Der Löwe und der Schakal.
Hottentottenfabel.

[141] Weil der Schakal dem Löwen manchen bösen Streich gespielt hatte, sann dieser darauf, sich an dem Übeltäter zu rächen. Der Schakal, der des Löwen Absicht nur zu wohl erriet, mied ihn, so gut er konnte. Eines Tages aber trafen sich beide am jähen Abhange eines mächtigen Felsen; an ein Entkommen war für den Schakal nicht zu denken. Schnell besonnen, lief er eilig die Felswand entlang, indem er kläglich um Hilfe rief.

»Was ist denn los?« fragte der Löwe.

»Was los ist? Siehst du denn nicht, daß der Felsen im Stürzen ist? Er wird dich und mich zermalmen, wenn du dich nicht sofort gegen ihn stemmst und ihn hältst, bis ich einen Baumstamm geholt habe, um ihn zu stützen.«

Erschreckt ob der drohenden Gefahr, tat der Löwe, was der Schakal ihm riet. Dieser aber lachte und freute sich der gelungenen List und floh aus der Nähe des Löwen.

Quelle:
Held, T. von: Märchen und Sagen der afrikanischen Neger. Jena: K.W. Schmidts Verlagsbuchhandlung, 1904, S. 141-142.
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