Die Fuchshochzeit

[15] Es lebte einst ein Ehepaar weißer Füchse, und die hatten einen Sohn, so nett und glatt, wie nur je einer zu sehen war, schneeweiß, wie seine Eltern. Als der junge Fuchs erwachsen war, da sagte ihm sein Vater: »Jetzt will ich mich aufs Altentheil setzen und dir das Regiment des Hauses überlassen. Suche du dir eine Frau und fang an, selbst zu wirthschaften; mit Rath und Hilfe will ich dich gern zu jeder Zeit unterstützen.« Der junge Fuchs dankte seinem Vater aufs verbindlichste und begann sogleich mit Eifer zu arbeiten und den neuen Hausstand vorzubereiten.

Die Frage, wen er als Braut heimführen sollte, war auch sehr bald entschieden, denn gar nicht weit wohnte ein anderes Paar weißer Füchse, die ein Töchterchen hatten, das seiner Schönheit halber berühmt war, sein Fell strahlte weithin und war so glatt wie Seide. Nun war es vor allen Dingen nöthig, die Einwilligung der Eltern des schönen Mädchens zu haben. Allein ein geschickter Brautwerber fand sich und brachte die Angelegenheit in der üblichen Weise, mit allen erdenklichen Höflichkeitsbezeugungen, ohne weitere Hindernisse in Gang. Geschenke vom Freier kamen an, und der Bote, der sie mit zierlich gesetzten Glückwünschen anschleppte, ward mit reichem Lohn entlassen.[15] Nun ward eine Zusammenkunft der Brautleute verabredet, damit sie sich doch vorher kennen lernten, ehe die Braut in ihres Mannes Haus käme; das übliche Faß Sake1 wanderte in die Wohnung des künftigen Paares, und es blieb nichts übrig, als einen guten, glückbringenden Tag im Kalender für die Hochzeit auszuwählen.

Endlich kam dieser heran; aber leider war es recht schlechtes Wetter. Schwere Wolken zogen unablässig am Himmel dahin, und fast beständig fielen Regenschauer herab. Dennoch setzte sich der Zug mit der Braut zu rechter Zeit in Bewegung, und, siehe da, bei vollem, strömendem Regen lachte die Sonne, gerade als die Braut unterwegs war. Alle Welt wunderte sich und war darüber sehr erfreut, und daher sagt man noch heutzutage in Japan, wenn bei vollem Regen die Sonne scheint: »Die Braut des Fuchses geht in ihres Mannes Haus.«

Hier angelangt, leerte die schöne junge Braut die Sakeschale, von der zuvor ihr Bräutigam getrunken; dann waren alle vergnügt und tanzten, sangen und tranken nach Herzenslust.

Und so lustig die Hochzeit, so glücklich war das fernere Dasein des jungen Paares. Füchslein, alle nett und weiß von Pelz, der eine noch runder und kräftiger als der andere, umsprangen sie bald in Menge und gediehen zur Freude der Eltern und des würdigen alten Großvaters, der nicht verfehlte, jeden derselben seinen Schutzpatronen, der Göttin und dem Gotte von Inari, vorzustellen und sie ihrem Schutze zu empfehlen. Und die Götter halfen auch getreulich, die ganze Familie vor bösen Hunden und anderen Feinden zu bewahren, und so dauerte das Glück viele viele Geschlechter hindurch bis auf den heutigen Tag.

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Reiswein.

Quelle:
Brauns, David: Japanische Märchen und Sagen. Leipzig: Verlag von Wilhelm Friedrich, 1885, S. 15-16.
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