Siebenter Auftritt

[34] Der König mit Gefolge, die Vorigen.


KÖNIG geht auf den Thron zu, alles steht ehrerbiethig um ihn herum; wie der König auf dem Throne sitzt, sagt er zu Jöran. Den Gesandten!

JÖRAN führt Wolowsky vor.

WOLOWSKY. Sigmund, König von Pohlen, sendet mich an Eure Majestät.

KÖNIG. Was will der König?

WOLOWSKY. Ehe ich von Geschäften rede, sey es mir vergönnt seine Wünsche für Eurer Majestät Wohl, und fernere nachbarliche Freundschaft zu überbringen.

KÖNIG. Sagt ihm, sie werde durch mich nicht gestört.

WOLOWSKY. Doch haben schwedische Soldaten die Stadt besetzt, die sein Eidam, Herzog Johann, ihm abgetreten.

KÖNIG. Johann konnte von des Vaters Erbe nichts verschleudern; Finnland gehört zu Schweden, mir, dem[34] mein Vater die Krone auf das Haupt gesetzt, mir kommt es zu, darauf zu achten, daß auch nicht die kleinste Perle daraus verloren gehe.

WOLOWSKY. Mein zweyter Auftrag lautet – die Herzoginn zurück zu fordern, sie wird von Eurer Majestät in strenger Haft gehalten.

KÖNIG. Nach ihrem eigenen Willen. Sie kann als Herzoginn in Schweden leben, mit einer Hofhaltung, wie es ihr Stand erfordert Aus freyem Antrieb folgt sie dem Rebellen in's Gefängniß – indem sie meine Achtung für ihr Geschlecht und ihre Treue ließ. Als eine Gnade habe ich ihr das bewilligt, die sie wohl besser als ihr und euer König zu schätzen weiß.

WOLOWSKY. Zaar Iwan, der früher als der Herzog um sie freyte, dann eurem Bruder weichen mußte, verlangt von Pohlen, daß man feyerlich, nach Kirchenbrauch, die Bande löse, die sie an den gefangenen Johann knüpfen.

RICHERS für sich. Unerhört –

KÖNIG. Ist König Sigmund das zufrieden?

WOLOWSKY. Des Zaars Truppen stehen an Pohlens Grenze, er weicht der Macht.

KÖNIG. Der darf ich nicht weichen. Daß ich dieß Band nicht gerne knüpfen sah, ist der Welt bekannt, doch nun es vollzogen, werde ich sie nicht zu der Scheidung zwingen. Vielleicht – Düster. vielleicht tritt etwas in den Weg, das ihr benützen könnt – vielleicht nehmt ihr die Braut als Witwe mit.

WOLOWSKY. Ist Herzog Johann krank?

KÖNIG rasch. Genug, genug, das Übrige wird sich finden. Sprecht mit der Herzoginn, verweilt an meinem[35] Hofe – ihr kommt mir sehr gelegen – ja, ja, beredet sie, nehmt sie mit euch fort – spart keine Worte, dieses zu bewirken – bis dahin – Gott befohlen. Wendet sich weg. Wo ist Richers? Er steht auf, man sieht, daß er sich zerstreuen will.

RICHERS tritt näher. Eure Majestät –

KÖNIG. Euer Oheim rühmt euch thätig und geschickt, und doch lebt ihr vom Hof entfernt, bewerbt euch um kein Amt; in eurem Alter muß man seine Kräfte üben, dem Ganzen, nicht dem Einzelnen sich weihen. Ich glaube eurem Wunsche zu begegnen, wenn ich euern künftigen Wirkungskreis bestimme, und ernenne euch daher zu meinem Abgeordneten nach Rußland.

RICHERS stutzt, sieht seinen Oheim an, dann faßt er sich schnell und verbeugt sich.

KÖNIG. Euer Auftrag fordert Eile, schickt euch zur Reise an, denn morgen mit dem Frühesten müßt ihr Stockholm verlassen.

JÖRAN dringend. Gefällt es Eurer Majestät, so kann er diese Nacht – ja heute noch.

KÖNIG versteht ihn nicht. Man muß die erste Arbeit nicht so schwer ihm machen.

JÖRAN halb laut zum König. Des Zaars Liebe zu der Herzoginn kann Unheil über Schweden bringen. Ich glaube daher, daß man schnell –

KÖNIG. Du hast Recht. Zu Richers. Seyd jeden Augenblick gewärtig, abzureisen, euer Oheim wird euch die nöthigen Schriften und Verhaltungsregeln übergeben.

RICHERS. O gnädigster Herr, wie rührt mich dieß[36] Vertrauen, noch that ich nichts, wodurch ich es verdiene, daß Euer königlicher Blick bey dieser ernsten Sache auf mich fällt. Ihr wollt den Oheim in dem Neffen ehren, ihm, Blickt ihn an. euch, Oheim, dank' ich dieses Glück. Ihr habt stets väterlich für mich gesorgt, doch diese Güte übersteigt mein kühnstes Hoffen. Kniend dank' ich Eurer Majestät für dieses gnädige Vertrauen.

BOTWID UND THEIT für sich. Was ist das?

JÖRAN hat sie beobachtet, für sich. Sie sind betroffen, sie sind schuldig.

KÖNIG zu Richers. Steht auf – der Weg zu jeder Ehrenstelle ist euch offen.

RICHERS. Ich verfolge ihn mit raschem, doch besonnenem Schritt. Oheim, eilt mich abzufertigen, denn diese neue Pflicht ist mir so lieb geworden, daß ich mir in Stockholm nicht mehr gefalle.

JÖRAN für sich. Wie deute ich diesen Eifer?

THEIT zu Botwid. Er verräth uns.

KÖNIG. Jöran! wann versammelt sich der geheime Rath?

JÖRAN. Schlag fünf Uhr, gnädigster Herr!

KÖNIG. Braske darf nicht fehlen, er ist gerecht, an ihm hängt das Volk, man muß seine Meinung ehren. Untersucht, erwägt genau; nicht glauben soll die Welt, daß ich mich räche, strafen will ich. Zu Richers. Gott geleite euch auf eurer Reise – benehmt euch klug, denn auf der Stelle, wo ihr künftig steht, hängt oft von einem Wort, von einem Ton, der dieses Wort begleitet, Tod und Leben ganzer Völker ab. Bewahret Schwedens Ehre, und sorgt für meiner Unterthanen Glück. Ein groß[37] Geschäft liegt in des Jünglings Hand; es fordert Weisheit und die Bedächtigkeit des Mannes – ich glaube, eure Fähigkeit kam der Zeit zuvor, der Lohn für treue Dienste soll sich nicht verspäten. – Gott geleite euch. Ab. Alles, bis auf Botwid, Theit und Struen, folgt ihm.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neue Schauspiele. Band 1, Wien 1817, S. 34-38.
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