ballpritsch: gebt ihm dazu ein scharfes Messer, und Gott weiß wie er alsdann scharmüzzelt.

Quelle:
Rabelais, Franz: Gargantua und Pantagruel. 2 Bände, München, Leipzig 1911, Band 2, S. 52-55.
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