Steinbrech-Widderchen (Zygaena filipendulae)

[378] In der Weise, wie in unserer Abbildung auf der Skabiose, so sehen wir von Mitte Juni bis in den August an den verschiedenen Waldblumen Schmetterlinge sitzen, welche durch ihren dicken Hinterleib, die schönen rothen Hinterflügel und rothen Tupfen auf den stahlgrünen oder blauschwarzen Vorderflügeln auffallen. An unfreundlichen Tagen sitzen sie ruhig und träumerisch, bei Sonnenschein saugen sie eifrig, manchmal ihrer drei, vier an einem Blütenköpfchen und begeben sich in schwerfälligem Fluge von dannen, wenn sie hier nichts mehr finden, um dort ihr Heil weiter zu versuchen. Harmlos sitzen sie jederzeit, einzeln oder gepaart in entgegengesetzter Richtung, und lassen sich mit den Fingern erhaschen. Man kann selbst verschiedene Arten in Vereinigung antreffen, daher entstehen Mischformen, welche die Schwierigkeit noch erhöhen, sehr nahe stehende Arten mit Sicherheit zu unterscheiden, zumal einzelne an sich schon die Veränderung in der Färbung zu lieben scheinen. Man hat diese hübschen Falter wegen ihrer etwas geschwungenen Fühler Widderchen, wegen der rothen Flecken auf den Vorderflügeln Blutströpfchen (Zygaena) genannt und findet an allen als gemeinsame Merkmale eine stark entwickelte Rollzunge, zwei Nebenaugen, zwei Sporenpaare an den Hinterschienen, zwei Innenrandsrippen in den stumpf gespitzten Vorderflügeln, drei in den breiteren und spitzeren, rothen Hinterflügeln, welche überdies eine Haftborste haben, ungezähnte, verhältnismäßig lange, vor der Spitze stark angeschwollene Fühler, welche nach dem Tode infolge ihrer dünnen Wurzel ungemein leicht abbrechen, Flaumhaare an den kopflangen Tastern und an der Unterseite der Schenkel. Das in Figur 1 abgebildete Steinbrech-Widderchen (Zygaena filipendulae) hat sechs gleichgroße, karminrothe Fleckchen auf den blaugrünen Vorderflügeln, das mittlere Paar genähert und wenig schräg; es kommen auch Stücke mit kaffeebraunen Zeichnungen und Hinterflügeln als Seltenheiten vor (Z. chrysanthemi). Die Raupe sehen wir auf einem Blatte von Wegerich, welchen sie neben verschiedenen anderen niederen Pflanzen, wie Löwenzahn, Mäuseöhrchen und anderen, frißt. Sie ist, wie die meisten dieser Raupen, lichtgelb, reihenweise schwarz gefleckt, etwas weichhaarig und zieht ihr kleines Köpfchen gern in den ersten Körperring zurück. Ziemlich erwachsen überlebt sie den Winter. Nachdem sie sich im nächsten Frühlinge noch einige Wochen ernährt hat, kriecht sie an einem Stengel in die Höhe und fängt an, ein Gespinst zu fertigen, welches nach seiner Vollendung starkem, gut geleimtem Papiere ähnlich ist und sich in der Weise dem Stengel anschmiegt, wie aus Figur 2 zu ersehen. Oben bleibt es lockerer, und wenn der Schmetterling im Juni zum Leben erwacht, so nimmt er beim Auskriechen die Puppe halb mit heraus.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 378.
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