Vierpunktige Holzlaus (Psocus quadripunctatus)

[520] Mit den unansehnlichen, an Baumstämmen und Planken anzutreffenden Holzläusen (Psocus) beginnt die Reihe der ausschließlichen Landbewohner unter den gleichartig geflügelten Kaukerfen. Die äußere Erscheinung dieser Thierchen rechtfertigt die deutsche Benennung keineswegs. Wie der Kopf sich durch eine blasig aufgetriebene Stirn nach vorn, durch glotzende Augen seitlich erweitert, so nach hinten derartig, daß er den ganzen Vorderrücken bedeckt. Vor den drei genäherten Nebenaugen sind die achtgliederigen Borstenfühler eingelenkt, welche den Körper an Länge übertreffen. Durch die halbkreisförmige Oberlippe werden die übrigen Mundtheile versteckt, als da sind: der hornige, hakige Oberkiefer, der aus häutigen Laden, einer breiten äußeren und verlängerten zweispitzigen inneren, und viergliederigen Tastern zusammengesetzte Unterkiefer, endlich eine zweitheilige, tasterlose Unterlippe. Die Flügel bedecken wie ein Wetterdach den kurzen, eiförmigen, neunringeligen Hinterleib, ihn weit überragend, und sind arm an Adern; die vorderen haben ein großes Mal vor den kürzeren und schmäleren Hinterflügeln voraus. Am letzten der beiden ziemlich gleichen Fußglieder kommen zwei kurze Klauen nebst einer Borste vor. Die Thiere ernähren sich wahrscheinlich von Flechten und bieten im Larvenzustande keine Eigenthümlichkeit. Wohl aber verdient erwähnt zu werden, daß das Weibchen die an Blätter gelegten Eier mit Fäden aus seiner Oberlippe überspinnt, jede Art auf ihre Weise. So birgt z.B. die vierpunktige Holzlaus (Psocus quadripunctatus) die ihrigen, fünf bis sechzehn, in den Vertiefungen zwischen den Blattrippen und überzieht sie so, daß das Ganze in der Entfernung das Ansehen einer Fischschuppe annimmt. Wir lernten früher das Spinnen einiger Wasserkäfer zu gleichem Zwecke, aber mittels der Hinterleibsspitze kennen; unter den vollkommenen Insekten ist mir keins weiter bekannt, welches mit dem Maule spinnt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 520-521.
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