Die zweite und dritte italienische Reise

(13. August 1771 bis 13. März 1773)

[165] Am 18. März 1771 schrieb L. Mozart noch von Verona aus1:


Gestern habe Briefe aus Mayland erhalten, der mir ein Schreiben von Wien ankündigte, so in Salzburg erhalten werde und das Euch in Verwunderung setzen wird, unserm Sohne aber eine unsterbliche Ehre macht.


Es war der Auftrag, zur Hochzeit des ErzherzogsFerdinand mit der Prinzessin Maria Ricciarda Beatrice von Modena, der Tochter des Erbprinzen Ercole Rainaldo, eine theatralische Serenata zu komponieren. Die Feierlichkeiten sollten am 15. Oktober 1771 in Mailand beginnen. Der junge Mozart befand sich dabei in der erlauchtesten künstlerischen Gesellschaft: die eigentliche Festoper, der »Ruggiero«, wurde Metastasio und J.A. Hasse übertragen, die Dichtung der Serenata aber einem der angesehensten Poeten Mailands, dem Abbate Gius. Parini (1729–1799), der damals zugleich einen Lehrstuhl für Rhetorik an der Universität innehatte und besonders als Satiriker eines hohen Ansehens genoß2. Sein Werk, ein allegorisches Schäferspiel im Geschmacke der Zeit, führte den Titel »Ascanio in Alba« (K.-V. 111, S.V. 6); die damit verbundenen Tänze stammten von Favier. Parini mußte, wie es allgemein Vorschrift war, seine Dichtung erst dem Wiener Hofe zur Begutachtung einsenden, deshalb bekam sie Mozart erst Ende August zu Gesicht und konnte, da sich auch jetzt noch einige Änderungen als notwendig erwiesen, nicht vor Anfang September mit der Komposition beginnen. Aber dann schritt die Arbeit auch mit Windeseile voran. Schon am 13. September waren Chöre und Rezitative fertig; es war kein Wunder, daß dem Jüngling vom vielen Schreiben die Finger schmerzten3.

Schon am 13. August hatte er mit dem Vater Salzburg verlassen und war nach kurzer Rast bei Luggiata in Verona am 21. August in Mailand eingetroffen4.[166]

Diesmal lernte er auch die durch ihre Launen und Liebesabenteuer nicht minder als durch ihre Gesangskunst berühmte Catar. Gabrielli kennen (Brief vom 5. Okt. 1771), die während dieser Zeit nach Mailand kam5. Auch mit Miß Davies, die mit ihrer »Glasorgl« da war, trafen Mozarts wieder zusammen, ebenso mitMysliweczek, der eine Oper für den Karneval zu schreiben hatte.

Der Verkehr mit den Mitwirkenden vollzog sich diesmal ohne Störung, dank Wolfgangs befestigter Stellung und seiner Gunst beim Wiener Hofe. Der Tenorist Tibaldi kam fast täglich gegen 11 Uhr zu ihnen und blieb am Tisch bis 1 Uhr sitzen, während Wolfgang fortfuhr zu komponieren; Manzuoli, der dieses Mal wirklich engagiert war, besuchte sie öfters.

Auch das Verhältnis zu Hasse6 war das beste. Es war eine seltsame Fügung des Schicksals, die hier den deutschen Erneuerer der italienischen Oper mit dem späteren Überwinder der Italienerherrschaft in Deutschland zu gemeinsamer Arbeit vereinigte. Der nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch große Hasse, der schon in Wien warm für Mozart eingetreten war, soll damals ausgerufen haben: »Dieser Knabe wird uns alle vergessen machen.«7

Die Festlichkeiten8 begannen unter großem Fremdenzulauf am 15. Oktober mit dem feierlichen Einzug des Erzherzogs, dann fand die Trauung im Dome statt, darauf folgten Konzert und Handkuß bei Hofe. Am 16. wurden mehr als 400 von der Kaiserin ausgestattete Brautpaare öffentlich gespeist, und abends ging im festlich geschmückten Theater Hasses »Ruggiero« in Szene, mit zwei prächtigen Balletten in den Zwischenakten, »La corona della gloria« von Picq und »Pico e Canente« von Favier. Am 17. wurde nach einer glänzenden Korsofahrt Wolfgangs Serenata aufgeführt. Schon nach den ersten Proben konnte L. Mozart seiner Frau mit Vergnügen voraussagen,[167] daß der Erfolg gesichert sei9. Er täuschte sich nicht, der Beifall war außerordentlich; die Serenata mußte den nächsten Tag wiederholt werden und wurde auch bis zum Ende der Festlichkeiten öfter gegeben als der »Ruggiero«. »Mir ist leid«, schrieb der Vater, »die Serenata des Wolfgang hat die Opera von Hasse so niedergeschlagen, daß ich es nicht beschreiben kann«. Übrigens verwies er sie auf den Bericht eines jungen Salzburger Kaufmannssohnes, Kerschbaumer, der am 24. selbst gesehen habe, wie das erzherzogliche Paar zwei Arien da capo verlangt und Wolfgang in jeder Weise ausgezeichnet habe. Auch die Belohnung blieb diesmal nicht aus: neben dem Honorar erhielt Wolfgang von der Kaiserin eine goldene, mit Diamanten besetzte und auf dem Rücken mit dem in Email trefflich ausgeführten Bildnis Maria Theresias geschmückte Uhr10.

Unter den Festlichkeiten, die bis Ende des Monats fortgingen, zeichnete sich besonders aus der glänzend ausgestattete Maskenzug der Facchini in der Tracht des umwohnenden Landvolks am 19., das Wettrennen der Pferde (»barberi«) am 22. und der Wagen (»calessetti«) am 28. sowie die »cuccagna« am 24., wo dem Volk Lebensmittel in Masse zur Plünderung preisgegeben wurden11, während der Wein in Springbrunnen floß. Hier entgingen Mozarts einer großen Gefahr. Eines der für die Zuschauer erbauten großen Gerüste stürzte ein, wodurch mehr als 50 Personen ums Leben kamen oder beschädigt wurden. Nur einer zufälligen Verspätung hatten Mozarts es zu danken, daß sie nicht den dort für sie bestimmten Platz einnahmen, sondern auf dem Hofbalkon Unterkommen suchten.

Nachdem die Oper vollendet war, schrieb Mozart im November noch eine Sinfonie (K.-V. 112, S. VIII. 13) und ein Divertimento (K.-V. 113, S. IX. 15), vielleicht für eine Akademie oder sonst auf Bestellung.

Während des Aufenthalts in Mailand war auch ein Vertrag mit dem Theater S. Benedetto in Venedig zustande gekommen, der Wolfgang zum Karneval 1773 die zweite Oper für dieses Theater übertrug (Beil. III F, 2). Wie sich diese Verpflichtung mit der für Mailand übernommenen vereinigen ließ, ist schwer zu begreifen. Vielleicht hat der venezianische Impresario Entgegenkommen versprochen. Ausgeführt wurde der Vertrag indessen nicht,[168] die zweite Oper für Venedig übernahm vielmehr J.G. Naumann mit seinem erfolgreichen »Solimano« (von Migliavacca)12.

Erst Mitte Dezember13 kehrte Mozart nach Salzburg zurück, wo er noch am 30. eine Sinfonie schrieb (K.-V. 114, S. VIII. 14); bald darauf befiel ihn eine schwere Krankheit14. Unterdessen hatten sich aber auch in Salzburg die Verhältnisse gründlich geändert. Am 16. Dezember 1771 war Erzbischof Sigismund einer langwierigen Krankheit erlegen; sein Nachfolger wurde nach mehrmaligen Scrutinien am 14. März 1772 Hieronymus Joseph Franz v. Paula, Graf von Colloredo, der bisherige Bischof von Gurk. Man war in Salzburg von dieser Wahl sehr wenig erbaut, denn man hatte unter dem lässigen Regiment des Vorgängers gute Tage gehabt und befürchtete nun mit Grund ein schärferes Anziehen der Zügel15. Zu der Feier seines Einzugs und der Huldigung am 29. April 1772 sollte Mozart die Festoper schreiben16. Es war wiederum eine Serenade (azione teatrale) »Il sogno di Scipione« (K.-V. 126, S.V. 7) von Metastasio, die schon am 1. Oktober 1735 zum Geburtstag Kaiser Karls VI. mit der Musik von Predieri aufgeführt worden war. Damals hatte sie auf die unglücklichen Kriegsereignisse in Italien angespielt, jetzt übertrug man sie ganz unbesehen auf das erzbischöfliche Fest, ein Beweis dafür, welchen Unsinn man mitunter bei diesen Gelegenheitsopern vertrug. Selbst die Licenza wurde übernommen, und nur statt des Namens Carlo »Girolamo« eingesetzt17. Wahrscheinlich fand die Aufführung Anfang Mai 1772 statt18.

Die übrigen datierten Kompositionen aus dieser Zeit sind eine Sinfonie (K.-V. 124, S. VIII. 15) vom 21. Februar und die Litanei »de Venerabili« in B-Dur (K.-V. 125, S. II. 2) vom März. Im Mai folgten außer einem »Regina coeli« (K.-V. 127, S. III. 11) drei Sinfonien (K.-V. 128–130, S. VIII. 16–18), im Juni ein Divertimento (K.-V. 131, S. IX. 16), im Juli und August wieder drei Sinfonien (K.-V. 132–134, S. VIII. 19–21). Auch drei Divertimenti für Streichquartett (K.-V. 136–138, S. XIV. 24–26) tragen die Jahreszahl 1772. Augenscheinlich sind alle diese Werke, und noch verschiedene andere ohne genaues Datum, die ihr Stil in diese Zeit verweist, für bestimmte Gelegenheiten in Salzburg geschrieben. Nicht immer fand Mozart damit Anklang. So ließ sich Burney von einem Bekannten berichten, der junge Mozart sei zwar immer noch Meister auf seinem Instrumente, seine Orchestersachen dagegen seien nur »ein Beweis mehr, daß frühzeitige Früchte mehr ungewöhnlich als vortrefflich sind.«19[169]

Einen äußeren Vorteil brachte übrigens dem jungen Künstler der Regierungsantritt des Erzbischofs Hieronymus: es wurde ihm in seiner Stellung als Konzertmeister am 9. August ein Gehalt von 150 Fl. »für dermalen« bewilligt.20

Am 24. Oktober begaben sich Vater und Sohn wiederum auf die Reise nach Mailand, um dort zur rechten Zeit für die neue Oper einzutreffen. In dem »traurigen Botzen« komponierte Wolfgang »für die lange Weile« ein Quattro, dann wurde sein Namenstag (31. Oktober) lustig bei den Gebrüdern Piccini in Ala gefeiert, und nach dem gewohnten Aufenthalt in Verona bei Luggiati langten sie am 4. November in Mailand an. Hier stellten sich bei L. Mozart Schwindel und Eingenommenheit des Kopfes aufs neue ein, Folgen eines unglücklichen Falles, die ihn schon in Salzburg geplagt hatten, dazu quälten ihn allerlei »Salzburger Gedanken«, die offenbar in dem dortigen Regierungswechsel ihren Grund hatten; ihm bangte vor der Zukunft des Sohnes, wenn es nicht glücken sollte, ihm eine angemessene Stellung zu verschaffen.

Die Oper, die Wolfgang zu komponieren hatte, war »Lucio Silla«, der Text stammte von Giov. da Gamerra21 in Mailand. Wolfgang brachte diesmal einen Teil der Rezitative fertig mit, aber nicht zu seinem Vorteil, denn der Dichter hatte mittlerweile seinen Text Metastasio zur Prüfung vorgelegt, der vieles geändert und eine neue Szene eingelegt hatte. Indes hatte er Zeit, die Rezitative umzuschreiben und zu vollenden sowie auch die Chöre nebst der Ouvertüre zu komponieren, denn von den Sängern hatte sich erst die Sgra. Felicita Suarti, die 1769 in Parma sang und jetzt die Stelle des secondo uomo vertrat, mit dem ultimo tenore eingestellt. Sie fanden Mailand noch sehr leer, alles hielt sich noch auf dem Lande auf, nur die Familie d'Aste empfing sie mit der alten Vertraulichkeit; auch Mysliweczek hielt sich noch dort auf. Dann kam auch der primo uomo Venanzio Rauzzini (geb. 1752), ein vortrefflicher Sporanist, geschickter Klavierspieler und auch als Komponist nicht unbedeutend. Er war seit 1766 in München, wo Burney ihn kennenlernte, als es schon bestimmt war, daß er in Mozarts Oper singen würde22. Sehr bald war seine erste Arie fertig; der Vater fand sie unvergleichlich und daß Rauzzini sie singe, wie ein Engel23. Am 4. Dezember kam endlich nach einer sehr beschwerlichen Reise von Venedig die Primadonna de Amicis. Es war Zeit, denn die Aufführung sollte wieder am 26. Dezember sein, und bis dahin waren noch vierzehn Stücke zu machen, unter ihnen das Terzett und[170] das Duett, »die für vier zu rechnen waren«. »Ich kann unmöglich viel schreiben«, schreibt Wolfgang am 5. Dezember, »denn ich weiß nichts, und zweitens weiß ich nicht was ich schreibe, indem ich nur immer die Gedanken bei meiner Opera habe und Gefahr laufe, Dir anstatt Worte eine ganze Aria hinzuschreiben«.Maria Anna de Amicis (geb. um 1740), eine Schülerin der Tesi, war durch Chr. Bach in London 1762 von der Opera buffa als Primadonna zur Opera seria gebracht worden. Sie war schon seit fünf Jahren mitBuonsolazzi, einem Beamten in Neapel, verheiratet und brachte eine kleine Tochter Sepperl mit nach Mailand24. Obwohl Mozarts sie schon von der Pariser Reise her kannten, so war sie anfangs nicht abgeneigt, Schwierigkeiten zu machen; aber bald stellte sich die beste Freundschaft und Vertraulichkeit her. Als sie ihre drei Arien kennengelernt hatte, war sie ganz außerordentlich zufrieden; die Hauptarie hatte Wolfgang mit neuen, und ganz besonderen, erstaunlich schweren Passagen ausgestattet25. L. Mozart fand aber auch nach den Proben, daß sie wie ein Engel singe und spiele; ganz Salzburg würde erstaunt sein, so etwas zu hören.

Immer noch fehlte der Tenorist Cardoni, bis endlich die Nachricht eintraf, er sei so schwer erkrankt, daß er nicht auftreten könne. Nun wurde der Theatersekretär nach Turin und zugleich ein Eilbote nach Bologna geschickt, um für einen anderen guten Tenor zu sorgen, der nicht nur ein guter Sänger, sondern »absonderlich ein guter Akteur und eine ansehnliche Person sein mußte, um den Lucio Silla mit Ruhm vorzustellen«. Aber ein solcher war nicht aufzutreiben, und man sah sich schließlich genötigt, einen Kirchensänger aus Lodi, Bassano Morgnoni, zu nehmen, der nur dort einigemal auf dem Theater gesungen, aber noch keine größere Bühne betreten hatte. Dieser kam am 17. Dezember an, als schon die Proben im vollen Gange waren, und am folgenden Tage schrieb Wolfgang von den vier Arien, die er zu singen hatte, gleich zwei nieder. Am 21., 22. und 23. Dezember waren große Gesellschaften des hohen Adels im Firmianschen Hause, die unter beständiger Vokal- und Instrumentalmusik von 5 Uhr abends bis 11 Uhr dauerten. Wolfgang spielte jedesmal, und namentlich den dritten Abend mußte er gleich nach dem Eintritt der Herrschaften spielen, die sich dann sehr gnädig mit ihm unterhielten. Die Hauptprobe verlief glücklich, und auch die erste Vorstellung hatte am 26. Dezember trotz verschiedener Unglücksfälle den besten Erfolg.

Die Oper fing regelmäßig eine Stunde nach Ave Maria an, und das Theater war um halb sechs so voll, daß niemand mehr hinein konnte. Der Erzherzog[171] war erst kurz vor Ave Maria von der Tafel aufgestanden und hatte noch erst fünf eigenhändige Gratulationsschreiben zum neuen Jahr nach Wien ausfertigen müssen – man wollte wissen, daß ihm das nicht rasch von der Hand gehe. So mußten Sänger und Sängerinnen, die vor einer ersten Aufführung in ängstlicher Aufregung waren, und das ganze Publikum in Ungeduld und Hitze bis nach 8 Uhr auf den Hof warten. Unglücklicherweise hatte der Tenorist aus Lodi während der ersten Arie der Primadonna durch Gebärden seinen Zorn zu äußern; nun glaubte er ein übriges tun zu müssen und gestikulierte so ungebärdig, »daß es schien, als wolle er ihr Ohrfeigen geben und ihr die Nase mit der Faust wegstoßen«. Darüber brach ein Gelächter aus; dies bestürzte die de Amicis, die nicht gleich wußte, wem das Gelächter galt, und sie sang den ganzen Abend nicht gut, besonders nachdemRauzzini gleich bei seinem Auftreten von der Erzherzogin mit Klatschen empfangen worden war. Rauzzini hatte es an die Erzherzogin zu bringen gewußt, er werde vor Furcht nicht singen können, um sich den Applaus vom Hofe im voraus zu sichern. Um die de Amicis zu trösten, wurde sie am folgenden Tage zu einer Audienz an den Hof beschieden, und nun erst ging die Oper ganz gut. Nichtsdestoweniger gefiel das Werk gleich, und der Beifall wuchs mit jeder Aufführung. Während sonst die Leute in die erste Oper nicht zahlreich kamen, wenn sie nicht »sonderbaren Beifall hatte«, wurde sie mehr als zwanzigmal bei so vollem Hause gegeben, »daß man kaum hineinschliefen konnte«. Täglich mußten einige Arien wiederholt werden, bei denen meistens die Primadonna die Oberhand hatte26. So berichtet L. Mozart.

Für Rauzzini schrieb Wolfgang eine Motette »Exsultate« (K.-V. 165, S. III. 22), die am 17. Januar 1773 bei den Theatinern aufgeführt wurde27. Sie ist eigentlich eine dramatische Solokantate. Geistlich ist daran nur der Text, die Musik, die natürlich auf die Stimme des Bestellers Rücksicht nimmt, ist rein opernmäßig, ein weiteres Beispiel für den damals in der Kirchenmusik herrschenden Geist. Bemerkenswert ist die selbständige Rolle, die die Oboen und, namentlich in dem A-Dur-Satz, die Bratschen spielen. Später berichtet der Vater (6. Febr.), daß Wolfgang mit einem Quartett beschäftigt sei.

L. Mozart schob die Abreise immer weiter hinaus, anfangs unter dem Vorwande, daß sie auch die zweite Oper sehen wollten, dann unter dem Vorgeben eines heftigen Rheumatismus, der ihn ans Bett feßle. Er hatte sich nämlich, kräftig unterstützt durch die Empfehlungen des Grafen Firmian, nach Florenz an den Großherzog Leopold, dem er auch die neue Oper zuschickte, mit der Bitte gewandt, Wolfgang an seinem Hofe anzustellen. Der Großherzog ließ sich anfangs gnädig vernehmen, und L. Mozart mußte wünschen, die Verhandlungen von Mailand aus fortzuführen. Als sie schließlich[172] zu keinem günstigen Ergebnis führten, hoffte er wenigstens auf wirksame Empfehlungen von Florenz und richtete seine Gedanken wieder auf eine große Kunstreise. »Thut nur das Geld sparen«, schrieb er, »denn Geld müssen wir haben, wenn wir eine Reise vornehmen wollen; mich reuet ein jeder Kreutzer, den wir zu Salzburg ausgeben«.

In der letzten Zeit ihres Aufenthalts kam auch ein Kollege aus der Salzburger Kapelle, der Hornist Leutgeb, nach Mailand, der dort sehr gefiel und gute Geschäfte machte.

Anfang März brachen sie endlich auf, denn bis zum Jahrestag der Wahl des Erzbischofs (14. März) mußten sie jedenfalls an Ort und Stelle sein. Am Tage vorher, dem 13. März, trafen sie wieder in Salzburg ein.

Damit schloß Mozarts Tätigkeit für die italienischen Bühnen für immer ab. Er hat keine weitere scrittura mehr erhalten, auch sind seine italienischen Erfolge nicht über die Alpen gedrungen. Gewiß war der neue Herr in Salzburg kein Freund der Kunstreisen seiner Angestellten und hat mit Urlaub gekargt, wo er nur konnte. Andererseits scheint der »Lucio Silla« doch nicht den durchschlagenden Erfolg errungen zu haben, den der gerade hier besonders dick auftragende Vater den Seinen in seinen Briefen vorspiegelt. Ein Blick in die Partitur gibt die Erklärung. Tatsächlich bahnte sich in Mozarts Kunst damals eine Wandlung an, die ihn über den Rahmen der landläufigen opera seria hinausführte. Ihr müssen wir zunächst unser Augenmerk zuwenden.

Nach der neuesten Forschung ist Mozart von seiner letzten italienischen Reise als ausgeprägter »Romantiker« zurückgekehrt, lebhaft berührt von demselben Geiste, der in der gleichzeitigen deutschen Dichtung die Bewegung von Sturm und Drang hervorrief28. Tatsächlich ist allen seinen Werken aus dem Ende dieses Zeitabschnittes ein merkwürdig subjektiver, oft tief leidenschaftlicher und düsterer Grundton gemeinsam; das Gepräge des Selbstbekenntnisses ist ihnen stärker aufgedrückt als ihren Vorgängern. Nur muß daran erinnert werden, daß der Geist von Sturm und Drang mit all seinen Stimmungsgegensätzen Mozart von Hause aus im Blute steckte, und daß die Nachtseiten des Seelenlebens auch seiner älteren Kunst keineswegs fremd waren, wie namentlich sein Schaffen unter Schoberts Einfluß beweist; allerdings hatte ihnen die kindliche Frohnatur des Knaben bisher erfolgreich die Waage gehalten. Wenn sie jetzt mit einem Male stärker hervortreten, so lag der Grund weder in literarischen Einflüssen, denen Mozart damals in Oberitalien nicht erreichbar war, noch in irgendwelchem einschneidenden persönlichen Erlebnis, von dem wir nichts wissen, sondern einfach in der Wucht, mit der die Eindrücke der letzten drei Jahre jetzt, wo der Abschied von Italien bevorstand, auf die Seele des sich der Mannbarkeit nähernden Jünglings einstürmten. Bisher war er über Fülle wechselnder Gestalten kaum zu Atem gekommen, jetzt legten sie sich dem Scheidenden übermächtig[173] auf das junge Herz und preßten ihm Töne von einer Leidenschaft aus, die ihm selbst wohl manchmal wie ein Wunder erschienen.

Gewiß ist der Aufenthalt in Italien für Mozart auch als Menschen bedeutungsvoll geworden. Nur sollte man dabei nicht immer wieder den Schatten Goethes heraufbeschwören. Goethe kam nicht allein sechzehn Jahre später, nicht allein im reifen Mannesalter und mit ganz anderen geistigen Zielen nach Italien; seine ganze Art, Menschen und Dinge zu betrachten, gehörte auch noch zu seiner Zeit zu den Ausnahmen. Vom Standpunkt der modernen romantischen Schwärmerei aus vollends, für deren Abkühlung durch die Ereignisse von 1915 wir den Italienern eigentlich nur dankbar sein können, L. Mozart einen phantasielosen Philister zu schelten, ist seichtester Dilettantismus. Zwischen den italienischen Reisen der Mozarts und der Goethischen liegt vielmehr ein grundsätzlicher Umschwung in unserem ganzen Verhältnis zu fremden Ländern und Völkern, der sich großenteils an den Namen Rousseau knüpft.

Goethes Reisebeschreibung und fast alle späteren beginnen mit mehr oder weniger farbenreichen Bildern aus der Alpenwelt. Davon ist bei den Mozarts mit keinem Worte die Rede, höchstens daß dem Vater die Innsbrucker Gegend »etwas dem Wege nach Hallein bei Kaltenhausen« zu gleichen scheint, sonst »weiß er nichts zu sagen«29. Weit häufiger ist dagegen von den Beschwerden des Alpenübergangs die Rede, von Schnee, Schmutz u. dgl.; Bozen erscheint dem Vater als »traurig«, dem Sohne aber geradezu als ein »Sauloch«30. Jeder Schimmer von Gebirgsromantik fehlt, ja die Reisenden stehen noch ganz deutlich unter dem Banne des vorrousseauschen, im Grunde genommen noch antiken Naturgefühls, dem die wilde Schönheit der Berge nur Grauen und Unbehagen einflößte. Das ist auch die Anschauung ihres getreuen literarischen Begleiters, des alten J.G. Keyßler, in seinen Reisebeschreibungen31. Nach dem Abstieg in die Poebene ist von Natureindrücken häufiger die Rede. Schon früher war L. Mozart das schwäbische Land mit seinem lieblichen Gemisch von Wald, Wiesen und Gärten als das »schönste« erschienen, und auch jetzt fesselte ihn an der italienischen Landschaft, wie namentlich sein Lob von Neapel zeigt, vor allem ihr anmutiges, lachendes, gartenhaftes Gepräge; als echter Jünger der Aufklärung vergißt er dabei auch die Fruchtbarkeit nicht32. Dagegen geht z.B. der Vesuv wieder ziemlich eindruckslos an ihnen vorüber, und an den phlegräischen Gefilden bei Neapel sind ihnen Sage und Geschichte wichtiger als die Natur33.

Diese ältere Art des Naturgefühls kommt aber auch in Wolfgangs gesamter Kunst zum Ausdruck. Im Vergleich mit Gluck, Haydn und Beethoven ist ja Mozart an musikalischen Naturbildern überhaupt ärmer, wo sie aber vorkommen, fassen sie, von den herkömmlichen Gewitterbildern u. dgl. abgesehen, die Natur nie von der erhabenen und erschütternden, sondern[174] stets von der lieblichen und idyllischen Seite auf, hierin noch ganz offenbare Absenker des alten italienischen Renaissancegeistes.

Besondere Natureindrücke suchte L. Mozart für sich und die Seinen durch den Ankauf von Kupferstichen und Büchern festzuhalten, und ebenso verfuhr er mit den künstlerischen. Auch hier war Keyßler sein Hauptberater. Eifrig wurden namentlich die antiken Denkmäler studiert. Aber auch hier fehlt alles Gefühlsmäßige und Romantische; das Geschichtliche und Antiquarische herrscht vor, und manchmal wird man an die Kuriositätenfreude der alten »Mirabilien« erinnert. Von den Künsten wird die Architektur bevorzugt, die italienischen Maler dagegen scheinen auf L. Mozart bezeichnenderweise lange keinen solchen Eindruck gemacht zu haben, wie seinerzeit die alten Niederländer.

Im Grunde freilich waren ihm, wie allen Reisenden der damaligen Zeit, Natur und Kunst doch nur Nebendinge, die man sich gerne gefallen ließ, wenn sie am Wege lagen, aber niemals zum Gegenstand besonderer Studien machte. Jenes aufgeklärte Geschlecht erwartete von einer solchen Reise vor allem anderen einen Gewinn für Verstand, Kenntnisse und Sitten, es wollte durch die Bekanntschaft mit Staatsleben, Volk und Gesellschaft des fremden Landes Urteil und Geist bilden und fördern. Diese Dinge haben denn auch bei L. Mozart durchaus den Vortritt. Die Zustände in Neapel, die Osterwoche in Rom, der Karneval in Mailand sind ihm und seinem Sohn weit wichtiger als alle Kunsteindrücke. Ungerecht aber ist es, diese damals allgemeinen Anschauungen einer angeblichen persönlichen Beschränktheit Leopolds zur Last zu legen34 oder daraus, daß seine Eindrücke andere waren als die unsrigen, einen Mangel an Aufnahmefähigkeit über haupt abzuleiten. Das Bild von dem blöden Philister mit seinem halb verträumten, halb närrischen Sohne in der ewigen Stadt mag ruhig modernen Goethekränzchen überlassen bleiben; es ist nicht minder verzeichnet als so manches idealisierende Mozartbild aus den Tagen der Romantik.

Wolfgang stand natürlich in allen diesen Anschauungen durchaus unter dem Einflusse des Vaters. Wohl haben ihm die Anstrengungen und Arbeiten der Reise zeitweilig stark zugesetzt, dazu näherten sich bei ihm die Entwicklungsjahre, so daß seine ab und zu hervortretende Müdigkeit wohl erklärlich ist. Aber alles das hat doch seine Aufnahmefähigkeit im allgemeinen nicht beeinträchtigt. Seine Briefe an die Schwester sind lebhaft und aufgeweckt, voll von Jugendübermut und gelegentlich recht saftiger Neckerei, und wenn sie sich über Land und Leute außerhalb des rein Musikalischen auch recht kurz fassen, so beweist das doch nicht etwa das Fehlen jeglicher Eindrücke überhaupt. Denn auch die musikalischen Berichte verraten alles eher als einen Freund breiter, begeisterter Ergüsse. Gelobt wird darin nur[175] selten und auch dann äußerst zurückhaltend; was aber am meisten auffällt und durch all die lustigen und oft beißenden Spaße immer wieder hindurchbricht, ist eine außergewöhnliche Beobachtungsgabe. Jeder Eindruck wirkt schon auf den Dreizehnjährigen gleich nach den verschiedensten Seiten hin, und es liegt ihm nichts ferner, als etwa die eine davon in idealisierender Absicht zugunsten der andern zu unterdrücken. Dieser scharfe, durchdringende Blick, der hinter Menschen und Dingen sofort ein lebendiges Spiel der verschiedenartigsten Kräfte erkennt, verrät den geborenen Dramatiker, er mußte aber gerade im Verkehr mit einem Volke wie dem italienischen besonders geschärft werden. Auf den früheren Reisen war Mozart nur mit einer bestimmten Gesellschaftsschicht in Berührung getreten, jetzt lernte er ein ganzes Volk kennen, von naivem, realistischem Sinn und stets bereit, auch dem Alltagsleben ein Stückchen Dramatik abzugewinnen. Vor allem erkannte er, wie fest die opera buffa auch in ihrer damaligen, verfeinerten Gestalt im Volke wurzelte. Die Welt, die er in der »Finta semplice« noch nach dem Hörensagen hatte schildern müssen, erschloß sich ihm jetzt unmittelbar in der ganzen Fülle ihrer Gestalten, und es ist somit keineswegs bloß das Musikalische, worin die »Finta giardiniera« ihre Vorgängerin überragt.

So verliefen die italienischen Reisen der Mozarts zwar ohne jeden romantischen Beigeschmack und ohne die heutzutage unvermeidlichen lyrischen Ergüsse, aber in ihrer Art nicht minder gewinnbringend für Wolfgangs spätere Entwicklung. Bezeichnend ist die gänzliche Unbefangenheit, mit der er alle Eindrücke auf sich wirken ließ. Ohne jede Spur von Selbstbetrug, wohl aber mit einer merkwürdigen Neigung zur Ironie spricht er sich auch über anerkannte und gefeierte Größen in Kunst und Leben aus; der Beifall der Menge berührt ihn ebenso wenig wie der päpstliche Orden, dagegen bricht in seinen Briefen die gesunde Liebe zur Heimat und den Seinigen immer wieder hindurch. Mit der Schwester verkehrt er manchmal, als seien sie überhaupt nur wenige Stunden Weges voneinander getrennt. Er unterhält sich mit ihr über Haydnsche Menuette35 und läßt sich von ihr sein Rechenbuch nachschicken36, weil er die alte Lieblingsbeschäftigung auch in Italien nicht missen mag. Auch der Vater, dem Stetigkeit in der Pflichterfüllung über alles ging, hielt streng darauf, daß Wolfgang nach allen Kräften weiter arbeitete; eine ganze Reihe von Kompositionen liefert den Beweis. An literarischen Eindrücken kamen in Italien hauptsächlich dazu die Werke Metastasios, eine italienische Übersetzung von Tausend und einer Nacht, die er in Rom geschenkt bekam und mit großer Freude las37, und der »Télémaque« von Fénélon38.

Der Musiker Mozart aber, der bisher vorwiegend instrumental erzogen worden war, trat jetzt vollständig unter den Bann der reich entwickelten italienischen Gesangskunst. Gewiß lehren auch die bisherigen Werke, daß die Neigung zum Gesanglichen Mozart angeboren war, aber von jetzt an[176] wird das Verhältnis von Vokal und Instrumental in seiner Kunst nicht etwa ins Gleichgewicht gebracht, sondern zugunsten des Vokalen allmählich verschoben. So bedeutende Instrumentalwerke er auch von jetzt ab noch schaffen sollte, mit dem Herzen steht er doch mehr auf der Seite der Gesangsmusik, ja seine instrumentalen Neuerungen bestehen eben in der Durchdringung der Spielmusik mit gesanglichen Zügen. An diesem Grundzuge seiner Kunst aber hat Italien den entscheidenden Anteil, und wenn er auch später in seinen allgemeinen künstlerischen Grundsätzen bewußt von den Italienern abgerückt ist, ihrem Gesangsstil hat er sich nicht entzogen.

Aber noch eine zweite Lücke in seinem bisherigen Können wurde in Italien ausgefüllt. Bei Padre Martini ging ihm das lebendige Wesen der Kontrapunktik auf, die er bisher fast nur von der scholastischen Seite kennengelernt hatte, und wiederum war der Gesang der Ausgangspunkt. Jetzt erst lernte er unter Martinis Anleitung die einzelnen Stimmen in ihrem selbständigen melodischen und rhythmischen Leben und damit die poetische Seite des ganzen Stils erfassen, und da Martini zudem als geborener Lehrer in seinem Unterricht von lebendigen Kunstwerken alter Meister ausging, so hatte Mozart außerdem noch Gelegenheit, die ältere italienische Musik kennenzulernen, ein äußerst wirksames Gegengewicht gegen die modischen Operneinflüsse, dessen Segnungen vorher schon so manchem Italiener, z.B. Jommelli39, zugute gekommen waren.

Der italienische Aufenthalt hat somit nicht allein für den Menschen, sondern auch für den Künstler Mozart die Kindheitsjahre abgeschlossen und zugleich für die nächste Entwicklung des Mannes die Grundzüge festgelegt.

Fußnoten

1 B III 102 f.


2 Wiese-Pèrcopo, Geschichte der ital. Literatur 1899, S. 513 ff. (mit Porträt).


3 B I 32. Am 24. August schreibt Wolfgang über die Mailänder Wohnung: »Ober unser ist ein Violinist, unter unser auch einer, neben unser ein Singmeister, der Lektion giebt, in dem letzten Zimmer gegen unser ist ein Hautboist. Das ist lustig zum Komponieren! giebt einem viel Gedanken.« B I 31.


4 Der Weg nach Mailand war bei der zweiten und dritten Reise derselbe wie bei der ersten, nur daß die erste Station St. Johann war und die letzte vor Mailand Brescia.


5 Welchen Eindruck sie auf ihn machte, zeigt eine spätere Äußerung gegen seinen Vater (Mannheim, 19. Febr. 1778): »Wer die Gabrielli gehört hat, sagt und wird sagen, daß sie nichts als eine Passagen- und Rouladenmacherin war; und weil sie sie aber auf eine so besondere Art ausdrückte, verdiente sie Bewunderung, welche aber nicht länger dauerte, als bis sie das viertemal sang. Denn sie konnte in die Länge nicht gefallen; der Passagen ist man bald müde, und sie hatte das Unglück, daß sie nicht singen konnte. Sie war nicht im Stande, eine ganze Note gehörig auszuhalten, sie hatte keine ›messa di voce‹, sie wußte nicht zu souteniren, mit einem Wort: sie sang mit Kunst, aber mit keinem Verstand.« B I 167.


6 Hasse hatte am 23. März 1771 an Ortes geschrieben (Kretzschmar a.a.O. 265): »Der junge Mozart ist für sein Alter sicher ein Wunder und ich liebe ihn wirklich unendlich. Der Vater ist, soweit ich sehe, ewig und mit allem unzufrieden, darüber wird inzwischen auch hier geklagt. Er vergöttert seinen Sohn etwas zu sehr und tut damit was möglich ist, ihn zu verderben, aber ich habe von dem natürlichen Sinne des Jungen eine so gute Meinung, daß ich hoffe, er wird sich trotz der Schmeicheleien des Vaters nicht verderben lassen, sondern ein wackerer Mensch werden.«


7 Carpani, Le Haydine p. 83. Kandler, Cenni int. alla vita del G.A. Hasse p. 27. Mennicke, Hasse und die Gebrüder Graun als Sinfoniker, S. 433 f. bezweifelt die Echtheit des Ausspruchs mit dem Hinweis auf L. Mozarts Schweigen darüber.


8 Parinis Beschreibung der Festlichkeiten (»Descrizione delle feste celebrate in Milano per le nozze delle L.L.A.A.R.R. l'arcid. Ferdinando e l'arcid. Maria Beatrice«) erschien Mailand 1825.


9 B III 114.


10 Die Uhr erwarb später ein Kaufmann Jos. Strebl in Wien, der mit Mozart in Mödling zu kegeln pflegte (Südd. MZ 1856, Nr. 1, S. 4). Schließlich kam sie in den Besitz eines Kunsthändlers Jos. Wagner in Pest. Wurzbach, Mozartbuch S. 178. – Leider fehlt auch nicht die Kehrseite dieses Bildes von dem hohen Gnadenbeweise. Erzherzog Ferdinand war auf den Gedanken gekommen, den jungen Komponisten in seinen Dienst zu nehmen, und hatte darüber an seine Mutter Maria Theresia geschrieben. Diese antwortete am 12. Dez. 1771 (Arneth, Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und Freunde, Bd. I, S. 92): »Vous me demandez de prendre à votre service le jeune Salzburger. Je ne sais comme quoi, ne croyant pas que vous ayez besoin d'un compositeur ou de gens inutiles. Si cela pourtant vous ferait plaisir, je ne veux vous empêcher. Ce que je dis, est pour ne pas vous charger de gens inutiles, et jamais des titres à ces sortes de gens comme à votre service. Cela avilit le service, quand ces gens courent le monde comme des gueux; il a outre cela une grande famille.« (Deiters)


11 Teutscher Mercur 1775, III 240. B III 119.


12 Meißner, Bruchstücke I 279.


13 Nach der Schwester (Nott. S. 108) am 13., nach einem Briefe L. Mozarts an Breitkopf vom 7. Febr. 1772 am 15.


14 Nach einer Äußerung der Schwester an Regierungsrat Sonnleithner stellt das Aquarell B V 16 ihn nach überstandener Krankheit dar.


15 Koch-Sternfeld, Die letzten dreißig Jahre des Hochstifts und Erzbistums Salzburg 1816, S. 36 ff.


16 L. Mozart hatte für die bevorstehende Wahl durch Breitkopf bei Grenser in Dresden bereits Oboen und Fagotte bestellt.


17 Mozart hatte sogar den Namen Carlo zuerst noch aufgenommen und ihn erst später durch Girolamo ersetzt.


18 Die Arie der Licenza hat Mozart später nochmals komponiert. Auf eine zweite Aufführung des Ganzen daraus zu schließen, geht aber doch wohl nicht an.


19 Burney, Reise III 262.


20 Pirckmayer a.a.O., Salzb. Zeitung 1886, Nr. 191.


21 Gamerra, geb. 1743 zu Livorno, war erst Abt, dann »Tenente nelle Armi di Sua Maestà Imp.«, also Soldat, verfaßte aber daneben eine große Anzahl von Rührstücken und beabsichtigte 1786 sogar eine tragi- komische Nationalbühne in Neapel zu gründen. Gestorben ist er 1803. Vgl. B. Croce, I teatri di Napoli 1897, p. 628 ff.


22 Burney, Reise II 93, 110.


23 Auch Naumann, in dessen »Armida« er in Padua auftrat, sagt von ihm, »er hat alle guten Qualitäten, singt wie ein Engel und ist ein vortrefflicher Acteur«. Seit 1778 lebte er in England, anfangs als Sänger, dann als Gesanglehrer bis 1810 in großem Ansehen. Kelly, Remin. I 10. Parke, Mus. mem. II 51. Rudhart, Gesch. d. Oper zu München I 149 f.


24 Später sang sie nur noch in Privatgesellschaften. Berl. musik. Wochenblatt S. 4.


25 Der Abbate Cardanelli, ein Zeitgenosse Mozarts, erzählte, die de Amicis habe Wolfgang aufgefordert, ihr erst die Entwürfe seiner Arien zur Begutachtung vorzulegen, er habe ihr aber eine fertige Arie gebracht, und als sie diese vortrefflich gefunden, ihr noch zwei andere, gleichfalls schon fertige Kompositionen desselben Textes zur Verfügung gestellt (Folchino, Elogio stor. di W.A. Mozart. Cremona 1817, p. 26 ff. AMZ XX 93). Wenig glaublich!


26 Man scheint auf den Erfolg der Oper sehr gespannt gewesen zu sein. Naumann notierte in sein Tagebuch vom 2. Jan. 1773: »Ich ging zum Colloredo, hörte die Nachrichten von der Opera aus Mailand.«


27 Vgl. Wolfgangs Brief vom 16. Jan. 1773. B I 40.


28 Der Ausdruck »romantisch«, der allerdings der Mißdeutung fähig ist, stammt von WSF I 468 ff.


29 B III 3 f.


30 B III 126, I 35.


31 Keyßler, Reisen, 3. Aufl. von Schütze 1776. Die Reisen selbst wurden schon 1729–31 ausgeführt.


32 B III 51 ff.


33 B III 52 f.


34 So Schurig, Mozart I 232, der Winckelmann, Goethe und Heinse gegen L. Mozart ausspielt.


35 B I 11, 15.


36 B I 13, 15.


37 B I 19.


38 B I 22.


39 Vgl. Abert a.a.O. S. 183.


Quelle:
Abert, Hermann: W. A. Mozart. Leipzig 31955/1956, S. 177.
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