Zweite Szene

[195] Roussillon.


Der Narr und Parolles treten auf.


PAROLLES. Liebster Monsieur Lavache, gebt dem gnädigen Herrn Lafeu diesen Brief: Ihr habt mich wohl sonst vornehmer gekannt, Herr, als ich noch mit frischeren Kleidern in vertrautem Umgang lebte; aber nun, Herr, bin ich in Fortunens Morast muddig geworden und rieche etwas streng nach ihrer strengen Ungnade.

NARR. Mein' Seel', Fortunens Ungnade muß recht garstig sein, wenn sie so strenge riecht, wie du sagst. Ich werde künftig keinen Fisch aus Fortunens Bratpfanne mehr essen. Bitt' dich, stelle dich unter den Wind![195]

PAROLLES. Nun, Freund, Ihr braucht Euch die Nase drum nicht zuzuhalten, ich rede nur in einer Metapher.

NARR. Ja, mein Bester, wenn Eure Metapher stinkt, so werde ich meine Nase zuhalten, und das bei jedermanns Metapher. Bitt' ich, geh fürbaß!

PAROLLES. Habt die Gewogenheit, mein Freund, und besorgt mir dies Papier!

NARR. Puh! Mache, daß du wegkommst; ein Papier aus Fortunens Nachtstuhl einem Edelmann geben? Sieh, da kommt er selbst.


Lafeu tritt auf.


Hier ist ein Kater der Fortuna, Herr, – oder eine Fortuna-Katze, – aber keine Bisamkatze, – welche in den unsaubern Fischteich ihrer Ungnade gefallen und, wie er sagt, muddig geworden ist. Ich bitte Euch, Herr, verfahrt mit diesem Karpfen, wie Ihr Lust habt, denn er sieht aus wie ein armer, schäbiger, kniffiger, schelmenhafter Taugenichts. Ich bemitleide seinen Unstern mit meinem trostreichen Lächeln und lasse ihn Euer Gnaden. Geht ab.

PAROLLES. Gnädiger Herr, ich bin ein Mann, den Fortuna jämmerlich zerkratzt hat.

LAFEU. Und was kann ich dabei tun? Jetzt ist's zu spät, ihr die Nägel zu schneiden. Was habt Ihr der Fortuna für Streiche gespielt, daß sie Euch kratzen mußte? An sich ist sie doch eine gute Dame, die nur nicht leiden kann, daß es den Schelmen zu lange unter ihrem Schutz wohl gehe. Da habt Ihr einen Quart d'Ecu – laßt Euch die Richter wieder mit ihr aussöhnen; ich habe mehr zu tun.

PAROLLES. Ich ersuche Euer Gnaden, hört mich nur auf ein einziges Wort!

LAFEU. Ihr bittet um einen einzigen Pfennig mehr: gut, Ihr sollt ihn haben; spart Euer Wort!

PAROLLES. Mein Name, gnädiger Herr, ist Parolles.

LAFEU. So bittet Ihr mich um mehr als ein Wort. Potz Element! Gebt mir Eure Hand; was macht Eure Trommel?

PAROLLES. Oh, mein gnädiger Herr, Ihr wart der erste, der mich ausfand.[196]

LAFEU. War ich's, wirklich? Und ich war auch der erste, der dich verlor.

PAROLLES. Nun steht's bei Euch, gnädiger Herr, mich wieder in einige Gnade zu bringen; denn Ihr brachtet mich heraus.

LAFEU. Pfui, schäme dich, Kerl! Schiebst du mir zugleich das Amt Gottes und des Teufels zu? Der eine bringt dich in die Gnade hinein, der andre bringt dich aus ihr heraus. –


Trompetenstoß.


Der König kommt, ich hör' es an seinen Trompeten. Frag' ein ander Mal wieder nach mir, Bursch; ich sprach noch gestern abend von dir – obgleich du ein Narr und ein Schelm dazu bist, sollst du doch nicht verhungern; komm nur mit!

PAROLLES. Ich preise Gott für Euch. –


Sie gehn ab.


Quelle:
William Shakespeare: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 2, Berlin: Aufbau, 1975, S. 195-197.
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