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[282] München den 8t jenner 1779


Mon trés cher Pére!


Ich hoffe sie werden mein leztes, welches ich durch den lohnkutscher habe abschicken wollen, weillen ich ihn aber versaumet, der Post übergeben habe, richtig erhalten haben; ich habe alle ihre schreiben, mithin auch ihr leztes von 31t Decbre durch h: Beckèe richtig bekommen; – ich habe ihm meinen brief und er mir den seinigen lesen lassen; –

Ich versichere sie mein liebster vatter, daß ich mich nun ganz zu ihnen (aber nicht nach Salzburg) freue, weil ich nun durch ihr leztes versichert worden bin, daß sie mich besser kennen, als vorhin! – es war niemal keine andere ursach an den langen verzögern nach haus zu reisen – an der betrübniss, die ich endlich, weil ich meinem freünd Beckèe mein ganzes herz entdeckte, nicht mehr bergen konnte – als dieser zweifel; – was könnte ich den sonst für eine ürsache haben? – ich weis mich nichts schuldig daß ich von ihnen vorwürfe zu befürchten hätte; – ich habe keinen fehler (denn ich nenne einen fehler daß, welches einem Christen und Ehrlichen Manne nicht ansteht) begangen; – mit einem wort, ich freue mich; und ich verspreche mir schon im [282] voraus die angenehmsten und glücklichsten täge – aber nur in ihrer und meiner liebsten schwester gesellschaft; –

ich schwöre ihnen bey meiner Ehre daß ich Salzburg und die ihnwonner (ich rede von gebohrnen Salzburgern) nicht leiden kann; – mir ist ihre sprache – ihre lebensart ganz unerträglich; – sie glauben nicht was ich bey der visite hier bey der Made Robinig gelitten habe; – denn ich habe schon lang mit keiner solchen närrin gesprochen; – und zu meinen noch grössern unglück war auch der einfältige und kreuzdumme Mosmayer dabey – Nun weiter; – gestern war ich mit meinen lieben freund Cannabich bey der Churfürstin, und habe meine sonaten übereichet; sie ist hier logirt wie ich ganz gewis einmal logirt seyn werde – wie halt ein privat mensch recht hübsch und niedlich, bis auf die aussicht die miserable ist, logirt sein kann – wir waren eine starcke halbe stund bey ihr, und sie war sehr gnädig; – Nun habe schon gemacht daß man ihr beybringt, daß ich in etlichen tägen abreisen werde, damit ich bald expedirt werde – Wegen graf seau haben sie nichts zu sorgen, den ich glaube nicht daß die sache durch ihn gehen wird, und wenn auch, so darf er sich nicht mucken; – Nun kurz und gut; glauben sie mir, daß ich für begierde brenne sie und meine liebe schwester wieder zu umarmen – wenns nur nicht in salzbourg wäre; – weil es aber bis dato ohnmöglich ist sie zu sehen ohne nach salzbourg zu reisen, so gehe ich also mit freuden – ich muß eilen die Post geht; – mein bäasle ist hier – warum? – ihrem vetter zu gefallen? – Das ist freylich die bekante ursach! – allein – Nu, wir werden in salzbourg davon sprechen; – dessentwegen wünschte ich sehr dmo osl1 mit mir nach salzbourg gehen möchte! – sie werden etwas von ihrer eignen hand2 [283] auf der vierten seiten angenagelt finden; – sie geht gern; – mithin wenn sie vergnügen haben sie bey sich zu sehen, so haben sie die güte und schreiben gleich ihrem h: bruder, daß die sache richtig wird – sie werden, wen sie sie sehen und kennen, gewis mir ihr zufrieden seyn alle leute haben sie gern; – Nun leben sie recht wohl, liebster, bester vatter; – ich küsse ihnen 1000mahl die hände, und meine liebe schwester umarme ich von ganzem herzen, und bin auf Eg

Dero gehorsamster sohn

W.A. Mozart3


Die Mad: Hepp, gebohrne toßon ist erst gestern in kindbetten gestorben; – die ist auch von den Doctoren umgebracht worden; –

Fußnoten

1 Auflösung der Chiffren: das sie.


2 Auf der vierten Seite des Briefes einige Zeilen des »Bäsle«, denen Mozart in der Mitte die Zeilen beifügte:

Das Portrait von meiner baase;

sie schreibt in hemmd-ärmeln! –


und den Schluß gab:


Monsieur

wo der letzt noch nicht geschissen hat – votre ivariable Cochon


3 Antwort des Vaters: 11. Januar.


Quelle:
Die Briefe W. A. Mozarts und seiner Familie. 5 Bände, Band 1. München/ Leipzig 1914, S. 284.
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