31.

Wie Angliana in beywesen einer nerrin, so sie in irem zimmer hatt, Lewfriden einen schönen ring gab mit einem seer köstlichen stein, und wie ihr beider liebe offenbar ward.

[347] Die junckfrauw Angliana hatt inn ihrem zimmer ein gar kurtzweilige fatzmännin unnd geborne nerrin, mit deren sie ir offtmals vil freud und kurtzweil nam; sie verbarg auch gar nichts vor ihren, dann sie kein args noch übels gegen ihr gedacht. Als aber das unsteht gelück nit lenger gedulden noch leiden mocht, das dise zwey liebhabenden ir liebe in so stiller weiß verborgen trügen, hat es sich gantz von ihnen gewandt, sie mit allem unfal umbgeben. Dann es begab sich auff ein zeit, das Angliana irem liebsten jüngling ein seer schönen und köstlichen ring von ihrer hand schanckt in beywesen irer nerrin, nit gedacht noch sorget, das ir heimligkeyt[347] unnd liebe an tag kommen und offenbar werden solt. Die nerrin aber aller ding gar eben warnam.

Darnach in kurtzen tagen begab sichs, das ein edle junckfraw auß Angliana zimmer verheyratt ward, ein fröliche und köstliche hochzeit gehalten. Auff derselbigen Angliana unnd Lewfrid auch waren sampt dem gantzen frawenzimmer, die brachten auch die nerrin mit in dohin. Als man nun zů tisch saß, Lewfrid sampt andren deß graven diener zů tisch dienet, seiner liebsten junckfrawen gar fleißig auff den dienst wartet. Die nerrin auch von einem tisch zům andren ging. Als sie nun Lewfriden ersehen hat seiner liebsten junckfrawen ein guldin becher fürsetzen, fahet sie an zů lachen und sagt: ›Wann ist es die zeit, das ir zwei ein solichs frölichs wesen machen? Nun hast du doch den ring schon empfangen.‹ Diser wort namen die junckfrawen gemeingklich war; Angliana und Lewfrid gantz schamrot wurden; yedoch ward nicht weiters gered. Florina aber dise wort mit grossen sorgen in ihr hertz trucken ward, manigmal gedacht, wie doch semlicher argwon den andren junckfrawen außgeredt werden möcht; allen fleiß und ernst brauchet, damit sie die anderen junckfrawen vermeynt abzůreden. Aber alles umbsonst was; dann sie der nerrin wort gantz wol verstanden hatten.

Nachdem aber die hochzeit ein end nam, Florina sich zů Leuwfriden heimlichen füget: ›O Leuwfrid,‹ sagt sie, ›wie hand ir ewer liebe so gar offenbar gemacht! Dann alle junckfrawen, so inn dem zimmer sind, haben ein groß reden darauß. Ach, was hat doch mein liebste junckfraw gedocht, daß sie sich nit vor der bösen närrin besorgt hatt! Nůn wirt sie von ihrem sagen nicht abston, man bring sie dann mit sunderen listen darab.‹ – ›Liebste junckfraw,‹ sagt Lewfrid, ›ich bitt euch von wegen der trewen fründtschafft, so ir zů meiner liebsten Angliana tragen, gebt mir ein getrewen fründsrhat, damit ich die schnöde närrin abreden mög!‹

Florina antwurt: ›Lewfrid,‹ sagt sie, ›ir sollend euch sunderheyt zů der närrin fügen, einen brieff zůsampt dem ring deren überantworten unnd dabey sagen, das sie junckfrauwen Anglianen den ring und brieff bringen solt; dann ir habt ir bey dem goldschmit etwaß ann dem ring lassen machen, habend[348] ihr auch inn dem brieff zůgeschriben, wievil der macherlon an gelt thůn werd. Durch solchen geschwinden list mag man die boßhafft närrin von irem argwon bringen; wer auch gůt, das der junckfrauwen der ring inn unser aller beywesen, so daß gantz frawenzimmer bey einander were, geantwurt wird. Alßdann wolt ich unser gespylen mit listigen worten wol abreden, so daß ihr kheyne mer der närrin wort gelauben wirdt.‹

Diser rhat und anschlag gefiel dem jüngling auß der maßen seer wol, versprach auch der junckfrauwen Florina, dem alsbald nachzůkommen. Er gedacht aber nicht, das ihn das glück in irem anschlag so gantz widersins erscheinen wirdt, wie ihr dann wol vernemmen werdt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 347-349.
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