Erster Auftritt


[98] Auf dem Nachttische zwei brennende Lichter. Im Hintergrunde des Zimmers einige Pagen auf den Knien, eingeschlafen. Der König, von oben herab halb ausgekleidet, steht vor dem Tische, einen Arm über den Sessel gebeugt, in einer nachdenkenden Stellung. Vor ihm liegt ein Medaillon und Papiere.


KÖNIG.

Daß sie sonst Schwärmerin gewesen – wer

Kanns leugnen? Nie konnt ich ihr Liebe geben,

Und dennoch – schien sie Mangel je zu fühlen?

So ists erwiesen, sie ist falsch.


Hier macht er eine Bewegung, die ihn zu sich selbst bringt. Er sieht mit Befremdung auf.


Wo war ich?

Wacht denn hier niemand als der König? Was?

Die Lichter schon herabgebrannt? doch nicht

Schon Tag? – Ich bin um meinen Schlummer. Nimm[98]

Ihn für empfangen an, Natur. Ein König hat

Nicht Zeit, verlorne Nächte nachzuholen;

Jetzt bin ich wach, und Tag soll sein.


Er löscht die Lichter aus und öffnet eine Fenstergardine. – Indem er auf und nieder geht, bemerkt er die schlafenden Knaben und bleibt eine Zeitlang schweigend vor ihnen stehen; darauf zieht er die Glocke.


Schläfts irgend

Vielleicht in meinem Vorsaal auch?


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 98-99.
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