8. An Ignaz Moscheles in London.

[337] Leipzig, am 26. Februar 35.


Verehrungswürdigster Mann,


Allen unsern Bemühungen zum Trotz hat es uns noch nicht gelingen können, Kunstberichte aus Ihrer Weltstadt zu erhalten. Wo wir anpochten, ward uns viel versprochen und nichts gehalten.

Wenn wir uns jetzt direkt an den Mann wenden, von dem wir wissen, daß er nie aufgehört hat, sich für deutsche Künstlerzweche und Bestrebungen zu interessiren, so möchte uns das in etwas entschuldigen. – Unsere Frage und Bitte geht dahin, ob Sie uns vielleicht die Adresse eines Künstlers, d.h. eines umsichtigen, geistreichen, wennmöglich eines[337] deutschen Künstlers angeben könnten, der uns in gewisser Ordnung Correspondenzen aus London über Augenblicklich-Interessantes, über englisches Musikleben im Allgemeinen, über dort lebende Künstler, also weniger kahle Data, sondern ausgearbeitete Bilder der musikalischen Unstände Englands zuschicken wollte. Freilich wissen wir nicht genau, ob Sie unsere Zeitschrift in dem Maaße Ihrer Empfehlung werth halten, glauben uns aber auch nicht gänzlich zu täuschen, wenn wir aussprechen, daß die Gesinnung im Ganzen, der Ton, die Seele sich Ihres Beifalls erfreut haben wird. Jedenfalls würden Sie uns durch eine gütige Verwendung einen Dienst erweisen, den wir, wenn auch nicht ausgleichen, doch sicherlich nicht vergessen wollen.

Ueber die Bedingungen würden wir uns mit dem von Ihnen empfohlenen Correspondenten leicht verständigen. Vor der Hand erlauben wir uns zu bemerken, daß wir ihn gern mit einem Honorar von zwanzig Thalern für den Druckbogen entschädigen. Daß es unser sehnlichster Wunsch wäre, von dem herrlichen Meister selbst, an den wir diese Zeilen richten, von Zeit zu Zeit einen Beitrag, habe er welchen Namen er wolle (vielleicht eine Probe aus Ihrer erwarteten Klavierschule), für unsre Zeitschrift zu erhalten, sprechen wir so leise aus, daß es kaum zu Ihnen gelangen wird. Und so überlassen wir Ihnen, in Gedanken auszufüllen, was wir angedeutet haben.

Ihr ausgezeichnetes Septett haben wir in Nr. 18 vorläufig angezeigt, da uns bis jetzt die Partitur fehlt und die Gelegenheit, es im Ensemble hören zu können. Wann dürfen wir auf das Erscheinen Ihrer Klavierschule und des phantastischen Concerts hoffen? – Im heutigen Gewandhausconcert spielt ein Frl. Schmiedel aus Dresden Ihre »irländischen Erinnerungen«. –

Schließlich ersuchen wir Sie, uns den Weg anzugeben, auf dem Sie unsere Zeitschrift, die sich einer ungemeinen und allgemeinen Theilnahme erfreut, regelmäßig zugeschickt wünschen. Unser Buchhändler hat wöchentlich Gelegenheit nach London.

Ihre Nachsicht und Verzeihung für diese Zeilen, die uns Interesse und Begeisterung für die Kunst diktirten. In inniger Verehrung scheide ich für diesmal von dem Manne, dessen helles Geniusauge mich so unzähligmal angeblickt und beseeligt.


Namens der Redaktion der neuen Zeitschrift

für Musik.

R. Schumann.[338]


Quelle:
Wasielewski, Wilhelm Joseph von: Robert Schumann. Bonn 31880, S. 337-339.
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