906. Entstehung der Wallfahrtskirche in der Grünsiek bei Weßling.

[440] Mündlich.


Vor ungefähr hundert Jahren waren in der Gegend von Weßling noch große und undurchdringliche Waldungen, so daß sich sogar Jäger zuweilen verirren konnten.

Einmal begegnete dieses auch einem herrschaftlich Seefeldischen Jäger. Er fand den rechten Weg nicht mehr, und weil es Nacht geworden, so verlor er zuletzt jede Richtung und Spur. Damals war es nichts Kleines, zur Nachtszeit in einem Walde zu übernachten, weil es noch Wölfe gab. Deßhalb fing der Jäger zu beten an, flehte in seiner Herzensangst zur Mutter des Herrn und gelobte ihr, wenn er das grüne Thal (die grüne Siek) am Etterschlager Weg erreiche, ein Bildniß dortselbst aufzustellen. Der Jäger fand den rechten Weg und die bekannte Grünsiek, und ging sodann nach der Einöde Schluifeld, um daselbst zu übernachten. Bei dem Bauern von Schluifeld sah der Jäger ein Bildniß der Mutter Gottes, das ganz vernachlässiget war, und erhielt es leicht zum Geschenke. Dieses Bild stellte er in einem hohlen Baum auf und verehrte es. Das Volk kam bald herzu, um das Bild zu sehen, und weil einige durch die Fürbitte der Mutter Gottes Hilfe erlangten, so fanden sich bald mehrere zur Andacht ein. Es fielen Opfer und allerlei Geschenke, und man sah sich genöthiget, eine Kapelle zu bauen, welche durch die Freigebigkeit der Gräfin von Seefeld Vergrößerung erhielt. In der Nähe dieser Kapelle soll es zur Nachtszeit auch schon öfters gespuckt haben. Etliche, die spät heimgingen, haben einen Pudel gesehen, welcher schwarz von Farbe war, und keinen Kopf hatte. Man nennt dieses Gespenst: den Grünsieker Pudel.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 440.
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