41.
Wie Philomena des ritters geschrifft selbs lesen thet, nit minder schmertzens dann Rosamunda davon empfieng, irem ritter einen andren brieff schreibt.

[293] Was grossen schmertzens Philomena von der junckfrawen zůkunfft überkam, nit not zů beschreiben ist; dann sye einer semlichen trawrigen zůkunfft nit an ir gewon was. Da sye nun aller sach von Rosamunda bericht ward, den brieff auch selb gelesen hett, fieng sie erbermblichen an zů klagen und weinen. ›O Gabriotto‹, sprach sye, ›solcher untrew ich mich nymmer zů dir versehen hett, also das du mich heymlich understohst zů verlassen. Ich hett wol gemeynt, du hettest mir die deinen anschlag zů wissen gethon; das mir aber gantz verborgen bliben wer, wo mich des Rosamunda nit wissen gemacht hett.‹ Als nun Philomena den ritter in irer klag vil unnd mancherley schuldiget, sye ir zůletst fürnam dem ritter zů schreiben, damit sye sein entschuldigen möcht hören. Anhůb und schreib im ein brieff also lautend:

›Wiewol ich dir, edler ritter, mein hertz und gemüt gantz für eygen geben hab, mich auch zů aller zeit eines solchen zů dir versehen, so sih ich doch wol, mein hoffnung bißher umbsunst gewesen ist. Dann ichs dabei wol abnemen mag, dieweil du mir dein hinwegziehen und heymlichen anschlag also verhalten thůst Dann so mich Rosamunda des nit underricht hett, es mir warlich noch verborgen wer. Yedoch will ich dich, edler ritter, nit gantz schuldigen, ich hab dann zůvor[293] und eh dein verantwortung auch gehört; dan mein hertz dir ye solcher ding nit vertrawen thůt. Darumb, hertzliebster Gabriotto wer mein will, das du morgen zů primzeit sampt deinem gsellen Reinharten zů mir in Laureta gemach kummen wöllest. Darumb, edler ritter, so es dir zů willen wer, so bitt ich, du wöllest dich noch heüt auff dem lustplatz in grünem kleyd sehen lassen. Wo du es aber nit thůn wilt; so laß mich; dich in schwartz bekleydt darauff ersehen; so bin ich doch alles trostes von dir beraubt, des ich dir in ewigkeyt nymmermehr getrawen will. Gott der herr geb dir mein getrewes hertz zů erkennen!‹

Die junckfraw den brieff nam, wol verschloß, irer lieben und getrewen Laureta überantwort, also sprach: ›Mein allerliebste Laureta, ich bitt, wöllest disen brieff unverzogenlich meinem ritter überantworten. Dann mir ist gesagt, wie er willen hab urlaub von dem künig zů nemmen und wider in Franckreich zů ziehen.‹ – ›Das glaub ich nymmermehr‹, sprach Laureta, ›wer doch solche red von im außschlecht! Ich weyß, er eh sein leben verlassen würt dann sich diß hoffs entschlagen, dieweil euch gott das leben verlihen thůt Aber. damit ich mich nit ungehorsam gegen euch erzeyg, will ich dem ritter disen brieff zůhand überliffern.‹

Mit dem geredt von der junckfrawen gieng, den ritter Gabriotten in des künigs capellen sampt seinem gsellen fand. Dem sie zůhand wincket, im den brieff gab, wider zů Philomena kam, ir das zů wissen thet Die sich bald in ir gemach füget, acht auff den ritter zů nemen. Dann sye wol gedacht, sobald er brieff gelesen hett, würd er sich auff den platz nach irem befelch fügen, als dann geschah.

Dann sobald der ritter den brieff gelesen hat, sich bald in gantz grün anthett, auff den gemeldten platz kam sampt seinem gesellen. Ein gůte zeit darauff spacieren giengen, biß sye irer beyder junckfrawen sichtig wurden; aber von vile der andren nichts mit ihn reden dorfften, also wider von dannen schieden. Die beiden junckfrawen zů Laureta kamen, ir all ire anschleg zů wissen thetten, des in Laureta gäntzlich verwilligen thet Die zwo betrübten junckfrawen des künfftigen tags mit grossem verlangen erwarten thetten.[294]

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 293-295.
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