Siebenter Auftritt

[343] Wala. Matfried. Hugo. Eine große Zahl von Rittern und Edlen sind unterdessen eingetreten und füllen den Hintergrund. Karl, Ludwig und Lothar knien am Sessel des Kaisers. Judith lehnt über die Rücklehne des Sessels. Rudthardt kommt mit Bernhard in den Vordergrund. Ottgar, Humfried zu ihnen.


RUDTHARDT.

Was wird aus dem, was wir vorhin besprachen,

Da er mit seinen Brüdern sich versöhnte?

BERNHARD.

Seid stark und fest, Lothar und Ludwig dürfen

Nicht lebend mehr hinaus aus diesem Zelt!


Karl, Ludwig, Lothar erheben sich.


LOTHAR.

Nun kraft des zwiefach heil'gen Rechts, das mir

Natur verlieh und dieses Reiches Satzung,

Leg' ich die Hand auf diese Krone.


Berührt die Stirnbinde auf Kaiser Ludwigs Haupt.


Sprecht –

Soll dieses Zeichen heil'ger Majestät,

Das seinen altehrwürd'gen Platz verlor,

Auf meinem Haupte wieder Ruhe finden?

BERNHARD.

Das soll es nicht!

LOTHAR läßt die Hand sinken.

Wer sprach?

RUDTHARDT.

Er sprach für uns!

Wir wollen nicht, daß Ihr der Kaiser seid.

BERNHARD.

Hier steht der Kaiser, den uns Gott bestimmte:

Karl, Judiths Sohn!

ALLE DEUTSCHEN.

Karl sei der Frankenkaiser!

BERNHARD.

Und Tod auf jeden, der sich widersetzt![344]

RUDTHARDT.

Tod jedem!

ALLE DEUTSCHEN.

Nieder mit den Söhnen Irmengards!

BERNHARD tritt auf Kaiser Ludwig zu.


Zu Karl.


Aus meiner Hand ward Euch die Königskrone,

Empfangt nun hier den dreimal heil'gen Reif. –

KARL.

Fort, deine blut'ge Hand von meinem Vater!

Siehst du nicht, wie der Tote auferwacht

Und wie die welke Hand, zur Faust geballt,

Nach deinem mörderischen Herzen zuckt?

BERNHARD.

Das mir – von Euch – –

KARL.

Das dir vom Sohne Ludwigs! –

Das dir von dem, den du dreimal Verdammter

Zum Werkzeug deiner Höllenpläne schufst!

Das dir, du Mörder meines Vaters!

JUDITH.

Karl!

RUDTHARDT.

Mörder? Was sagt Ihr?

OTTGAR.

Mörder? Wessen?

HUMFRIED.

Wer?

BERNHARD.

Und wärst du König der geschaffnen Erde

Und nicht ein König nur durch meine Gunst –

Du sollst mir Rede stehn –


Wirft den Handschuh hin.


nimm auf mein Pfand!

KARL ruft.

Wo ist der Maure? Ruft Abdallah her![345]

BERNHARD.

Abdallah? Fluch und Hölle!

KARL.

Kennst du ihn?


Quelle:
Ernst von Wildenbruch: Gesammelte Werke. Band 7, Berlin 1911–1918, S. 343-346.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Karolinger
Die Karolinger. Trauerspiel in vier Akten

Buchempfehlung

Ebner-Eschenbach, Marie von

Meine Erinnerungen an Grillparzer

Meine Erinnerungen an Grillparzer

Autobiografisches aus dem besonderen Verhältnis der Autorin zu Franz Grillparzer, der sie vor ihrem großen Erfolg immerwieder zum weiteren Schreiben ermutigt hatte.

40 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon