Mutterfreuden

[243] An meinen Sohn Ludwig zu Giessen


Am 20sten Oktober 1809


Sonett


Trüb' und einsam, ohne Lust und Feier,

Schwand mir dieses Wiegenfest dahin.

Wonne nicht, nur Wehmuths – Melodie'n,

Tönte klagend meine goldne Leier!


Die Natur lag unterm Nebelschleier,

Ueberall nur Trauerharmonie'n;

Düster sah' ich meine Tage flieh'n,

Fern von allem, was mir lieb und theuer.


Nimmer kämpften so in meinem Herzen

Pflichtgefühl und bitt'rer Trennung Schmerzen,

Ahne, Theurer! was ich da empfand


Bei den holden Gaben Deiner Hand!

Wie verklärten Deine zarten Sorgen

Mir den bangen nachtumhüllten Morgen!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 243-244.
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