Wie ein Mann zwei Füchse überlistete.

[8] Ein Mann ging in die Berge, um Bast zu sammeln und Taue daraus zu machen und fand eine Höhle. Zu dieser Höhle kam ein Fuchs, der folgendermassen in menschlicher Sprache redete, obwohl er ein Fuchs war: »Ich weiss etwas, woraus wir grossen Gewinn ziehen können, lass uns morgen hingehen.« Darauf erwiderte der Fuchs, der in der Höhle war: »Was meinst du für ein gewinnbringendes Geschäft? Höre, wenn es mir vorteilhaft zu sein scheint, werde ich mitgehen, sonst nicht.« Der Fuchs, der draussen war, sprach: »Das vorteilhafte Geschäft ist dies: Morgen zur Zeit des Mittagessens werde ich hierherkommen, du musst mich erwarten, und wir wollen dann zusammen fortgehen. Wenn du die Gestalt eines Pferdes annimmst und ich die eines Mannes, der auf dir reitet, und wir gehen dann zusammen fort, so können wir hinab zur Küste gehen, wo Menschen wohnen, die grosse Mengen von Nahrung und allerhand andere Dinge besitzen. Unter diesen Menschen ist sicherlich einer, der ein Pferd braucht, und an den werde ich dich verkaufen. Dafür kann ich dann eine Menge kostbarer Dinge und Lebensmittel einhandeln. Darauf mache ich mich davon, du in deiner Pferdegestalt wirst auf die Gras weide geführt und irgendwo am Hügelabhange angebunden werden. Dann werde ich kommen und dir zur[8] Flucht verhelfen. Wir werden die Lebensmittel und die sonstigen Kostbarkeiten gleichmässig unter uns verteilen und beide Gewinn davon haben.« So sprach der Fuchs, der ausserhalb der Höhle war. Der Fuchs im Bau war es sehr zufrieden und sprach: »Komm und hole mich morgen zeitig ab, wir wollen zusammen gehen.«

Der Mann hatte im Schatten eines Baumes verborgen gestanden und gehorcht. Darauf ging der Fuchs, der vor der Höhle gewesen war, davon und auch der Mann ging zum Abend nach Hause. Am nächsten Morgen aber kam er zurück zur Höhle und sprach, indem er die Stimme des Fuchses nachahmte, der am Tage vorher vor der Höhle gewesen war: »Hier bin ich, komm schnell heraus. Wenn du dich in ein Pferd verwandelst, so wollen wir zur Küste hinabgehen.« Der Fuchs kam heraus. Es war ein wohlgenährter Fuchs. Der Mann sprach zu ihm: »Ich habe mich schon in einen Menschen verwandelt. Wenn du dich in ein Pferd verwandelst, so schadet es nichts, wenn uns auch andere Leute sehen.«5 Der Fuchs schüttelte sich und wurde ein grosses braunes Pferd. Sie gingen nun zusammen ihres Wegs und kamen zu einem sehr reichen Dorf, wo alles in Hülle und Fülle zu finden war. Der Mann sprach: »Ich möchte dieses Pferd verkaufen, falls jemand eines zu kaufen wünscht.« Da das Pferd sehr schön war, wollte es jeder gern haben. Der Mann tauschte es gegen eine Menge Lebensmittel und Kostbarkeiten um und machte sich dann davon.

Nun war das Pferd aber so hervorragend schön, dass sein neuer Besitzer es nicht herauslassen wollte, sondern es immer im Stalle behielt. Er schloss Thüren und Fenster und schnitt Gras, um es zu füttern. Aber obwohl er ihm dies grüne Futter brachte, konnte das Pferd kein Gras fressen (da es eigentlich ein Fuchs war), es wollte nur Fische fressen. Nach vier Tagen war es dem Tode nahe. Zuletzt entkam es durch ein Fenster und lief nach Hause. Als der (wieder verwandelte) Fuchs zu der Wohnung[9] des anderen Fuchses kam, wollte er ihn töten, aber da erfuhr er, dass nicht sein Genosse ihm den Streich gespielt hatte, sondern der Mensch. Beide Füchse waren daher sehr zornig und verabredeten, den Menschen zu suchen und ihn zu töten. Aber obwohl die Füchse diesen Entschluss gefasst hatten, kam der Mann zu ihnen, entschuldigte sich demütig und sprach: »Ich kam damals, weil ich euch bei eurer Verabredung belauscht hatte, und habe euch betrogen, Ich bitte euch aber dafür um Verzeihung. Wenn ihr mich tötet, so bringt es euch keinen Nutzen. Ich will euch aber hinfort Reisbier (Sake) brauen und die göttlichen Symbole für euch aufstellen und euch anbeten für immer. Davon werdet ihr grösseren Gewinn haben, als wenn ihr mich tötet. Auch Fische will ich euch bringen jedesmal, wenn ich einen guten Fang thue, als Zeichen der Anbetung, Wenn ihr damit einverstanden seid, so werden die Geschöpfe, die da Menschen heissen, euch für ewig anbeten.«

Als die Füchse dies hörten, sprachen sie: »Das ist in der That vortrefflich und gefällt uns sehr.« So sprachen die Füchse und so kommt es, dass alle Menschen, Japaner und Aino, den Fuchs anbeten.6

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Anthologie aus der asiatischen Volkslitteratur. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1898, S. 8-10.
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