III. Ursache schlechten Marschwetters.

[176] Ein neuer Schluß findet sich in Siebenbürgen und Böhmen. Petrus als Urheber schlechten Wetters vertritt doch wohl den heidnischen Wettergott, und zwar, da es sich hier um den Einfluß slavischer Mythologie handelt, den Perun. Über Heilige, die Regen schaffen, siehe Grimm, Myth.4 S. 145 und Nachtr. S. VIII.[176]


1. Aus Siebenbürgen.


Als der Herr Christus mit Petrus auf Erden wandelte, kamen sie einmal in ein Dorf. Mitten darin stand ein Wirtshaus, und war ein Lärm und ein Gejubel darin, daß man's von weitem hörte, denn es tanzten Soldaten. Sankt Peter war neugierig, auch einmal tanzen zu sehen, und ging trotz Christi Verbot ins Wirtshaus hinein. Da ließ Gott plötzlich den Zigeunergeiger verschwinden; und niemand wußte, wie, wann und wohin. Dem Sankt Peter aber ließ er die Geige auf dem Arm wachsen und gab ihm ganz das Aussehen des Zigeuners. Die Soldaten tobten ganz entsetzlich über die Abwesenheit des Musikanten. Als St. Peter eintrat, da fielen sie über ihn her und zerschlugen ihn jämmerlich, so daß er sich nur mit genauer Not endlich zu Christo rettete. Dieser aber lachte, daß er nicht mehr konnte, über St. Peters Angst und sprach: »So gehts, mein Lieber, wenn du solchen Tanz mehr liebst als meinen.« Petrus aber rächte sich bis auf diesen Tag an den Soldaten; denn immer, wenn sie auf dem Marsche sind, läßt er es regnen.


  • Literatur: Friedr. Müller, Siebenb. Sagen Nr. 170.

2. Aus Nordböhmen.


Wie Christus mit Petrus reiste, erlaubte er sich manchmal einen Spaß mit ihm. Sie gingen in ein Wirtshaus; drinnen waren Soldaten, die lärmten und sangen. Da läßt er plötzlich dem Petrus eine Geige auf dem Rücken werden. Wie sie eintreten, kamen die Soldaten ihnen schon entgegen: »Jetzt kommt ein Musikante, nur gleich eins spielen!«

Petrus wußte jedoch nichts davon und wurde schließlich böse. Wie er nun nicht spielte, prügelten sie ihn und warfen ihn hinaus.

Seit jener Zeit ist er so bös auf die Soldaten und läßt es immer regnen bei einem Ausmarsche.


  • Literatur: Mitteilungen des nordböhm. Exkursionsklubs 27. Jahrg. H. 1, S. 88.

3. Südslavisch.


Einst wanderten Gott und der heilige Petrus durch die Welt, und es überraschte sie einmal nach anstrengender Tagereise unterwegs die Nacht. Doch als sie eine Weile weitergingen, gelangten sie zu einem Wirtshause; darin waren Leute jeden Standes, zum größten Teil aber Soldaten. Da sprach der heilige Petrus zu Gott: »Komm, kehren wir da ein, du siehst, die Nacht ist schon angebrochen.« Gott aber gab ihm zur Antwort: »Hier können wir nicht schlafen, denn die große Menge Menschen würde uns nicht ruhen lassen.« Der heilige Petrus aber war halsstarrig, doch Gott ließ sich nicht von ihm bestimmen, endlich sprach der heilige Petrus zu Gott: »So erlaub doch wenigstens mir, daß ich hineingehe, und warte auf mich ein Weilchen, bis ich herauskomme, zum mindesten schau ich mir an, wie sie da drinnen tanzen, denn bisher hab ich so etwas noch nie gesehen.« Gott versetzte: »Geh lieber nicht, du wirst geprügelt werden.« Petrus gab aber Gott keine Ruhe und bat so lange, bis Gott ihm sagte, er möge immerhin hineingehen, aber gut auf der Hut sein, daß er keine Prügel kriege. Er trat also in die Wirtsstube, doch kaum hatte er die Tür geöffnet, so sprangen den Musikanten die Saiten auf den Geigen. Zugleich als dies geschah, bemerkten sie am Rücken des heiligen Petrus eine Geige und riefen ihm zu: »Heda! spiel du uns einen Marsch auf.« Er entschuldigte sich, er könne ihnen nicht vorspielen, denn er habe keine Geige, doch Gott hatte ihm eine Geige auf den Rücken gezaubert, während er sich dem Wirtshause näherte. Da Petrus dies[177] nicht wußte, sagte er, er habe keine Geige, doch die Leute verstanden keinen Spaß, stürzten sich alle auf ihn und prügelten ihn weidlich durch, daß er sich mit genauer Not hinausfand. Als er vor Gott trat, sagte dieser: »Siehst du, habe ich dir nicht gesagt, daß du noch Prügel bekommen wirst?« Hierauf sprach Petrus zu Gott: »Hör mal, möchtest du wohl eine Bitte erfüllen, die ich an dich stellen werde?« Gott antwortete: »Warum denn nicht, laß nur hören, was dich drückt!« »Ich bitte dich, mache, daß jedesmal, wenn sich Soldaten auf dem Marsche befinden, schlechtes Wetter eintritt. Es soll immer entweder regnen oder schneien. Denn die da drinnen sind fast lauter Soldaten, und die haben mich am ärgsten gedroschen.« – Gott gewährte ihm die Erfüllung seiner Bitte, und daher kommt es, daß es noch heutigen Tages regnet, wenn sich Soldaten auf dem Marsche befinden. Und dafür fluchen auch die Soldaten dem hl. Petrus.


  • Literatur: Krauß, Sagen u. Märchen der Südslaven 2, Nr. 60.
Quelle:
Dähnhardt, Oskar: Natursagen. Eine Samlung naturdeutender Sagen, Märchen, Fabeln und Legenden, 4 Bände, Leipzig/Berlin, 1907-1912, S. 176-178.
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