Kaare

[151] Es waren einmal zwei Gespenster, ein männliches und ein weibliches, welche sich geheiratet hatten. Und das männliche war faul, es wollte nicht auf die Worte des weiblichen hören. Eines Tages, als das männliche im Hause war und das weibliche draußen, sah dieses einige Geier und rief: »Kaare, was bedeuten die Geier?« »›Mensch, du sprichst die Unwahrheit‹«. »Kaare, da sind die Geier.« Da ging jenes hinaus und sagte: »Dort sind die Geier.« Da nahm er Bogen und Köcher und ging und sah ein Zebra, welches vom Löwen getötet war, und er fing an, das Fleisch nach Hause zu tragen.

Während er bei dem Zebra war, kamen Männer. Als sie das Gespenst sahen, befragten sie sich unter einander: »Was ist denn das für ein Ding?« Der eine sagte: »Geselle! schlage das Ding mit der Keule.«

Aber das Gespenst wich aus und richtete sich in die Höhe und schrie: »Oohai, oohai, Krummer des Ombimbo am ganzen Tage, wenn er zum Feuer wird,1 ich bin Kaare, der Vater des kleinen Rückens, dessen Schürze Truppen sind, dessen Hüftriemen Truppen sind, dessen Hüftriemen Truppen sind, ich bin Kaare!« Und er fegte sie nur so hinweg. Nur einer blieb am Leben und meldete, was geschehen, indem er sagte: »O, der Vater von dem und dem und der Vater von dem und dem sind von einem Gespenst getötet.«

Da kamen andere heran und redeten unter einander und redeten verächtlich über die, welche zuerst gestorben[152] waren: »Sind denn das Menschen dort, der und jener? Wir dachten, es müßten doch Menschen da sein, aber da sind keine Menschen. Du Vater von dem und dem, den ich kenne, schlage doch das Ding mit der Keule, daß wir das Zebra nehmen und gehen.« Der, welcher angeredet war, warf seine Keule. Das Gespenst aber wich aus und richtete sich auf und schrie: »Oohai, oohai, Krummer, Krummer des Ombimbo am ganzen Tage, wenn er zum Feuer wird.« Und es verzehrte sie alle.

Nur einer entsprang und meldete. Da fingen jene, welche zurückgeblieben waren, an sich zu fürchten und sagten: »Ihr sagt, der Vater von dem und dem ist tot, und der und der ist auch tot, wer soll jetzt gehen?«

Und das Gespenst nahm das Zebra und ging. Und als es bei dem Hause war, da sah das weibliche ein Nashorn und es rief: »Kaare, da ist ein Nashorn.« Und das männliche sagte: »Mensch, du erzählst die Unwahrheit«, bis daß das Nashorn herankam und es tötete.

1

Der Sinn dieser Zauberformel ist unklar.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 151-153.
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