111.

Von einem doctor, der sich zů Venedig understund, eines hauptmanns bůlschafft zů beschlaffen; aber es fehlet ihm heßlich.

[139] Zů Venedig was ein doctor, liet ein grossen buckel, war eine klein person; der wer gern bey einer kordisana gelegen unnd macht mit einer růffianerin sein practick, verhieß, ir ein verehrung zů schencken. Nu es kam derselbigen kordisanerin für, wie das kleine doctorlein gern bey ir möcht seyn und ihr grosse verheyssung ließ thůn, zeyget sie irem hauptmann solche sach an, wie einer verhanden wer, wo er ihr wolt erlauben, gedraw sie hundert kronen balt zů bekommen. Auff solche bitt und anhalten ward es ir erlaubt, doch daß sie vor allen dingen das gelt von ersten auff die sach bekem. Nů sie ließ dem doctor solches anzeygen, wo er ihr wolte halten nach zůsage der alten frawen, so wer sie zůfrieden, ihr capitan wolte [fortreisen]; umb deswegen, so er ir hundert kronen wolte a bona konda geben, so solt er morgen zů nacht kommen und ir lassen ein sesterol heymtragen, wolt sie es lassen auff das best zůrichten. Das geschahe baldt; sie ließ es auffs herrlichst bereyten.

Da es nů schier zeit [wolt] seyn, der gůte doctor gieng vorm hauß hin und wider, verlanget im sehr; man ließ ihn auffs letzte hinein. Er warde schön empfangen; die madona begert, das er ir solt geben das gelt. Das thete der doctor bald; dann sein hertz fuhr im auff dem schlidten, bedacht das ende nicht. In summa, der doctor zoge sich ab biß auff die hosen und wammes, meynet, die sach hett er gewonnen. In dem so klopfft der capitan am hauß an gar ernstlich; die madona laufft zům doctor und spricht: ›Garo signor doctor, mein herr kompt. Wie sol ich alle mein sache thůn? Wo er euch wirt vernemmen, müssen wir bey de sterben.‹ Dem gůten doctor wirdt so angst, das er begert, sie sol in hinthůn, wo sie wil; er mocht leiden, er wer wider daheym. Sie zeygt im ein kasten und thet ihn hinein.

In dem kompt der hauptmann mit seinen dienern hinauff inn die kamer unnd stellt sich gar grausam über die madona und begert, sie soll ihm sagen, warumb sie in so lang vor der thür hett lassen stehn, auch was bedeut, das der bratspieß[140] also wol geschmückt sey; da wöll er nit weichen, er wöll wissen, wie es zůgieng. Die kordisanerin bitt in, er sol doch nicht so thůn, sie wyß von nicht. In summa, der capitan spricht zů seinen dienern, sie sollen die spallirn und kästen alles nemen und die stiege hinabwerffen; er hab der hůrn kaufft, darumb so wöll ers ir wider nemen. Die diener die thůn nach geheyß des patrons und nemen eine thruen nach der andern und stellen sich, als wolten sie alles das binden mit stricken, und kommen auff die thruen, da der arme doctor ist gesteckt; der ward vor schrecken halb todt. Dieselbig thruen nemmen sie und bindens mit stricken wol zů unnd werffens die stiegen hinab unnd gehen heßlich darmit umb. Und auffs letzt legen sie die thruen in ein gundelle und führens die gantze nacht inn der statt umb, biß der tag an wil fahen, faren sie vors doctors vatters hauß, der ware ein seidenferber; klopfften sie hefftig an.

Der gůt alte vatter erschrickt und kompt herab, fragt, was das bedeut. Zeygen sie an, da wer ein wahr inn dem kasten, die wer kondrebando, die solte er nemen und ein ander mal besser auffheben, sonst würd es übler zůgehen. Der gůt vatter erschrack und wolts in keinem weg nicht annemen; dann er wust nicht, was für ein wahr im kasten steckt. Also schleyfften sie den kasten ins hauß und fůhren davon.

Da nůn der vatter die thruen auffthet, fand er seinen gůten doctor darinn, wes ihm nit viel fehlt, dann er wer todt, ließ in hinauff in ein kammer tragen und sein auffs beste warten. Da nůn der doctor wider zu im kam, zeygt er die sach an, wie es im gangen wer; und er kundt wol gedencken, es wer ein angelegte sach; doch dorfft er nicht sagen, das er darzů umb die hundert kronen auch kommen wer.

Also bekam die hůr das geld, und blieb der capitan als gůt, wie er vor auch war. Wie dem doctor umb sein hertz in der thruen ist gewest, laß ich ein jedes bey ihm selbs erkennen. Doch sol es denen also gehen, die alle löcher wöllen außsuppen.[141]

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 139-142.
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