XI
33. Der Bauer als Traumdeuter und Doctor.

[156] EARABSCHAH p. 63 l. 16 ff.


Ein Bauer sah im Traume, dass aus seinem Bauche ein Schlüssel herauskam. Da ging er zu einem Traumdeuter, und dieser verlangte von ihm einen Denâr für die Deutung. Er gab ihn ihm, und darauf sagte der Deuter: »Nach drei Tagen wirst du einen Sohn bekommen.« So war es auch, denn seine Frau war schwanger.

Nach einiger Zeit bekam er einen sehr schlimmen Fuss, da ging er wieder zum Deuter, dass er ihn heile. Der verlangte von ihm wieder einen Denâr, und er gab ihn ihm. Da sagte er: »Geh, leg' Ei und heissen Honig auf.« Er ging weg, that so und wurde gesund. »Was für ein leichter Beruf ist das doch!« dachte sich der Bauer. »Zwei Worte, und man bekommt einen Denâr! Auch ich will diese Kunst lernen«, sagte er. Da verliess er seinen Pflug und wurde ein Doktor und Traumdeuter. Er verkaufte seine Feldbaugeräte, kaufte sich Bücher und Medikamente, zog andere Kleider an, setzte sich einen grossen Turban auf den Kopf und eröffnete einen Laden auf dem Markte.

In den Tagen traf es sich nun, dass der Chalîfe einen Traum sah. Da liess er jenen Bauer rufen, damit er ihn deute. Dieser verlangte einen Denâr, und man gab ihn ihm. Dann sagte er: »Dieser dein Traum ist günstig: nach drei Tagen wirst du einen Sohn bekommen.« Da lachte der Chalîfe und sprach: »Ich bin ein Verschnittener, und eine Frau habe ich nicht, woher soll ich einen Sohn bekommen? Lass diese Reden; gieb eine treffende Deutung; es ist mir weh um's Herz.« »Dann gieb mir noch einen Denâr«, rief der Bauer. Man gab ihn ihm, und dann sagte er: »Leg' Ei und[157] heissen Honig auf!« Da wurde der Chalîfe wütend und befahl ihn zu züchtigen und ihn zu seiner früheren Bauernarbeit, d.h. zum Führen des Pfluges, zurückzubringen.


34. Die Maus und die Schlange. EARABSCHAH p. 66 l. 1 ff.

35. Chosrau und sein Vesier Basirğamhar (= Buzurgmihr1) EARABSCHAH p. 69 l. 20 ff. Die Geschichte steht auch bei SCOTT, Tales p. 235 ff.

36 (f. 22 b). Der Weise und die Frau. EARABSCHAH p. 70 l. ult. ff. Die Art, wie die Frau den Philosophen zum Besten hatte, also die Hauptsache, fehlt hier und steht unten als besonderes Stück (54), freilich mit Abweichungen. Die bekannte, mehrfach bearbeitete Geschichte von Aristoteles und der schönen Phyllis; vgl. DUNLLIEBR. Prosadichtt. p. 483 n. 253 und DITFURTH, Schwänke p. VII u. 43 ff. vgl. auch Pantsch. I p. 472 f.

37 (f. 23 a). Der Gärtner von Tigrît. EARABSCHAH p. 60 l. 29 ff.

1

Vgl. über ihn NÖLDEKE, TabGesch. p. 251 f.

Quelle:
Lidzbarski, Mark (Hg.): Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen Handschriften. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1896, S. 156-158.
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