[27] Die Lungenfische, von denen man nur zwei Arten kennt, bilden auch nur eine einzige Familie (Protopteridae), welcher man den besonderen Namen Lurchfische geben kann. Ihre äußere Gestalt ist durchaus fischähnlich, der dreieckige Kopf breit, der Rachen unverhältnismäßig weit gespalten, das Auge lurchhaft klein; die Wangen sind wie der ganze Leib beschuppt, die Kiemenspalten klein und senkrecht gestellt, die Kiemen bei den einen innerlich, bei den anderen äußerlich, indem hier drei kleine, gefranste, federartige Bäumchen außerhalb der Kiemenspalte sich verzweigen, während sie bei jenen innerhalb der Spalte liegen. Hinter den Kiemen stehen die Brustgliedmaßen, zwei stielförmige, zugespitzte Knochen, an deren Innenseite man einen sehr kleinen, kurzen, durch hornige Strahlen gestützten, in der Hautflosse verborgenen Flossenbart bemerkt; die hinteren, in derselben Weise gebildeten Glieder sitzen unmittelbar neben dem After. Anstatt der Rückenflosse ist ein senkrecht stehender, durch Hornstrahlen gestützter Hautsaum vorhanden, welcher etwa in der Mitte des Rückens beginnt, bis zur Schwanzflosse verläuft, auf der unteren Seite derselben sich wiederholt und hier bis gegen den After hin reicht. Der ganze Körper ist mit breiten, gerundeten, dachziegelförmig über einander liegenden Schuppen bedeckt, welche aus einzelnen Stücken mosaikartig zusammengesetzt erscheinen. Die Wirbelsäule wird vertreten durch einen ungetheilten Knorpelstab, den eine Faserscheibe umgibt, von welcher nach oben und nach unten knöcherne Wirbelbogen abgehen, die das Rückenmark und die Aorta umschließen; nach vorn setzt sich die Wirbelsaite unmittelbar in den aus einer einzigen Knorpelkapsel bestehenden Schädel fort, an welchem einige unzusammenhängende Deckplatten verknöchert sind. Sehr eigenthümlich ist die Bezahnung, indem vorn unter dem Schädel an dem Theile, welcher den Oberkiefer darstellt, hohe, senkrechte, schneidende Zahnplatten festgewachsen sind, denen ähnliche Platten im Unterkiefer entsprechen. Hinter der Kiemenspalte finden sich drei wohl ausgebildete Bogen von Kiemenblättchenreihen, zwischen denen, [27] ganz in derselben Weise wie bei anderen Fischen, die Kiemenspalten in den Schlund durchgehen; außerdem sind noch zwei bis drei Kiemenbogen vorhanden, welche keine Blättchen enthalten, und deren Schlagadern ohne Verzweigung in die Aorta übergehen, so daß also das aus dem Herzen kommende Blut entweder in die Kiemenblättchen eingehen, oder, wenn diese versagen, unmittelbar durch die Schlagadern der blättchenlosen Kiemenbogen in die Lungenschlagadern gelangen kann.

So weit, bemerkt Karl Vogt, dem ich auch in vorstehendem gefolgt bin, können alle Merkmale für Fischnatur sprechen; bei weiterer Untersuchung aber finden sich wesentliche Unterscheidungspunkte. Die Nasenlöcher führen nämlich in eine weite Nasenkapsel, deren beide Gänge nach unten in die Mundhöhle kurz hinter der Schnauzenspitze geöffnet sind. Hinter den Kiemenspalten findet sich in der vorderen Wand des Schlundes eine Stimmritze, welche in eine weite, von Knorpeln gestützte Stimmlade und in zwei wohl ausgebildete, zellige Lungensäcke führt, welche durch rein venöses Blut vom Herzen ausgespeist werden und arterielles Blut in den Strom der Aorta abgeben. Bei geschlossenem Maule ist demnach durch die Nasenlöcher ein vollkommener Luftweg hergestellt, was bei keinem Fische sonst vorhanden ist, ebensowenig als irgend ein anderer Fisch eine an der vorderen Wand des Schlundes geöffnete Lunge, welche venöses Blut erhält, besitzt. Die Bedingungen des Athmens und des Kreislaufes sind vielmehr bei den Lurchfischen durchaus die nämlichen, wie wir sie bei den Fischlingen oder Lurchlarven sehen, welche zugleich Lungen und Kiemen haben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 27-28.
Lizenz:
Kategorien: