41.

Wie der bott zů Leuwfriden under der grossen lynden kam, ihm mit freüden den brieff antwurt, so ihm der graff gesant hatt.

[371] Der bott was nit gar zů Lewfriden kommen, do erkant er in. Er sprang eilens von seinem pfert, zoh seinen brif auß seiner teschen und sagt: ›Gegrüßet seist du, mein allerliebster jüngling! Dein anblick bringt mir hertzliche freüd, so bring ich dir auch gůte botschafft von unserm herrn. Got wolt, wir jetzund by im weren; dann er groß verlangen nach dir hat.‹ Damit antwurt er im den brief von dem graven. Leyfrid, wiewol er den botten nie anderst dann einen redlichen knecht erkant hat, noch dannocht sorgt er sich, der graff het ihn auch mit schencken bestochen gleich dem jeger. Darumb empfieng er den brieff von ihm, empfieng ihn früntlich[371] unnd sagt: ›Lieber bott, ich bitt, wöllest in die statt mit deinem pferdt ziehen, in die nechst herberg an der porten stellen. Da wil ich, sobald ich disen brieff gelesen hab, zů dir kommen und gůte geselschafft halten.‹ Deß was der bott zůfriden, zog also in die stat, versahe sein roß mit gůtem fůter, hieß demnach den wirt das mal bereiten.

Dieweil gieng Lewfried vor der statt, lase seinen brieff, darin sein herr der graff ermanet wieder heim zůkeren, frid und geleit gnůgsamlich verschreiben hatt. Lewfrid aber sorget allezeit ein betrug darin verborgen sein; er gieng in seines herrn, des kauffmans, hauß, wapnet sich in ein gůtes pantzerhemmet, ob ihn vilicht der bott mit heimlichen listen ungewarnet auß seines herrn geheyß umbringen wolt, das er sich sein möcht entsetzen. Er nam auch mit ihm Walteren und seinen diener; dann die bede wusten umb alle verloffnen sachen; sunst aber sagt er niemans nichts darvon.

Alsbald er nun in die herberg kam, bat er den wirt, er wolt ihn gůt geschirr machen und ihn sampt seiner geselschafft in ein sunder gemach setzen; solche müh wolt er wol bezalen und vergelten. Diß alles ward nach seinem willen und begern volstrecket. Sobald sie über tisch kommen sein, hatt Leuwfrid nit lenger verziehen künden, von stund an den botten gefragt, wie es doch umb sein allerliebste junckfraw stündt; dann er in dem brieff wol verstanden, das sein liebe allem hoffgesind zů wißen was.

Der bott sagt: ›Jüngling, ich bin gůter hoffnung, ihr sachen werden nunzůmal baß stan. Dann eh ich von hoff verritten bin, ich von Cordula, ihrer junckfrawen eine, vernummen hab, sobald und sie gewar worden sei, das du hinweg und in ungnaden gegen ihrem vatter standest, hab sie sich aller zier und kleidung, auch alles, so zů lust und freuden dienen möcht, nit mer gebrauchen wöllen, ire trawrkleider herfürgesucht, keiner speiß noch tranck mehr genossen, so lang biß ir vatter gemelte ir junckfraw zů ir geschickt sampt Florina, die dann dir seer wol bekant ist. Die beide haben der junckfrawen gwisse botschafft von irem vatter bracht, das du nit umbkommen noch gefangen seyest, sonder on urlaub von hoff hin und weg geritten sampt deinem brůder Waltern[372] und dem lewen, ir auch darbey versprochen in kurtzem zů erfaren, wo du hinkommen seyest. Hatt mich auch mein herr in derselben zeit mit disem brieff abgefertiget, welchen ich dir überantwort hab, sodann mir auch mündtlichen befelch geben, auff das freundtlichst mit dir zů reden, damit du mit mir widerkerest; dann er fürwar in grossen sorgen seiner tochter gestanden. Nun merck mich! Sobald mir der brieff und befelch geben, hab ich mich gantz stiller weiß zů Cordula der junckfrawen verfůget, ir mein reyß und befelch angesagt, domit Angliana desto mer trostes von ir empfahen mög. Ich wer auch fast gern selb bey ir gewesen, hab aber mit keiner geschicklichkeit solchs können zůwegen bringen. Diser wort, liebster Lewfrid, soltu mir alle gelauben und mein trew des zů einem sichern pfand haben, das im also sey.‹

Lewfrid, wie oben gesagt, erkant disen botten als ein frummen, warhafftigen unnd getrewen gesellen, gab ihm derhalben gůten gelauben unnd sagt: ›Mein getrewer bott, sag mir doch, wer hatt dir angezeygt, das ich hie zů Salamanca bin?‹ – ›Das hab ich,‹ sagt er, ›zů Lisabonna an deß künigs hoff erfaren. Dann mein herr meynt nit anderst, dann ich würd dich an des künigs hoff gewiß finden.‹

›Lieber bott,‹ sagt Lewfrid, ›was gibstu mir aber für ein raht? Mein herr hat zůvor mir streng nach meinem leben getrachtet, einen falschen mörder darzů bestelt, so mich mit einem spieß solt durchschossen haben. Nu můß ich sorgen, dieweil mich das glück vor solchem unfal bewart, mir möcht ein ander bad übergehangen sein, mein herr möcht mich durch gůte wort wider underston zů ihm zů bringen und alsdann sein zorn an mir rechen.‹

Antwurt der bott: ›Das wirt meinem herren seer nachteilig sein, dieweil du sein geleit mit seinem ingesigel vonn ihm hast. Das magstu sampt deinem fründt Waltern zů Lißabona an des künigs hoff lassen. So dann mein herr über soliches gewalt mit dir brauchen solt, wird ihm gar schwerlich gegen dem künig zů verantwurten sein.‹ – ›Wolann,‹ sagt Leuwfrid, ›so beschlaffen wir uns hinnacht auff die sachen. Jedoch solt du morgen frü bereyt sein; dann ich wil mich[373] auch gerüst machen. Wil dann mein lieber brůder mit mir reysen, ist mir fast lieb.‹

Darauff sagt Walter: ›Mein lieber brůder, wie möcht ich dich doch von mir lassen, so das ich nit wissen möcht, wie dirs ging! Ich will solche fahr mit dir auffnemmen und wagen. Du aber solt meinem vatter nicht darvon sagen, sunst wird er unser keinem gestatten zů reiten; dann im von diser sachen gar nichts zů wissen ist.‹

Als sie nun nach notdurfft gessen und getruncken hand, sind sie zů beth nidergangen, des künfftigen tags mit verlangen erwartet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 371-374.
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