Das zehende Capitel.

Die Todsünd muß man, die läßliche kan man beichten.

[872] Als Johannes Dei der barmhertzigen Brüder Stifter mit dem Marggrafen von Tariffa in Hispanien die Krancke besucht, setzet er sich bey einer tod-krancken und sterbenden Frauen nieder, und ermahnet sie, indem sie viele Jahr eine Todsünd verschwiegen, nemlich daß sie durch Artzney freywillig ihr eigen Kind im Mütterlichen Leib getödtet, sie soll doch Zeit und Weil gewinnen, wiewohlen sie diese Sünd tausend und tausendmahl bereuet, so kan sie nicht seelig werden, wann sie es nicht beichtet. Aus Prophetischem Geist hat dieser H. Mann dieses erkennet, und GOtt bittend erlanget, daß sie noch vor ihrem End recht alle ihre Todsünden gebeichtet, und mit dem büssenden Schächer an ihrem End Verzeyhung und Gnad gefunden.

Einem andern Krancken redet er scharf zu Hertzen, sprechend: Du gottloser Mensch, weißt du nicht, daß man schuldig ist alle Todsünden beichten, warum hast du dannoch deine grosse Sünd verschwiegen? siehe, der Teufel wartet auf dich, so du in deiner Boßheit verharrest, und nicht beichtest: der Krancke verantwortet sich: Woher sagest du mir dieses? Johannes der heilige Mann, mit dem Geist der Weissagung erfüllet, beredet ihn: Laugne nicht, hast du dann nicht zwey Weiber, welche beyde im Leben? und hast du nicht noch ein anderes schweres Laster (welches ich nicht nenne) begangen? als er dieses gehöret, bittet er um einen Beichtvatter, deme er alles redlich gebeichtet, und sich also aus der Gefahr der ewigen Verdammnuß [872] errettet. In vita S. Joannis Dei Germanica cap. 19. Viennæ edita 1691.

Welche sich in Todsünden befinden, erwarten nicht solche, sondern nehmen an die innerliche Ermahnungen, die in unserm Gewissen der heilige Geist nicht ermanglet vielfältig zu erwecken.

Die Beicht erleucht, die Sünd entzündt.

Gut ist es auch die läßliche Sünden beichten, dann diese seynd Vorbotten der Todsünden. Darum sollen sie nicht gering geschätzet werden. Zosimus und Servatius zwey Mönch und Priester, beichten alle Nacht einer dem andern. Der Teufel setzet sich einsmahls in Beichtstuhl, horet als ob er Servatius wär, Zosimi Beicht, nichts als läßliche Sündē, spricht er das seynd nur Narradeyen. Aus diesem wurd er gleich erkennet, daß er der listige Teufel sey.

Keine Todsünden hätte die heilige Catharina der heiligen Birgitten Tochter, dannoch beichtet sie ihre läßliche, welche mehr ein Ubereilung, als Boßheit waren.

Forseus ein heiliger Mann, wurd vor seinem Tod verzuckt, und vor den Richter der Lebendigen und Todten gestellet, in vielen läßlichen Sünden angeklagt, überwindet aber seine Ankläger mit dem, daß er sie nicht unterlassen zu beichten; darauf frolocketen die heiligen Engel mit ihme. 16. Jan. vita.

St. Jacobus Alemanus aus einem Kriegs-Mann, ein tapferer Ordens-Mann unter dem Fähnlein St. Dominici, beichtet oft auch die läßliche Sünden: als er aber seinen Tod vorgesehen, verrichtet er ein vollkommene Lebens-Beicht, darauf wird er verzuckt in ein Blumen-reiches Freuden-volles Paradeis, welches kein menschliche Zung kan aussprechen, kein Sinn begreiffen, da höret er die Zusammenstimmung der englischen Music, welche sich über alle recht beichtende Sünder erfreuen, wurde auch dieser ewig zu geniessen, eingeladen. 11. Octobris Annus Cælestis.


Der Teufel verstellet sich einsmahls in die Gestalt eines jungen Cavaliers, gieng zur Beicht, bekennet alle seine grausame Sünd, mit allen Unterschied und Anzahl, dero waren mehr als Sandkörnlein des Meers: der Beichtvatter erkennet bald den Teufel, und fraget, warum beichtest du? er antwortet, ich hab gesehen die mit schweren Last beladene, welche zur Beicht gegangen, seynd ohne Last geringeret davon gegangen, das geschehe mir auch: Es geschehe, verspricht der Beichtvatter, wann du täglichen dreymahlen sprechen wilst, diese wenige Wort: Der du mich erschaffen hast, erbarme dich meiner: Das wolte und konte er nicht thun. Dahero verblieb er der alte arme Teufel ewiglich. Guil. Petin. Mercant. tr. 5. cad. myst.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 872-873.
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