Der Adler

1803.


Ode.


(Siehe Pindars erste Pythische Ode.)


Im Schwung der Sphären tönte die Harmonie

Des Götterhimmels; Venus Urania,

Ihr Sternenkranz, ihr Auge strahlend,

Führte der Grazien Chor und Musen.


Die Chöre schollen, hohe Begeisterung

Ergriff die Götter, so wie die Thürmungen

Des Urmeers, eh' Gestad' es zähmten,

Wogte der donnernde Feier-Hymnus.


Die Donner schwiegen; Lispel entsäuselten

Apollons Leyer, athmeten süßerer

Gefühle Zauber, sanft, wie Amors

Liebesgeflüster in Psyches Locken.
[193]

Kronions Adler, wählend zum Ruhethron

Des Gottes Zepter, trank die Entzückungen

Des Wonnerausches; schmolz dahin, die

Sinne gelöset, in Seherträumen.


Die Götter sahn's, wie König der Fittige!

In heil'gem Schauer wallte dein kräuselndes

Gefieder, inwärts sich die Flamme

Wandte des Auges, die Schwingen sanken.


Sein Nachbarvogel, war es Athenia's,

War's Juno's Günstling? wähnt in Erschlaffung ihn

Betäubt, und flattert hin, und weckt aus

Seiner Entzückung den Strahlentrunknen.


Hinab, unwillig, senkt er die Blicke, dehnt

Die Flügel, schwebt in engeren Kreisen nah'

Und näher; seinen Flug, ihr Schöpfungs-

Werde, bejauchzeten Pfau und Uhu.

Quelle:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Band 2, Hamburg 1820, S. 187-188,193-194.
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