Die beiden Laren.

In Böhmen pflegen die alten Weiber immer noch die Laren (Hausgötter) zu verehren. Insbesondere hüten sie sich, daß in der Nacht vor dem Freitage der Tisch nicht leer bleibe, da die Laren die Ueberbleibsel essen. Ich erinnere mich aus meiner Kinderzeit, daß unsere Magd am Donnerstage nach der Mahlzeit (coena) immer etwas zurückließ und den ganzen Tisch mit Mehl bestreute und wenn dann morgens die Fußspuren der Hauskatze darauf zu sehen waren: so sagte sie, das sei der Lar gewesen. Daß jedoch wirklich zuweilen solche Geisterchen (larunculos) zu den Ihren kommen, ist ausgemacht.

In einer Stadt, den Namen will ich zu Fleiß nicht nennen, war ein Haus, worin diese Hausgeister (larunculi) walteten; zwei wunderschöne Knaben und etwa so groß, wie fünfjährige[194] Kinder. Man sah sie fast täglich mit verschlungenen Händen und Füßen scherzen und lachen. Sie wurden von den Hausbewohnern für Schutzengel angesehen und als solche verehrt. Sie aber zeigten sich wiederum dadurch dankbar, daß sie die Pferde striegelten, Ochsen, Schafe, Gänse und Hühner pflegten, so daß Alles im Hause durch seine Gesundheit, Fruchtbarkeit und Schönheit den Neid der Nachbarn erregte. Als ich von der Sache hörte, gieng ich in jenes Haus, aber es brauchte lange Zeit, bevor ich die Hausleute überreden konnte, daß es dennoch böse Geister seien. Sie thäten nichts Böses, sagte man, sondern übten viele Wohlthaten, sie weinten nur, wenn ein Unglück bevorstünde und lachten, wenn ein Glück das Haus treffen solle. Ich trug den Leuten jedoch auf, zu mir zu schicken, wenn die Geister wieder erscheinen sollten. Das geschah denn auch; allein bevor ich ins Haus getreten war, waren die Geister wieder verschwunden und durch heilige Amulette habe ich das Haus so geschützt, daß sie nicht mehr erschienen sind. (Balbini Misc. III, 16. 5.)

Quelle:
Grohmann, Josef Virgil: Sagen-Buch von Böhmen und Mähren. 1: Sagen aus Böhmen, Prag: Calve, 1863, S. 194-195.
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