25.

Wie Wilbaldus an seines vatters statt kam, und wie im der hochmeister ein reich weib geben hat.

[83] Als sich Wilbaldus an seinem dienst jetzt in das drit jar sampt seinem diener in aller dapfferkeit beflyssen und gar ein geschwinder jäger auff allerhand wiltpret ward, hat ihn der hochmeister fast leib gewunnen, sein dienstgelt und besoldung von tag zů tag gemert, also das er in kurtzer zeit wider ein barschafft zůsamenbracht. Dieselbig aber hat er mit grösserem fleiß zůsamen gehalten dann zů Glockaw in der Laußnitz und zů Antorff in Brobant, do er sampt dem Lottario so groß gůt vertohn hat. Als nun der hochmeister seinen ernst unnd kündigkeit ersehen thet, gedacht er im auch in ehlichen standb zů helffen.

Eins tags, als Fridbert, der cantzler, unnd Felix, der secretarius, ir geschefft bey dem hochmeister außgericht hatten und jetzund urlaub von im namen, wider zů hauß gon wolten, sagt der hochmeister: ›Fridbert unnd Felix, ir beid tragen gůt wissen, das ir von Gottlieben dem ritter in eüweren jungen tagen auffgenummen worden, der euch dann auß liebe, so er zů Wilbaldo seinem son getragen, im zů auffbawung und underweisung angenummen; er aber, Wilbald, von böser nichtiger geselschafft verfüret, also von der schůl unnd seinem vatter entloffen, groß gůt und gelt unnutzlich on worden, demnach lang zeit in ellend und armůt gantz trübselig gelebt hatt. Nun weyst ir wol, das sein ungehorsams leben euch größlich gefürdret und beidsammen nach seinem abscheit von dem alten ritter Gottlieben in grossem fleyß unnd kosten erhalten worden, so lang das ich uch beid durch flysigs anhalten deß ritters auff die hohen schůlen geschicket, demnach mit zweyen ehrlichen töchteren mit grossen heürotgůt versehen. So sind ir auch nit die geringsten an minem hoff worden. Das und anders wöllend zů hertzen fassen und dem gůten Wilbaldo mit gůtem raht vorstendig sein! Ir secht, sein vatter, der frum alt ritter, nimpt gar fast an seinen krefften ab und wirt je lenger je schwecher; so ist Wilbaldus ein junck stark unverdroßner junger. Denselbigen meynet ich anstatt seines vatters zů ordnen, damit er in in seinem alter spaaret. So mocht er auch von seinem vatter dermassen abgericht werden, daß es ihm all sein läben, solang er hoffmeister bleib, erschießlichen wer. Derhalb wer das mein meynung, das ir beyd euch[84] umbsehen wolt umb ein schöne junckfraw, so im gemeß wer. Onangesehen das er in seiner jugent so übel gehuset, er wirt sich in ein anderen stath schicken, sein armůt und ellend, so im zůhanden gangen, bedencken. Ich hab in dermossen im dritten jar an seinem ampt probiert, das mir gar nicht an im grawset noch zweyfelt. Hierauff so wyßt euch zů bedencken!‹ Damit endet der hochmeister sein redt.

Fridbert und Felix nach gethoner reverentz dancketen sie irem herren von wegen Wilbaldi, sagten im darbey, das sie nicht erwinden wolten der sachen nachzůtrachten, biß sie ein junckfraw oder witwen funden hetten, so im füglich und dienstlich sein möcht. Damit namen sie urlob von irem herren unnd freüweten sich von gantzem hertzen, das die sach umb Wilbaldo jetzund so wol stund. Sie befragten sich auch mit gantzem fleiß in aller statt, wo in ein junckfraw möcht angezeigt werden; do was aber keine, so Wilbaldo dienlich hett sein mögen. Diser anschlag aber waß Wilbaldo und seinem vatter gantz verborgen, dann also wolt es der hochmeister haben.

Nu was in der statt Boßna gewesen ein armer edelman, der hatt vil schöner töchteren gehabt; im aber waß von seinen eltern nit sovil verlassen, so hat er auch klein rent und gülten und wenig dienstgelt, mocht derhalben seine töchtern nit, nach dem sich gebürt hett, außsteüren, můßt sie also hin und wider in die frawenklöster thůn. Eine aber under disen gemelten töchteren was so fürbindig schon gewesen, das deren ein reicher kauffmann zů der eh begeret. Der vatter was willig, gab im sein tochter; die gewan der kauffman fast lieb, derglych sie in. Er aber ward in dem ersten jar fast kranck an einem tödtlichen feber; das umbgab in so streng und hart, das er sich zůlest gar zů beth leget unnd starb, verließ sein haußfraw mit schwangerem leib, die sich dann umb den tod ires herren fast übel gehaben thet. Sie gebar in kurtzer zeit hernach mit grossem kummer beladen, so das die frucht, so sie bracht, auch gar kurtzlich verscheiden thet. Deß sie in neüwes leyd und schmertzen kam, sich dermassen so übel gehaben ward, das niemant ir das leben zůsaget. Als sie aber durch gottes hilff, raht und mittel der ärtz wider zů krefften kam,[85] nam sie ir für also in witwenstot zů bliben. Sie besaß also das groß gůt, so ir der kauffman hat verlassen, ohn mennicklich irrung; und wann dann etwo ander jung gesellen kamen, umb die gůt fraw worben, schlůg sie es alwegen ab. Dann sie hat sich zů wyt gegen menigklich verredt und alwegen gesagt, sie wolt in dem witwenstaht beliben. Als ihr aber das leyd zům theil was vergangen, hett sie es gern gewacht, wo sie der nachred nit gesorgt het.

Die obgemelt wittfraw kam Fridberten erstlich zů gedancken. Er gieng bald zů seinem schwager Felixen, zeyget im sein meynung an. Das gefiel ihm auch fast wol. ›Ach gott,‹ sprach Felix, ›möchten wir den wagen nur einschalten, das die sach fürgieng! Dann ich sorg, die fraw werd sich nit bereden lassen, dieweil sie ir nach ires herren todt so entlich fürgenummen hat, in den wittwenstat zů verharren biß an ir end.‹

Antwurt Fridbert: ›Das aber irret mich gar nichts. So gwiß das ist, das die weiber lang hor und lang kleider gern haben, so gwiß tragen sie auch ein kurtzen sinn. Ach gott, wie fro würt sie werden, wann unser herr an sie werben laßt, er wöl sie wider mit einem gemahel versehen. Alsdann mag sie sich gegen menigklich entschuldigen, sie hab unsrem gnädigen herren seins ehrlichen begerens nit können abschlagen. Diß aber wer das best, wann im, dem Wilibaldo, unser gnädiger herr das hoffmeisterampt zůvor übergeb. Das wirds rößlin traben machen, wann die gůt frauw bedencken wird: Vor was ich eines kauffmans weib, jetzund aber seind mir fraw hoffmeisterein. Dann dir ist unverborgen, das alle weiber sich der hohen empter irer mann vil mehr und höher dann die mann selb überheben. Solches ist in anererbet von unser ersten aller můter; dann als der teüffel im paradeiß zů der Eva sagt, wo sie von der verbotten speiß essen, würden sie gott am verstand gleichen und wissen böses unnd gůtes, do was kein hindersehen mehr, der apfell můst vom zweig. Sich zů, dohin drang das weib nichts anders, dann das sie gern erhöcht gewesen. Du sichst und findest auch vil weiber, wann die schon etwann arm, ich sag schier gar verschmecht gewesen und kummend etwann durch glückes val zů grossen ehren und gůt, so ihn[86] dann derselbig mann abgaht, gedencken sie ire ersten armůt nit mehr; kein gemeyner burger darff nach inen reden; dann hand sie vor ein ratherren gehabt, hetten sie jetzund lieber ein burgemeister. Das alles můst du mir bekennen.‹

Felix sagt: ›Ich kan dir an dem ort nit widersprechen. Damit aber wir der sach einen anfang geben, so laß uns gen hoff gon! Dann jetzund finden wir unsern gnedigen herren müßig und aller geschefften entladen.‹ Also gingen sie beid gen hoff, brochten dem herren die sach für.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 83-87.
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