Altweiberfisch (Balistes vetula)

[343] Eine andere Art, die Vettel oder der Altweiberfisch (Balistes vetula und equestris), aus dem Indischen Meere, unterscheidet sich durch das Fehlen der Stacheln im Schwanze und die sichelförmigen Rücken- und Afterflossen. Bei ungefähr gleicher Größe wie der vorige ist dieser Fisch auf gelblichbraunem Grunde oben und am Schwanze blau gestreift; ebenso sehen die Rippen aus. In der Rückenflosse stehen drei und achtundzwanzig, in der Brustflosse vierzehn, in der Afterflosse fünfundzwanzig, in der tief ausgeschnittenen Schwanzflosse zwölf Strahlen.

Alle Hornfische stehen bei den Seefahrern und den Anwohnern der südlichen Meere in schlechtem Rufe, weil der Genuß des Fleisches zuweilen höchst bedenkliche Zufälle hervorbringt. Die Eigenschaft zu vergiften wird von der Nahrung abgeleitet, welche in Tangen, manchmal aber auch in Schwammkorallen besteht. So lange nun, nimmt man an, die Fische von Tangen sich nähren, ist ihr Fleisch, wenn auch nicht gerade schmackhaft, so doch ungefährlich, während das Gegentheil stattfindet, sobald die Korallen, wie die Eingeborenen sagen, in Blüte stehen, und nunmehr die Altweiberfische und Verwandten vorzugsweise von den kleinen Thierchen sich nähren. Bekanntlich verursachen viele den Korallen ähnliche Thiere ein heftiges Brennen auf der Haut, ein noch empfindlicheres auf den Schleimhäuten; es scheint nun, daß das Fleisch der Fische durch diese Nahrung ähnliche Eigenschaften erhält und dadurch schädlich wirkt. Hunde und Katzen sollen Hornfische jederzeit ohne Nachtheil genießen können, bei Menschen aber sich fürchterliche Zufälle einstellen. Zuerst entsteht ein entsetzliches Grimmen in den Eingeweiden, sodann krampfhaftes Zucken der Glieder, Anschwellen der Zunge, stiere Augen, schweres Athmen und Krämpfe in den Gesichtsmuskeln. Dr. Munier, welcher hierüber berichtet, versichert, daß Kranke ohne ärztliche Hülfe unfehlbar zu Grunde gehen würden. Wenn erst etwas von der Speise in den Darmschlauch übergegangen ist, zeigen sich die allerbedenklichsten Krankheitszustände. Brechenerregende, auch einhüllende, ölige Mittel werden als die geeignetsten angesehen, und genesen die Kranken in der Regel innerhalb acht Tagen, obschon sie noch länger heftige Schmerzen in den Gelenken verspüren und solche Zufälle bei ihnen wiederkehren.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 343-344.
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