Das dritte Capitel.

Der Innhalt des Büchleins.

[900] Wiewohlen viel dergleichen Zufäll geschehen, wie im ersten Capitel angedeutet worden, in welchem die Beicht ungültig: doch seynd wir nicht gesinnet zu beschreiben, alle dergleichen Geschichten, weilen es zu weitläufig wurde, sondern allein aus zweyen Ursachen herrührende, wollen wir beybringen.

Erstlich, wann ein Todsünd bedachtsam, wissentlich, und mit Fleiß verschwiegen, und aus eitler Forcht, oder aus Schamhaftigkeit, in der Beicht unterlassen wird. Das ist, der Begrif des ersten Theils.

Oder wann jemand beichtend keinen steiffen Vorsatz hat, sein Leben zu besseren; von diesen wird der andere Theil dieses Büchlein handlen.

Weilen nemlich forderist aus diesen zweyen Ursachen dieses grosse Ubel, und Unheyl gemeiniglichen erfolget. Hierin bemühet sich der höllische Feind also sehr daß dieselbigen, welche in unterschiedlichen Orten nicht haben vielfältig Beicht gehöret, diese Wahrheit nicht genugsam erkennen.

Die ungelehrt-einfältige Leut führet der Satan an, daß sie glauben, der Beichtvatter därfte aus Wissenschaft der Beicht etwas offenbahren, also daß sie förchten, sie möchten in einen grossen Schaden gerathen: und zu Zeiten wurtzelt die Thorheit so tief in das Hertz der Unwissenden, daß sie hart das Widerspiel glauben; wiewohlen sie zwey oder dreymahl in denen Predigen dessen seynd berichtiget worden.

Die Verständigen zu verführen gebraucht sich der böse Feind der Schamhaftigkeit, indem diese sprechen, ich weiß gar wohl, daß der Beichtvatter mich nicht kan anklagen, weder offenbahren, aber ich wurde schamroth, wann ich solte ein so schändliche und [900] greuliche Sünd bekennen, daraus erwachset ein so grosse Schamhaftigkeit, daß hierdurch mehrmahlen ein Anlaß gegeben wird, solche in der Sterb-Stund zu verschweigen.


Woher, wird jemand fragen, kan dieses abgenommen werden? Ich antworte, weilen bewußt, daß vielmahlen es sich zugetragen, daß ein Person vom heiligen Geist angetrieben ein Generalbeicht anstellet und spricht: Zwantzig Jahr seynd verflossen, daß ich aus schamhaftiger Weis diese Sünd verschwiegen, da ich todkranck gewesen, mit der Heil. letzten Oelung versehen worden; gäntzlich war ich entschlossen, ohne Offenbahrung dieser Sünden zu sterben, wiewohl mir bewußt, daß meine ewige Verdammnuß hierauf erfolgen solte: unendlichen Danck sag ich dem langmüthigen GOtt, und seiner gnadenreichen Mutter, daß sie mir Zeit und Gnad verliehen, dieser erschröcklichen Thorheit zu entgehen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 900-901.
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