Dritte Begebenheit.

Ein Weibs-Person erlangt durch den Heil. Rosenkrantz die Gnad, eine vollkommene Beicht zu thun.

[423] Diese, nachdem sie in ihrer Jugend eine gewisse Sünd begangen, hatte sie selbige lange Zeit aus sträflicher Schamhaftigkeit in der Beicht verschwigen; und ihr mithin vermessentlich (man mercke es wohl: vermessentlich, damit ihr niemand hierein nachfolge) eingebildet, GOtt werde ihr aus Barmhertzigkeit solche Sünd auch ungebeichtet gnädiglich verzeyhen. Was geschiehet? Als sie auf eine Zeit von der Kraft des Heil. Rosenkrantzes eine Predig angehört, und vernommen, daß man auch die Gnad, Huld und Fürbitt der Mutter GOttes leichtlich erlangen möge, hat sie ihr fürgenommen, sich in dessen Bruderschaft einschreiben zu lassen, selbigen fleißig zu betten; jedoch ohne Vorhaben, ihre viel und grosse Sünden zu beichten. Aber sehe man, was dies einschreiben vermöget; indem man theilhaftig wird des Gebetts so vieler tausend und tausend Brüder und Schwesteren, welche für diejenige bitten, so in Sünden verharren, damit sie bey GOtt möchten wiederum zu Gnaden kommen, dann die Nacht vor ihrem Tod ist ihr Christus am Creutz erschienen, und hat sie mit folgenden Worten angeredt: siehe, was ich vor dich gelitten, schaue an diese Wunden, welche ich deinetwegen empfangen! was hab ich mehr thun können? und dannoch bist du so verstockt, daß du deine verschwiegene Sünd noch nicht beichten wilst. Es erforderet meine Gerechtigkeit, daß ich dich auf ewig zur Höllen verdammen solte. Aber wegen der Fürbitt meiner gütigsten Mutter, und wegen dem Verdienst des Heil. Rosenkrantzes, den du (obwohlen im Stand meiner Ungnad) täglich gebettet: und endlich wegen dem Gebett so vieler Brüder und Schwesteren des Heil. Rosenkrantzes, will ich Barmhertzigkeit an dir erweisen. Darum [423] beichte deine Sünd aufrichtig, und thue Buß darfür, dann morgen frühe wirst du vor meinem Gericht erscheinen, und von deinem gantzen Leben müssen genaue Rechenschaft geben. Damit du aber noch auf dieser Welt gereiniget, und ohne Mackel in den Himmel eingehen mögest, so wirst du inwendig in deinem Leib Schmertzen des Fegfeuers empfinden. Dieses geredt ist Christus verschwunden. Da nun das Weib schon für tod gehalten worden, kame sie wiederm zu sich selbst; empfande aber in ihrem Leib ein so unerträgliche Hitz, als wäre sie voller Feur. Darauf begehret sie unverzüglich einen Beicht-Vatter, deme sie mit grosser Reu und Leyd alle und jede Sünden, besonders aber diejenige, welche sie so lange Zeit höchst sträflich verschwiegen hatte, gebeichtet: und mithin auch angezeigt, wie daß ihr Christus geoffenbahret habe, daß sie des anderen Tags sterben wurde. Wie sie dann auch auf die benannte Zeit, nachdem sie vorher mit den Sacramenten der Sterbenden versehen worden, gestorben ist. Nach ihrem Tod aber hat man ihren Leib durch und durch verbrennt gefunden, als wann er im Feuer gelegen wäre. Ex cit. lib. Exempl. 21.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 423-424.
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