Dritter Auftritt.

[58] Kamilla, Belvedere.


KAMILLA. Mich dünkt, ich sehe den Grafen von Belvedere kommen – Ja, – er ist es, den sein böses Gestirn hieher führt, sein Unglück zu erfahren.

BELVEDERE. Ich höre seltsame Neuigkeiten. Das ganze Haus ist in Bewegung, und einer flüstert dem andern ins Ohr, die Gräfin Klementina werde in kurzem mit Herrn Grandison vermählt werden. Wenn diess wahr ist, so ist mein Unglück gewiss – Aber beym Himmel! ich will nicht allein unglücklich seyn!

KAMILLA. Wie sehr beklage ich Sie, gnädiger Herr! Ihre Verdienste sind eines bessern Schicksals würdig. Aber wollen Sie mit dem Verhängniss streiten? Es ist in dieser ganzen Sache etwas fatales, eine wunderbare Verwicklung von Umständen, die von einer unsichtbaren Hand[58] herrührt, und (wie es scheint) von ihr allein wird entwickelt werden. Sie können niemand anklagen, wenn Sie gerecht seyn wollen. Ew. Gnaden verzeihen, dass ich so freymüthig spreche.

BELVEDERE. Sie haben nicht nöthig, Kamilla, mich an etwas zu erinnern, woran mich mein Herz zu meiner Qual nur allzu oft erinnert – Das Leben wird mir zu einer unerträglichen Bürde – O, warum ist es nicht erlaubt? – Doch ich werde bald wissen, was erlaubt ist! Die Markgräfin hat mir eine Unterredung bewilligt, und ich bin hier, die Entscheidung meines Schicksals zu vernehmen.

KAMILLA. Hier ist sie, gnädiger Herr! Ich entferne mich.


Sie geht ab.


Quelle:
Christoph Martin Wieland: Sämmtliche Werke. Supplemente Band 5, Leipzig 1798, S. 58-59.
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Klementina von Porretta
C. M. Wielands sämtliche Werke: Supplement, Band V. Klementina von Porretta; Pandora; Die Bunkliade; Auszüge aus Jakob Forsters Reise um die Welt