Der Ölhändler, der sich selber zum Hahnrei macht

[68] Es lebte in Kardamyla ein gewisser Anton Papadopulos, ein Ölhändler. War verheiratet mit einem schönen jungen Weibe, deren Weinberg er fast immer brach liegen ließ. Das entschuldigte Anton mit seinen Geschäften, die ihn stets mehrere Tage aushäusig sein ließen.

In Wahrheit machte ihm der Handel mit seinem Weibe nicht viel Spaß. Nach einigen Monaten der Ehe war seine Glut erloschen. Der Ölhändler hatte nur eine Witwe im Nachbardorfe im Kopf, bei der zu verweilen er fast täglich Mittel und Wege fand und der er unaufhörlich in den Ohren lag, um sie zu bestimmen, den Kampf des Tieres mit den acht Gliedmaßen mit ihm zu kämpfen.

Die Witib aber war ehrbar, denn es gibt auch ehrbare Frauen.

Eines Morgens vertrieb Anton Papadopulos sich nach seiner Gewohnheit die Zeit bei der Witwe.

»Wohlan, lasse mich heut' nacht bei dir liegen und ich will dir zwei Medjidieh schenken« sprach er zu ihr. »Ich steige mit meinem Buben in die Berge. Komme zurück, wenn alle Welt schläft. Niemand wird erfahren, was vor sich gegangen!«[69]

»Doch deine Frau?«

»Ihr hab' ich gesagt, ich käme erst morgen früh wieder. Sie wird nichts argwöhnen können!«

»Also sei es. Ich erwarte dich heute nacht, denn schließlich,« die Witfrau seufzte, »bin ich arm und die Medjidieh kommen mir zu Passe.«

– »Hier sind die versprochenen Goldfüchse; laß mich dich umarmen, ehe ich fortgehe.«

»Nein, heut' nacht magst du mich soviel küssen wie du Lust hast.«

»Also, heute abend!«

Ganz selig macht sich der Ölhändler fort und stößt zu seinen Maultieren und seinem Begleiter.

Als er verschwunden ist, hat die Witwe nichts eiligeres zu tun, als nach Kardamyla zu laufen zu der Dame Papadopulos und ihr brühwarm zu erzählen, was vorgefallen ist.

»Und also sollt Ihr tun« sprach sie zu ihr: »ich werde bei meiner Nachbarin schlafen und Ihr nehmt meinen Platz im Bette ein. Tragt nur Sorge, kein Wörtchen verlauten zu lassen, das Euch Eurem Manne verraten kann!«

»Danke schön, ich werde Eure Stelle einnehmen. Mein Mann hat Euch zwei Medjidieh geschenkt, hier habt Ihr um Eurer Ehrbarkeit willen einen dritten!«

Am Abend legt sich Frau Papadopulos in der Witwe Bett und wartet.

Bald klopft es an die Türe.[70]

»Tretet ein,« sagt das Weib, indem sie ihre Stimme verstellt.

Der Ölhändler zieht sich aus, springt ins Bett und beginnt den Angriff.

»Ach, meine Liebe, wie glücklich machst du mich; solche Seligkeit kann mir meine Frau nie geben!« Das Weib antwortet nur mit Seufzern. Und der Ölhändler tut Wunder. Endlich, nach vier mit Erfolg gekrönten Angriffen, verläßt Anton die Witib und zieht sich an.

Sagt: »Ich will mein Wasser abschlagen!«

Aber er hat genug. Spricht zu seinem Diener, der draußen den Aufpasser macht:

»Ich habe viermal geackert und bin lendenlahm. Die Witwe ist tüchtig. Nimm meinen Platz ein, ich erwarte dich hier!«

Selig über den Glücksfall tritt der Bube ins Zimmer, findet tastend das Bett, bemächtigt sich voller Glut des erstaunten Weibes und küßt sie dreimal.

»Der Herr wird sich langweilen,« denkt der Diener, »ich will zu ihm hinaus.«

Umarmt das Weib und sucht den Ölhändler auf.

»Nun?« fragt der ihn.

»Dreimal, aber ich hätte noch mehr vermocht, wenn ich nicht in Furcht gewesen wäre, Euch ungeduldig zu machen.«

»Kurz und gut, vier und drei macht sieben. Wir haben genug für unsere Medjidieh!«[71]

Und die beiden Männer verbrachten den Rest der Nacht in einem Hause, wo Spieler waren.

Folgenden Morgens kehrt Anton nach Hause zurück.

»Du kommst schon zurück?« sprach die Frau.

»Meine Geschäfte haben sich schneller erledigt, als ich gedacht. Auch kehren wir zur rechten Zeit heim. Gib mir ein Glas Rakhi.«

Das Weib aber reicht ihm ein Gläschen, das er mit einem Schluck austrinkt, dann noch vier andere.

»Trinke dies fünfte Glas,« sagt die Dame Papadopulos.

»Nein, vier genügen mir!«

»Nicht vier, sieben!«

»Und weshalb sieben?«

»Nun, nun ein Glas für jede Fahrt, das macht dann sieben Gläser!«

»Was flötest du mir da vor von deinen sieben Fahrten?«

»Stell dich nicht dumm. Was hast du heute nacht im Nachbardorfe getan? Du hast bei einer Frau gelegen und dich ihr als sehr kräftigen, wackeren Burschen bezeigt. Ich würd's nie geglaubt haben. Zu Hause bist du ein Geizkragen, doch draußen wirst du ein Verschwender.«

»Du bist verrückt. Ich weiß nicht, wovon du redest.«

»Ich will dir dein Gedächtnis wieder auffrischen. Bist du nach der vierten Lustfahrt nicht zurückgekommen,[72] um drei weitere zu unternehmen? ... Du siehst, ich bin ganz im Bilde! ... Ach, du wurdest getäuscht. Du dachtest es mit der Witwe zu tun zu haben und hast bei deiner Frau gelegen, denn ich habe den Platz des ehrbaren Weibes eingenommen, der ich einen Medjidieh geschenkt habe, den sie zu deinen hinzu legen soll!«

»Frau, schweig still! Verzeihe mir!« murmelt der arme Ölhändler, der sich Hörner durch seinen Diener hatte aufsetzen lassen. »Daß niemand etwas von dieser Geschichte hört! Heut' abend will ich deinen Weinberg gewissenhaft pflegen. Solch' guter Weinberg verdient es, bearbeitet zu werden!«

Quelle:
[Hansmann, Paul] (Hg.): Schwänke vom Bosporus. Berlin: Hyperionverlag, [1918], S. 68-73.
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