22.

Von einem bauren, der wachendt schlieff.

[28] Zwen bauren waren gůte nachbauren und die heüser zůnechst[28] an einander; und auff ein morgen, doch nicht gar zů frü, kam der ein für deß andern fenster unnd klopffet mit einem finger daran. Aber der ander lag noch hinder dem ofen in der hell und mocht vor faulkeit nit aufston; und wie diser, also am fenster klopfft, schrey er mit lauter stimm herfür und sprach: ›Wer da?‹ Der vor dem fenster sprach: ›Ich bins. Nachbaur Cůnrat, waß thůnd ir?‹ Der imm bett gab im wider antwort: ›Ich lig hie und schlaff. Waß wer euch lieb, nachbaur?‹ Der vor dem fenster sprach: ›Wann ir nit schlieffen, wolt ich eüch umb euwern wagen betten; ich will aber schier, wann ir erwachen, widerkummen.‹

Solche einfaltige bauren findt man nit vil alß diser, der meint, darumb er noch im bett lege, schlieff er auch.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 28-29.
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